Die Unvollendete: Roman (German Edition)
Einsätzen, behauptete ein Mädchen vom Luftfahrtministerium.
(»Ist die Wahrscheinlichkeit nicht für jeden Einsatz gleich?«, fragte Ursula. »Ich dachte, so funktionieren Wahrscheinlichkeiten.«
»Nicht bei Bombermannschaften«, sagte das Mädchen vom Luftfahrtministerium.)
Teddy begleitete sie nach dem Mittagessen zum Büro, sie hatte eine lange Stunde freigemacht. Es war nicht mehr so hektisch wie früher.
Sie wären gern in ein mondänes Restaurant gegangen, waren jedoch in einem britischen gelandet und hatten Rinderbraten und Pflaumenkuchen mit Vanillesoße gegessen. Die Pflaumen waren natürlich aus der Dose. Dennoch hatten sie es sich schmecken lassen.
»Die vielen Namen«, sagte Teddy und betrachtete das Ehrenmal. »Die vielen Leben. Und jetzt wieder. Ich glaube, irgendetwas stimmt nicht mit den Menschen. Der Krieg unterminiert alles, woran man glauben möchte, findest du nicht auch?«
»Es hat keinen Zweck, darüber nachzudenken«, sagte sie rasch, »das Leben muss weitergehen.« (Sie wurde wirklich zu Miss Woolf.) »Wir haben schließlich nur eins, wir sollten unser Bestes tun. Wir machen es nie richtig, aber wir müssen es versuchen. « (Die Verwandlung war vollständig.)
»Was wäre, wenn wir die Chance hätten, es noch einmal zu tun und noch einmal, bis wir es endlich richtig machen? Wäre das nicht wunderbar?«, sagte Teddy.
»Ich glaube, das wäre sehr ermüdend. Ich würde gern Nietzsche zitieren, aber dann würdest du mich wahrscheinlich verkloppen.«
»Wahrscheinlich«, sagte er liebenswürdig. »Er ist ein Nazi, oder?«
»Nicht wirklich. Schreibst du noch immer Gedichte, Teddy?«
»Ich finde keine Worte mehr. Jedes Mal, wenn ich es versuche, kommt es mir vor, als würde ich den Krieg veredeln, hübsche Bilder dafür finden. Ich kann nicht zu seinem Herzen vordringen.«
»Dem dunklen, pochenden, blutigen Herzen?«
»Vielleicht solltest du schreiben.« Er lachte.
Während Teddy da war, ging sie nicht auf Patrouille, Miss Woolf hatte sie aus dem Dienstplan genommen. Die Angriffe erfolgten jetzt sporadischer. Im März und April waren schlimme Luftangriffe geflogen worden, und sie wirkten noch schlimmer, da sie zuvor kurz hatten verschnaufen können. »Es ist komisch«, sagte Miss Woolf, »wenn es heftig wird, sind die Nerven so angespannt, dass man irgendwie besser damit fertig wird.«
In Ursulas Sektor gab es eine eindeutige Kampfpause. »Ich glaube, Hitler interessiert sich mehr für den Balkan«, sagte Miss Woolf.
»Er wird Russland angreifen«, sagte Crighton mit einiger Autorität. Millie war wieder auf Tour, und sie hatten die Wohnung in Kensington für sich.
»Aber das wäre reiner Wahnsinn.«
»Tja, der Mann ist wahnsinnig, was erwartest du da?« Er seufzte und sagte: »Reden wir über was anderes.« Sie tranken Whisky von der Admiralität und spielten Karten wie ein altes Ehepaar.
Teddy ging mit ihr bis zur Exhibition Road und sagte: »Ich dachte, deine ›Einsatzzentrale‹ wäre irgendwie ein großes Ding – Kolonnaden und Säulen – nicht ein Bunker.«
»Maurice hat die Säulen.«
Kaum war sie im Gebäude, stürzte sich Ivy Jones auf sie, ein Mädchen aus dem Fernschreibraum, die gerade ihren Dienst antrat, und sagte: »Sie sind ein stilles Wasser, Miss Todd, dass Sie diesen tollen Mann vor uns geheim halten.« Das kommt davon, wenn man zu freundlich zum Personal ist, dachte Ursula. »Habe keine Zeit«, sagte sie, »ich bin eine Sklavin des täglichen Lageberichts.«
Ihre eigenen »Mädchen«, Miss Fawcett und ihre Truppe, legten Akten an, glichen ab und übergaben ihr die braungelben Mappen, damit sie die täglichen, wöchentlichen, manchmal sogar stündlichen Zusammenfassungen formulieren konnte. Tagesprotokolle, Schadensprotokolle, Lageberichte, es nahm kein Ende. Dann musste alles getippt und in andere braungelbe Mappen gelegt und von ihr unterschrieben werden, bevor die Mappen ihre Reise zu jemand anderem antraten, jemandem wie Maurice.
»Wir sind nur Rädchen im Getriebe«, sagte Miss Fawcett, und Ursula sagte: »Aber vergessen Sie nicht, kein Getriebe ohne Rädchen.«
Teddy ging mit ihr etwas trinken. Es war ein warmer Abend, die Bäume standen in voller Blüte, und einen Augenblick lang konnte man meinen, der Krieg sei vorbei.
Er wollte nicht über das Fliegen reden, nicht über den Krieg, nicht einmal über Nancy. Wo war sie? Sie tat irgendetwas, worüber sie offenbar nichts sagen durfte. Wie es schien, wollte niemand mehr über irgendetwas
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