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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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fragte Crighton und zog eine Augenbraue in die Höhe, aber es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    »Er hat einen Chauffeur «, sagte Ursula. »Ich wusste, dass er das meiste aus dem Krieg herausholen würde.« – »Aus welchem Krieg?«, hätte Pamela gesagt. Sie war in Yorkshire »von der Außenwelt abgeschnitten« mit sechs kleinen Jungen und Jeanette, die sich nicht nur als Miesepeter erwiesen hatte, sondern »als fainéante. Von der Tochter eines Vikars hätte ich mehr erwartet. Sie ist so faul, ich renne den ganzen Tag nicht nur hinter meinen Jungen her, sondern auch hinter ihren. Ich habe genug von dieser Evakuierungsfarce, ich glaube, wir werden bald nach Hause kommen.«
    »Ich vermute, dass er wohl kaum mit dem Wagen zu Hause aufkreuzen kann, ohne mich mitzunehmen«, sagte Ursula. »Maurice möchte nicht dabei erwischt werden, wie er sich schlecht benimmt, auch nicht von seiner Familie. Er hat einen Ruf zu wahren. Außerdem sind seine Frau und seine Kinder dort und fahren heute Abend mit zurück nach London.« Maurice hatte Edwina und die Kinder über Ostern nach Fox Corner geschickt. Ursula hatte sich gefragt, ob er etwas über den Krieg wusste, was der Öffentlichkeit nicht bekannt war – wäre Ostern eine besonders gefährliche Zeit? Maurice musste so viele Dinge wissen, von denen andere keine Ahnung hatten, aber Ostern ging ohne Zwischenfälle vorüber, und sie nahm an, dass es sich lediglich um einen Besuch der Enkelkinder bei den Großeltern handelte. Philip und Hazel waren so einfallslose Kinder, und Ursula fragte sich, wie sie mit Sylvies wilden Evakuierten zurechtkamen. »Auf dem Rückweg wird der Wagen schrecklich voll sein mit Edwina und den Kindern. Ganz zu schweigen vom Chauffeur. Aber Not kennt kein Gebot.«
    Es wurde noch einmal gehupt. Ursula ignorierte es aus Prinzip. Es wäre auf boshafte Weise äußerst befriedigend, dachte sie, mit Crighton in voller Marineuniform aufzutauchen (die vielen Auszeichnungen, die goldenen Tressen), der in so vieler Beziehung bedeutender als Maurice war. »Du könntest mitkommen«, sagte sie. »Wir erwähnen Moira einfach nicht. Oder die Mädchen.«
    »Ist es dein Zuhause?«
    »Wie bitte?«
    »Du hast gesagt, ›er könnte wohl kaum zu Hause aufkreuzen‹. Ist das hier nicht dein Zuhause?«, sagte Crighton.
    »Doch, natürlich.« Maurice marschierte ungeduldig auf dem Gehweg auf und ab, und sie klopfte ans Fenster, um ihn auf sich aufmerksam zu machen, hielt den Zeigefinger hoch und bildete mit dem Mund die Worte »eine Minute«. Maurice runzelte die Stirn. »Man sagt doch so«, wandte sie sich an Crighton. »Man bezeichnet den Wohnort der Eltern als ›Zuhause‹.«
    »Ja? Ich nicht.«
    Nein, dachte Ursula, du nicht. Wargrave war Crightons »Zuhause«, wenn auch nur in seinen Gedanken. Und er hatte natürlich recht, sie betrachtete die Wohnung in Egerton Gardens nicht als ihr Zuhause. Es war ein Punkt im Verlauf der Zeit, eine temporäre Haltestelle auf einer der Reisen, die der Krieg unterbrochen hatte. »Wir können darüber streiten, wenn du willst«, sagte sie freundlich. »Nur dass Maurice – da draußen wie ein kleiner Zinnsoldat auf und ab marschiert.«
    Crighton lachte. Er war nie darauf aus zu streiten.
    »Ich würde gern mitkommen und deine Familie kennenlernen«, sagte er, »aber ich muss in die Zitadelle.« Die Admiralität baute eine unterirdische Festung, die Zitadelle, an der Horse Grounds Parade, und Crighton war dabei, sein Büro dorthin zu verlegen.
    »Dann sehen wir uns später«, sagte Ursula. »Meine Kutsche wartet, und Maurice scharrt mit den Hufen.«
    »Der Ring«, sagte Crighton, und Ursula sagte: »Ja, natürlich, hätte ich beinahe vergessen.« Wenn sie nicht in der Arbeit war, trug sie jetzt einen Ehering, um den Schein zu wahren. »Wegen der Leute, die ins Haus kommen.« Der Junge, der die Milch brachte, die Frau, die zweimal in der Woche kam, um zu putzen, sie sollten nicht denken, dass sie in wilder Ehe lebte. (Sie war selbst überrascht gewesen über ihre Verschämtheit.)
    »Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Fragen sie mir stellen würden, wenn sie den zu sehen bekämen«, sagte sie, zog den Ring ab und legte ihn auf den Tisch im Flur.
    Crighton küsste sie auf die Wange und sagte: »Viel Spaß.«
    »Dafür gibt es keine Garantie«, sagte sie.

    »Und du hast dir immer noch keinen Mann eingefangen?«, sagte Izzie zu Ursula. »Aber du hast ja auch schon wie viele Enkelkinder, sieben, acht?«, wandte sie sich

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