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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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aufs Bett, hielt die Maske in beiden Händen und starrte auf die Worte. Schließlich fasste er in seinen Mantel und holte eine andere Maske hervor. Es handelte sich um ein billiges Abbild derjenigen, die wir gefunden hatten, angefertigt aus gehämmertem Blech und bemalt mit Kinderfarben.
    »Ich habe Träume«, flüsterte er. »Ich sehe Dinge in meinen Träumen. Es lässt mich nicht schlafen.«
    »Was ist es?«, fragte ich nach einer Weile.
    »Das Ritual der Säuberung«, antwortete er. Seine Stimme klang wie aus weiter Ferne. »Etwas, das wir in Veridon seit geraumer Zeit nicht mehr hatten. Und hoffentlich nie wieder haben werden.«
    »Ah«, sagte Wilson. »Das erklärt vielleicht deine Vision, Jacob.«
    »Vision?«, fragte Alexander. »Du hast selbst Visionen und bezichtigst mich des Wahnsinns, weil ich Stimmen höre? Typisch.«
    »Es waren die Worte, die sie ausgelöst haben.« Ich versuchte zu erklären, was ich gesehen hatte. Alexander nickte dabei ununterbrochen.
    »Worum geht es bei diesem Ritual der Säuberung?«
    »Früher gab es nur eine einzige Strafe, die der Rat gegen seine Mitglieder verhängen konnte. Mittlerweile haben wir Bußgelder, Restriktionen und Steuerklassen«, sagte er und schwenkte die Hand. »Jetzt ist alles gesittet und kompliziert. Aber damals zur Gründerzeit waren die Ratsmitglieder über jeden Vorwurf erhaben. Wir konnten nichts falsch machen. Und wenn jemand doch etwas falsch machte, dann war es so falsch, dass es nur eine Strafe geben konnte.«
    »Den Tod?«
    »Auslöschung.« Er schaute mit seinen alten Augen zu mir auf, starrte mich eindringlich an. »Völlige Beseitigung aus den Annalen der Stadt. Eine komplette Säuberung der Geschichte der Stadt von der Familie.«
    »Wie oft ist das vorgekommen?«, fragte Wilson.
    »Woher sollen wir das wissen? Sogar die Entscheidung zur Auslöschung wurde aus den Büchern entfernt. Nur die Leute, die dabei waren, wussten es, und es war in ihrem eigenen Interesse, es zu vergessen. Zu meinen Lebzeiten ist es nie vorgekommen. Vermutlich seit mehreren Generationen nicht mehr. Und das hier …«, sagte er und hob die Maske an. »Das war das Amtssymbol. Getragen von dem Mann, der mit der Beseitigung beauftragt war. Es ist eine Henkersmaske.«
    »Glauben Sie, Cranich betrachtet sich als Werkzeug des Rats?«, fragte Wilson. »Als jemand, der geschickt wurde, um eine der Familien zu eliminieren?«
    »Wer kann sagen, ob er das nicht ist? Der Sinn der Maske besteht darin, die ganze Macht des Rats auf einen einzigen Menschen zu übertragen.« Alexander warf die Maske aufs Bett und stützte den Kopf in die Hände. »Diese Maske ist ein Mandat. Cranich hat sie gehabt. Wer weiß, welche Ressourcen ihm sonst noch zur Verfügung stehen?«
    »Er hatte sie, aber er hat sie zurückgelassen«, gab Wilson zu bedenken. »Und dann stellt sich noch die Frage, ob sie ihm gegeben wurde, oder ob er sie jemand anderem abgenommen hat?«
    »Ich werde dieser Dinge überdrüssig«, erklärte Alexander. Er lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Tisch, breitete die Arme weit aus und ließ den Kopf auf die Brust sinken. »Ich werde dieser ganzen Spiele überdrüssig.«
    »Dafür ist es etwas spät«, meinte ich.
    »Ja. Ist es wohl.« Behutsam legte er die Maske auf den Tisch und glättete ihren Rand, sodass sie bündig mit der Oberfläche war. »Ich hätte dir Dinge hinterlassen sollen, Sohn. Nicht nur Verpflichtungen.«
    »Und unvorstellbare Schulden«, erwiderte ich lachend. »Aber auf der Schuldenseite gibt es gute Neuigkeiten. Da ich aus dem Testament gestrichen worden bin, sind die nicht mehr mein Problem.«
    Alexander ergriff ein Blatt Papier vom Tisch und tippte damit gegen die Maske. Als er den Kopf hob, dachte ich einen erschreckenden Moment lang, dass er weinte. Er schob mir das Papier zu, dann setzte er sich an den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Als offensichtlich wurde, dass ich mich nicht rühren würde, holte Wilson das Papier. Er lachte, als er es las, und hielt es vor meine Nase, damit ich es ebenfalls lesen konnte.
    Ich registrierte die Worte »Namensrecht«, »Ratsvertreter« und »Sohn, Jacob Burn«, bevor ich mich umdrehte und ohne das Schreiben aus dem Raum stapfte. Wilson folgte mir und lachte dabei ohne Unterlass, mit einem Anflug von Hysterie in der Stimme.
    Nur zur Erinnerung: Mein Vater, Alexander Burn, hat mich verraten. Er verkaufte einen Teil von mir an die Kirche des Algorithmus, vergrub eines ihrer Geheimnisse in meinem

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