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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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erkannte, was er vorhatte, blieb mir keine Zeit mehr, vernünftig zu reagieren. Schlitternd bremste ich und kippte durch das offene Fenster. Natürlich war das Fenster daneben ein Notausgang, mit einer hübschen, verlässlichen Leiter knapp außerhalb meiner Reichweite. Wilson packte sie mit seinen dürren Spinnenarmen und schwang sich zur Seite. Ich hingegen fiel.
    Gerade tief genug, dass es wehtat, als ich mit einer Hand das Eisenfiligran zu fassen bekam, das den ersten Stock zierte. Es tat sogar sehr weh. Die Haut meiner Hand riss auf, meine Schulter wurde gezerrt, und dann schwang ich wie eine Ramme gegen die Mauer. Benommen und mit vor Blut glitschigen Fingern rutschte ich ab, bevor ich besseren Halt finden konnte. Mit den Stiefeln voraus landete ich auf dem Boden. Meine Knie gaben nach. Ich rollte mich ein und keuchte, bis sich meine Lungen öffneten. Wilson landete neben mir und begann, an meinem Ellbogen zu zerren.
    »Komm hoch, Mann. Steh auf«, zischte er, ohne mich anzusehen. Ich versuchte ihm klarzumachen, wie schwer meine Verletzungen waren, und wollte ihm an den Kopf werfen, dass ein Großteil davon seine verdammte Schuld war, weil er mich durch das Fenster gelotst hatte … doch alles, was ich herausbekam, war ein fiependes Rasseln. Schließlich sah er mich an. »Hör auf, ständig Mist zu bauen, Jacob. Wir sind für die völlig falschen Leute viel zu interessant.«
    Ich schaute auf und erblickte die junge Frau, die sich über das blutverschmierte Geländer beugte. Der Blick ihrer seltsamen Augen war auf die Straße gerichtet. Ich folgte ihm. Eine zweite Gruppe von Ordnungshütern hatte uns beinah erreicht. Diejenigen, die das Haus gestürmt hatten, konnte ich immer noch brüllen hören. Von unserer Kellnerin fehlte jede Spur. Typisch. Die junge Frau betrachtete uns fast neugierig von oben, dann verschwand sie.
    »Komm«, krächzte ich. »Wir sollten das Weite suchen.«
    »Sag ich doch«, gab Wilson zurück. Wir setzten uns in gegensätzliche Richtungen in Bewegung. Ich kam taumelnd zum Stehen, wendete und rannte hinter ihm her.
    »Nächstes Mal, wenn es um Wände, Fenster oder offene Gruben geht«, brüllte ich heiser hinter ihm her, »denk bitte daran: Für derlei Dinge brauche ich Leitern.« Ich spuckte Blut auf das Kopfsteinpflaster.
    »Du musst lernen, dich anzupassen, Jacob. Das eine oder andere Risiko einzugehen.«
    Ich murmelte etwas Unsinniges, weil das alles war, was mir dazu einfiel. Wilson bog um eine Ecke, und wir rasten die Gasse hinab. Die Ordnungshüter waren uns auf den Fersen, mühten sich schwerfällig an gestapelten Kisten und Mülltonnen vorbei. Ihre Uniformen waren nicht für Verfolgungsjagden geschaffen. Die mussten sie wirklich mal überdenken.
    »Was glaubst du, wer das war?«, wollte Wilson von mir wissen, als wir zu einer breiteren Straße gelangten und ich zu ihm aufschloss.
    »Darüber … reden wir … später. Jetzt rennen wir«, keuchte ich. Nach meinem Sturz hatte ich immer noch damit zu kämpfen, genug Luft zu bekommen.
    »Na schön. Aber es ist schon eine interessante Frage. Ich meine, hat die Kellnerin die Ordnungshüter ihretwegen oder unseretwegen geholt? Oder hat sie die Kellnerin losgeschickt, um die Ordnungshüter zu holen, damit die ihr helfen, uns zu fassen?«
    »Faszinierend«, stieß ich hervor. »Lauf.«
    »Ja, ja. Hier entlang«, sagte er, indem er in eine Seitengasse huschte. Wieder kam ich schlitternd zum Stehen und musste wenden, um ihm zu folgen. Wenn diese Geschichte ausgestanden wäre, würden wir uns ernsthaft miteinander unterhalten müssen.
    Die Gasse erstreckte sich über etwa drei Meter, beschrieb zwei scharfe Biegungen und endete an einer hohen Mauer. Keine Leiter.
    »Oh, um der Götter willen, Wilson.« Ich stand vornübergebeugt mit den Händen auf den Knien da und versuchte mühsam, genug Sauerstoff aufzutreiben, um meine Lungen damit zu füllen. »Darüber haben wir doch schon geredet. Mauern. Ich kann nicht einfach …« Mit den Fingern beschrieb ich eine Flugbewegung. »Ich bin kein verdammter Schmetterling.«
    »Hätte dich auch nie für einen gehalten. Weißt du, mir scheint, du bist in derlei Dingen wirklich außer Übung. Als hättest du vergessen, dass dein Kumpel Wilson für so etwas vorausplant.«
    Mit an den Ziegelsteinen klappernden Spinnenarmen sprang er die Mauer hinauf, krabbelte hoch und verschwand über dem Rand des Gebäudes. Eine Sekunde später schlängelte sich ein geknotetes Seil herab und landete vor meinen Füßen.

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