Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
Körper und warf mich anschließend aus dem Haus, als ich mich dafür nicht gebührlich dankbar zeigte. Als durch seinen kleinen Komplott einige meiner Freunde getötet wurden, handelte ich gegen seinen Willen. Direkt gegen seinen Willen. Das hatte zur Folge, dass Angela auf mich schoss, Emily getötet wurde und ich in Veridon in Verruf geriet. Alles, was dieser Mann je getan hat, wirkte auf die eine oder andere Weise gegen mich. Und dies war sein letzter Coup. Er hatte mir alles genommen, es ausgegeben und präsentierte mir nun die Rechnung.
»Wir sollten etwas trinken gehen«, rief Wilson hinter mir her, als ich mich durch die verkehrsreichen Straßen von Niederstätt drängte. »Um zu feiern. Du bist wiedereingesetzt worden!«
Ich schleuderte ihm über die Schulter einen garstigen Blick zu. Sein Gesicht schien nur aus einem Grinsen und Zähnen zu bestehen.
»Du weißt verdammt gut, dass es dafür zu spät ist«, rief ich zurück. Die Menschenmassen waren unruhig an jenem Abend. Gerüchte über die morgendlichen Angriffe an den Docks schwängerten die Luft mit einem gewissen Maß an Wahnsinn. »Der Name der Familie Burn ist vor langer Zeit gestorben. Seither klappert nur noch das Skelett davon herum.«
»Dann liegt es an dir, es zu begraben. So schwierig sollte das nicht sein.«
Ich verzog das Gesicht und stapfte weiter durch die Menge. Viel Gedränge, viel Lärm. Für gewöhnlich ging es in Niederstätt nicht einmal an Festnächten so betriebsam zu. Die Menschen mussten ziemlich verschreckt sein, wenn sie diese Vorkommnisse wie einen Urlaub von der Vernunft behandelten. Aber wer war ich schon, mir ein Urteil darüber anzumaßen? Mit einem hatte Wilson recht: So, wie die Dinge liefen, sollten wir wirklich etwas trinken gehen.
Wir entschieden uns für ein Lokal, das ich in meinen Tagen als ernsthafter Verbrecher regelmäßig besucht hatte. Trotzdem hoffte ich, dass man mich nicht erkennen würde. Einige Leute, die ich damals verärgert hatte, würden vielleicht für die Information bezahlen, dass ich hier war. Um vorbeizukommen und mir eins überzubraten. Oder vielleicht brauchte ich auch genau das. Einen anständigen Kampf, um den Kopf freizubekommen. Wilson schien dasselbe gebrauchen zu können. Er wirkte kribbelig, und es gibt kaum etwas, das einschüchternder wirkt als ein kribbeliges Insekt. All diese Zähne, dieses Lächeln, all die nervöse Energie. Die Messer, die sich unter seiner Weste abzeichneten. Wir gaben ein gutes Paar ab.
Ich holte unsere Getränke und suchte uns einen Tisch in einer Ecke. Wilson nahm mir gegenüber Platz. Immer noch grinsend.
»Hör auf damit«, forderte ich ihn auf.
»Womit?«
»Mit diesem Grinsen. Offenbar freut dich das.« Ich trank und wischte mir mit dem Handrücken den Mund ab. »Es gefällt dir, mich leiden zu sehen.«
»Nicht unbedingt. Aber ich sehe es gern, wenn du so wirst wie jetzt.«
»Was meinst du?«, fragte ich.
Er breitete die Hände aus und zeigte auf den Raum. Man ließ uns Platz, obwohl die Menschen im Rest der Kneipe dicht gedrängt standen.
»Gefährlich«, antwortete er. »Die Leute können das riechen. Du bist ein Mann, der nicht mehr klar denkt.«
»Ich denke hervorragend.«
»Wir hatten Fragen an deinen Vater. Eine Menge Fragen. Das Beste, was wir tun könnten, wäre, in dieses verfallende Haus zurückzukehren, in dieses Zimmer hinaufzugehen und uns in der Dunkelheit mit deinem Vater zusammenzusetzen. Und ihm unsere Fragen zu stellen.«
»Vielleicht«, räumte ich ein.
»Nur werden wir das nicht tun, oder?«
Ich schwieg. Sein Grinsen wurde breiter. Mein Bierglas war leer, doch ein weiteres tauchte auf, ohne dass ich danach fragen musste. Die Kellnerin begegnete meinem Blick nicht und eilte davon. Sie konnte es riechen.
»Nein«, antwortete ich. »Tun wir nicht.«
»Wir haben die Maske dort gelassen. Denkst du nicht, dass wir sie später vielleicht noch haben wollen?« Wilson nippte an seinem Bier und sah sich im Raum um wie ein Tourist. »Ich denke, wir werden sie brauchen. Aber egal.«
Abermals erwiderte ich nichts. Ich würde nicht in dieses Haus zurückkehren. Nicht jetzt, nicht irgendwann. Nie wieder. Seit Jahren mittlerweile hing der Name Burn wie ein Verhängnis über mir. Manche Menschen gaben mir die Schuld am Untergang unserer adeligen Familie, manche meinem Vater oder den Industriellen, die die Gründerfamilien nach und nach aus dem Rat drängten. Weg von der Macht. Das Letzte, was ich wollte, war die Verantwortung dafür,
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