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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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dich wiederzusehen, Jacob Burn. Ich habe wirklich geglaubt, der Fluss würde dich holen. Irgendwie passend, schätze ich. Unerwartet.« Die Kreatur hustete, und Trockenheit wie aus einer Gruft erfüllte die Luft. »Dein Freund kann damit aufhören.«
    Ich schaute zu Wilson auf. Er machte sich an den Rohren zu schaffen, wirkte dabei jedoch ziemlich planlos. Der Anansi zog nur daran und brachte Messing zum Klirren. Er warf mir einen zornigen Blick zu, dann machte er weiter.
    Als ich wieder zu der Leiche schaute, hatte sich etwas verändert. Das Gesicht bauschte sich. Die Haut überzog ein Frost, der sich ausbreitete, bis sie fahl und hell wurde. Der Schädel wurde länger und schmaler. Ich musste an das Sommermädchen denken, das Kind, das zur Frau wurde, die zur Sängerin wurde. Der Leichnam sah mir direkt in die Augen und lächelte.
    »Er muss nicht. Es war nur ein gut gemeinter Rat.« Die Stimme weitete sich aus, erfüllte den Raum. Die Worte hallten durch die Luft und schossen in meine Knochen wie Blitze, nah und gefährlich. »Um ihn davon abzuhalten, sich zu verletzen.«
    Wilson taumelte rücklings und fiel. Sein Kopf kam an der Leiche zum Liegen. Jene durchdringende Stimme grollte vor Gelächter, und die Beine begannen zu zucken. Wilson sprang auf und kam vorsichtig zurück zu mir. Dabei warf er einen bedeutungsvollen Blick auf meine Hand. Natürlich. Der Revolver. Wo war ich bloß mit meinen Gedanken?
    Ich hob die Waffe und zielte. Gelassen beobachtete mich der Leichnam dabei. Als ich den Hahn spannte, nickte er einmal, ohne zu lächeln aufzuhören. Der Schuss ließ den Raum erzittern, der Blitz und der Knall fegten das spirituell anmutende Wirbelwindgeräusch der Rohre hinfort. Als ich die Hand senkte, fehlte ein Teil des Gesichts der Leiche. Ich sah zu, wie er nachwuchs wie Wasser, das über der Schaufel eines Raddampfers zusammenschwappt. Die Ränder der Wunde waberten, als sie sich schlossen.
    »Recht so, Jacob. Recht so.« Er stemmte sich in sitzende Haltung. Sein gesamtes Gewicht ruhte auf einem dünnen Arm. Er sah uns an wie ein Betrunkener, der auf der Straße gefallen ist und sich aufgerappelt hat, die Beine taub auf dem Boden. »So viel ist vergessen worden. Herausgerissen aus den Geschichtsbüchern. Fast wie bei den Burns, nicht wahr? Wie bei all den zahlreichen gefallenen Familien.«
    »Ich kenne Sie«, sagte ich, weil mir das lange Gesicht und der schmale Mund allmählich vertraut vorkamen. »Ezekiel Cranich. Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Du weißt es und doch auch nicht«, gab der Leichnam zurück. Die Stimme schien aus den Rohren rings um uns zu dringen wie Musik aus einer Orgel, ehe sie sich auf den Körper herabsenkte. Ich hatte das Gefühl, die Stimme in den Knochen zu hören, einen halben Atemzug, bevor der Mund des Toten die Worte formte. »Dein Vater kennt mich vielleicht, aber wohl auch er nicht wirklich.«
    Weil ich Optimist bin, feuerte ich erneut. Manchmal wirken Kugeln beim zweiten Mal. Dieser Schuss ging durch seinen Arm und verbeulte ein Rohr dahinter. Die Stimme knackste einen Moment lang, dann ertönte sie lauter als zuvor.
    »Es war meine Absicht, dass dich der Fluss bekommt, Jacob. Aber vielleicht ist es besser so. Ehrlicher.« Er mühte sich auf die Beine und krümmte sich vorwärts, während er mit mir redete. »So kannst du vielleicht mehr werden als ein Witz, den ich mir selbst erzähle.« Der Leichnam richtete sich auf und sah mir in die Augen. »Vielleicht wirst diesmal du derjenige sein, der die Maske trägt.«
    Wilson sprang vor und rammte eines seiner Messer einmal, zweimal, dreimal schnell hintereinander in die Brust. Der Leichnam lachte, taumelte kurz, dann fegte er den dünnen Anansi beiseite. Wilsons Messer landete klirrend außer Reichweite zwischen den Rohren.
    »Ich werde euch nicht töten. Das habe ich bereits versucht, und es hat nicht geklappt. Also seid ihr vielleicht so etwas wie ein kosmisches Geschenk. Jacob und sein lästiger Insektenfreund. Vielleicht werdet ihr mit der Zeit verstehen, was ich tue. Warum ich es tue. Du bist nicht der, Jacob, mit dessen Kommen ich gerechnet hatte, aber ich bin sicher, sie sind bereits unterwegs.« Der Leichnam ließ die Hände an die Hüften sinken und schaute zur Tür. »Wir können warten, wenn du willst. Ich an deiner Stelle würde es zwar nicht tun, aber es ist deine Entscheidung.«
    »Wir warten«, gab ich zurück. »Wer immer es ist, wenigstens verstecken sie sich nicht in toten Körpern und versuchen, mich

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