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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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glücklich zu sehen.
    Vor dem Krieg hätte Ralphs Werben um sie (oder ihr Werben um ihn) die Form von Tanzveranstaltungen, Kinobesuchen, gemütlichen Abendessen à deux angenommen, aber jetzt standen sie oft vor Bombenkratern wie Touristen vor alten Ruinen. Sie hatten herausgefunden, dass der Blick vom Oberdeck des Busses Nummer elf dafür besonders geeignet war.
    Das lag vielleicht mehr an ihren Macken als am Krieg selbst. Andere Paare waren schließlich in der Lage, ihre Rituale beizubehalten.
    Sie hatten die Duveen Gallery im British Museum »besucht«, Hammonds neben der National Gallery, den riesigen Krater vor dem U-Bahnhof Bank, der so groß war, dass er vorübergehend überbrückt werden musste. John Lewis, das noch immer schwelte, als sie ankamen, die versengten Schaufensterpuppen aus den Fenstern lagen kleiderlos auf der Straße.
    »Findest du, dass wir wie Ghule sind?«, fragte Ralph, und Ursula sagte: »Nein, wir sind Zeugen.« Sie nahm an, dass sie irgendwann mit ihm ins Bett gehen würde. Es sprach nicht wirklich etwas dagegen.
    Bridget kam mit Tee und Kuchen heraus, und Pamela sagte: »Ich glaube, wir müssen Daddy losbinden.«

    »Trink etwas«, sagte Hugh und goss ihr aus der Karaffe aus geschliffenem Glas in seinem Refugium Malt Whisky ein. »Dieser Tage ziehe ich mich immer öfter hierher zurück. Es ist der einzige Ort, wo man mich in Frieden lässt. Hunden und Evakuierten ist der Zutritt streng verboten. Ich mache mir Sorgen um dich«, fügte er hinzu.
    »Ich auch.«
    »Ist es sehr blutig?«
    »Entsetzlich. Aber ich glaube, dass es richtig ist. Ich glaube, dass wir das Richtige tun.«
    »Ein gerechter Krieg? Du weißt, dass die meisten Verwandten der Coles in Europa sind. Mr. Cole hat mir grauenhafte Dinge erzählt, die dort mit den Juden passieren. Ich glaube nicht, dass das hier wirklich jemanden interessiert. Wie auch immer«, sagte er, hob das Glas und versuchte, einen fröhlicheren Ton anzuschlagen, »hoch die Tassen. Auf das Ende.«

    Es war dunkel, als sie aufbrach, und Hugh begleitete sie zum Bahnhof.
    »Leider gibt’s kein Benzin«, sagte er, »du hättest früher gehen sollen«, fügte er bedauernd hinzu. Er hatte eine große Taschenlampe, und es war niemand da, der ihn lauthals angewiesen hätte, sie auszuschalten. »Ich glaube nicht, dass ich damit einer Heinkel den Weg weise«, sagte er.
    Ursula erzählte, dass die Rettungstrupps eine nahezu abergläubische Angst vor Lichtern hätten, auch mitten in einem Luftangriff, umgeben von brennenden Gebäuden und Brandsätzen und Leuchtgeschossen. Als ob eine kleine Taschenlampe es noch schlimmer machen würde.
    »Ich kannte einen Mann«, sagte Hugh, »der hat im Schützengraben ein Streichholz angezündet, und eh man sich’s versah, hat ihm ein deutscher Scharfschütze den Kopf weggeschossen. Er war ein guter Kerl«, fügte er nachdenklich hinzu, »hieß Rogerson so wie der Bäcker im Dorf. Sie waren aber nicht verwandt.«
    »Du sprichst nie darüber«, sagte Ursula.
    »Ich spreche jetzt darüber«, erwiderte Hugh. »Lass dir das eine Lehre sein, zieh den Kopf ein und stell dein Licht unter den Scheffel.«
    »Ich weiß, dass du das nicht ernst meinst. Nicht wirklich.«
    »Doch. Mir wäre es lieber, du bist feige statt tot, kleiner Bär. Das gleiche gilt für Teddy und Jimmy.«
    »Das meinst du auch nicht ernst.«
    »Doch. Wir sind da. Es ist so dunkel, dass man glatt am Bahnhof vorbeigehen könnte, ohne es zu merken. Ich bezweifle, dass dein Zug pünktlich ist, wenn er überhaupt kommt. Schau, da ist Fred. Guten Abend, Fred.«
    »Mr. Todd, Miss Todd. Der letzte Zug heute Abend«, sagte Fred Smith.
    »Das ist kein richtiger Zug«, sagte Ursula verwirrt. Es war eine Lokomotive ohne Waggons.
    Fred blickte den Bahnsteig entlang, als hätte er das Fehlen der Waggons vergessen. »Ach ja«, sagte er, »als sie das letzte Mal gesehen wurden, hingen sie von der Waterloo Bridge hinunter. Es ist eine lange Geschichte«, fügte er hinzu, deutlich unwillig, sie zu erzählen. Ursula wunderte sich, warum die Lokomotive sans Waggons fuhr, doch Fred blickte grimmig drein.
    »Dann werde ich heute Abend nicht nach Hause fahren können«, sagte Ursula.
    »Also«, sagte Fred, »ich muss die Lokomotive heute noch in die Stadt zurückbringen, und ich habe hier ein Riesenfeuer und einen Heizer, den alten Willie, wenn Sie also in den Führerstand klettern wollen, Miss Todd, können wir sie mitnehmen.«
    »Wirklich?«, sagte Ursula.
    »Es wird nicht so sauber

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