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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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ernst nehmen. Ich weiß, dass Sie loyal sind, aber der Mann ist außer Rand und Band geraten. Was werden wir sehen, wenn wir hinaufgehen, hm? Läuft der alte Alexander in einem Büßerkittel herum? Reißt er sich die wenigen verbliebenen Haarbüschel aus und zetert in der Dunkelheit? Oder hat er sich für etwas Dramatischeres entschieden?«
    »Das ist immerhin mein Vater, von dem du da redest«, mischte ich mich ein. »Vielleicht sollten wir ihm die Chance geben, uns alles zu erklären.«
    Billy seufzte und starrte zu Boden. »Nein, Sie haben schon recht. Er hat sich ein … nun, ein Kostüm angefertigt.«
    »Ein Kostüm«, säuselte Wilson vergnügt. »Oh, das ist ja toll. Sagen Sie, ist es eine Königsrobe? Das Gewand eines Hofnarren? Oder gar die Kluft eines der Celesten? Oder läuft der alte Alexander vielleicht, nur ganz vielleicht, in Frauenkleidern herum? Bitte sagen Sie mir, dass es Frauenkleider sind.«
    »Er redet viel über Feuer in der Stadt vor sich hin, und über Tote. Und manchmal behält er mit einigen Dingen recht, die er sagt – Wochen, bevor sie eintreten.« Billy bedeckte das Gesicht mit einer Hand. »Mitunter scheint es, als würde er mit Toten sprechen, mit Leuten, die bald sterben werden oder schon seit Generationen tot sind. Und er trägt neuerdings eine Maske. Schwarz. Vorne stehen Worte drauf, aber die Sprache kenne ich nicht.«
    Ich merkte nicht, wie das Glas in meiner Hand zerbrach, aber ich spürte das Brennen des Whiskeys, der sich mit meinem Blut vermischte und sich einen Weg über mein Handgelenk bahnte. Ich drehte mich zu Wilson um, doch der war fort und steuerte schon auf die Treppe zu. Ich folgte ihm. Billy blieb an der Theke zurück und rief uns etwas nach, aber ich hörte nicht, was er sagte.

Kapitel 9
DIE ZWEI STIMMEN
    Wie die meisten Gebäude, die ein gewisses Alter aufweisen, besaß auch das Herrenhaus der Burns mehr Räume, als die Familie je benutzt hatte. Der Ehrgeiz des Architekten überstieg die Nachkommenschaft der älteren Vertreter der Familie Burn, weshalb in den Generationen, in denen meine Familie hier gewohnt hatte, ganze Trakte abwechselnd versiegelt und wieder bewohnbar gemacht worden waren. Als Kind hatte ich mir ein Spiel daraus gemacht, die leeren Räume zu erkunden, nach Geistern oder Schätzen zu suchen oder mir Geschichten über die Ahnen auszudenken, die einst in jenen staubigen Gemächern gelebt hatten.
    Als es mit dem Vermögen der Familie bergab ging, wurde es schlimmer. Keine Bediensteten bedeuteten, dass keine Bedienstetenunterkünfte unterhalten werden mussten. Keine Feierlichkeiten bedeuteten, dass kein Speisesaal benötigt wurde. Ohne Geld keine Bibliothek, kein Vorratslager, keine Stallungen. All diese Räumlichkeiten waren versiegelt worden oder standen einfach leer, sodass der Sitz der Burns mittlerweile einem Friedhof verwaister Zimmer, Gänge und Schränke glich.
    Als Billy sagte, mein Vater befände sich oben, ging ich davon aus, dass er damit einen der zuletzt bewohnten Bereiche des Hauses meinte. Bevor ich ausgezogen war, hatten sich meine Mutter und mein Vater in den Haupträumen gleich neben der Sonnenterrasse eingerichtet gehabt. Ich fand den Bereich jedoch verlassen vor. Nur die Sonnenterrasse wirkte benutzt, wenngleich nicht in letzter Zeit. Der Schlafsack und das primitive Feuer in einer Ecke warfen die Frage auf, ob sich hier jemand halb im Freien niedergelassen hatte.
    An dieser Stelle stieß Billy zu uns. »Das sind seine Sachen«, erklärte er. »Als er von seiner Reise den Fluss hinauf zurückkam, konnte er es nicht ertragen, die Sterne nicht mehr zu sehen. Zumindest hat er das behauptet.« Billy stupste den Schlafsack mit der Schuhspitze an. Ich hatte Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie mein rundlicher Vater hier auf dem Boden schlief.
    »Ich glaube, etwas am Haus hat ihn geängstigt. Seine Augen waren ständig in Bewegung, spähten in Ecken und leere Gänge hinab. Ich hätte wissen müssen, dass etwas nicht stimmte. Es war alles so seltsam.«
    »Wo ist er, Billy?«, fragte ich scharf. Billy sackte ein wenig zusammen.
    »Folgen Sie mir. Nur« – er hob eine Hand – »urteilen Sie nicht vorschnell über ihn.«
    »Ich glaube wirklich, es sind Frauenkleider«, flüsterte Wilson hinter mir. Ich bedeutete ihm zu schweigen, bevor ich Billy zustimmend zunickte. Der alte Diener führte uns tiefer in das Haus und höher hinauf.
    Dies waren Gänge, die ich lange Zeit nicht mehr gesehen hatte. Trotz der pulsierenden Kraft des

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