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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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kannte« war normalerweise ein Euphemismus für frühere Liebhaber (»Wie sind Sie an die rangekommen?«, fragte ein sauertöpfischer Tankstellenbesitzer, als sie auf dem Weg nach Norden bei ihm tankten. »Ich habe mit jemand schrecklich Wichtigem geschlafen«, sagte Izzie honigsüß).
    Ursula hatte Izzie seit Hughs Beerdigung nicht mehr gesehen, seit ihrem überraschenden Geständnis, dass sie ein Kind hatte, und Ursula überlegte, ob sie das Thema auf der Fahrt nach Yorkshire ansprechen sollte (nicht einfach zu bewerkstelligen), weil Izzie so erschüttert gewesen war und vermutlich mit niemand anderem darüber reden konnte. Aber als Ursula fragte: »Möchtest du noch einmal über dein Baby sprechen?«, entgegnete Izzie: »Ach, das «, als wäre es etwas vollkommen Triviales. »Vergiss, dass ich es erwähnt habe, ich war einfach nur trübsinnig. Sollen wir irgendwo anhalten und Tee trinken, ich könnte ein Scone verschlingen, du auch?«

    Ja, sie hatten sich in Fox Corner versammelt, und nein, es gab keine »Leiche«. Zu diesem Zeitpunkt war der Status von Teddy und seiner Mannschaft von »vermisst« in »vermisst, vermutlich tot« abgewandelt worden. Es gebe keine Hoffnung, sagte Maurice, sie dürften nicht mehr denken, dass es noch Hoffnung gebe. »Es gibt immer Hoffnung«, sagte Sylvie.
    »Nein«, sagte Ursula, »manchmal gibt es wirklich keine.« Sie dachte an das Baby, Emil. Wie würde Teddy aussehen? Schwarz und verkohlt und geschrumpft wie ein altes Stück Holz? Vielleicht war überhaupt nichts mehr von ihm übrig, keine »Leiche«. Hör auf, hör auf, hör auf. Sie atmete tief ein. Erinnere dich an ihn als kleinen Jungen, wie er mit seinen Flugzeugen und der Eisenbahn gespielt hat – nein, das war noch schlimmer. Viel schlimmer.
    »Es kam wirklich nicht überraschend«, sagte Nancy grimmig. Sie saßen draußen auf der Terrasse. Sie hatten ein bisschen zu viel von Hughs gutem Malt Whisky getrunken. Es fühlte sich komisch an, seinen Whisky zu trinken, ohne dass er dabei war. Er stand in einer Karaffe aus geschliffenem Glas auf dem Schreibtisch in seinem Refugium, und es war das erste Mal, dass sie den Whisky trank und er ihn nicht selbst eingeschenkt hatte. (»Möchtest du einen Tropfen von dem guten Zeug, kleiner Bär?«)
    »Er hat so viele Einsätze geflogen«, sagte Nancy, »es wurde immer wahrscheinlicher.«
    »Ich weiß.«
    »Er hat damit gerechnet«, fuhr Nancy fort. »Er hat es sogar akzeptiert. Das müssen sie, alle diese Jungs. Ich weiß, ich klinge gefasst, aber mein Herz ist gebrochen. Ich habe ihn so sehr geliebt. Liebe ihn immer noch so sehr. Ich weiß nicht, warum ich in der Vergangenheit über ihn rede. Die Liebe stirbt nicht mit der geliebten Person. Ich liebe ihn jetzt noch mehr, weil er mir so verdammt leidtut. Er wird nie heiraten, nie Kinder haben, nie das wunderbare Leben führen, das ihm von Geburt an zustand. Das hier«, sagte sie und machte eine Geste, die Fox Corner, die Mittelklasse, ganz England umfasste. »Nur weil er ein so guter Mensch war. Gut und wahrhaftig wie eine große Glocke.« Sie lachte. »Das ist albern, ich weiß. Du bist die Einzige, die das versteht. Und ich kann nicht weinen, ich will auch gar nicht weinen. Tränen können diesem Verlust nicht gerecht werden.«
    Nancy habe nicht reden wollen, hatte Teddy einmal gesagt, und jetzt wollte sie nichts anderes als reden. Ursula hatte kaum etwas gesagt, weinte allerdings ständig. Es verging kaum eine Stunde, ohne dass ihr unkontrolliert Tränen übers Gesicht strömten. Ihre Augen waren geschwollen und gerötet. Crighton hatte sich unglaublich anständig verhalten, sie in den Arm genommen und versucht zu beruhigen, endlos Tee gekocht, Tee, der vermutlich aus der Admiralität stammte. Er sah von Plattitüden ab, sagte nicht, dass alles wieder gut werden, die Zeit alle Wunden heilen würde, dass Teddy jetzt an einem besseren Ort war – keinen solchen Blödsinn. Auch Miss Woolf war wunderbar. Sie kam und setzte sich neben Crighton, fragte nie, wer er war, hielt ihre Hand, strich ihr übers Haar und ließ zu, dass sie sich wie ein untröstliches Kind benahm.
    Das war jetzt vorbei, dachte sie und trank ihren Whisky aus. Jetzt war nur noch nichts. Eine weite graue Landschaft von nichts, so weit der Horizont ihrer Gedanken reichte. Verzweiflung hinter sich und den Tod vor Augen.
    »Wirst du mir einen Gefallen tun?«, fragte Nancy.
    »Ja, natürlich. Alles, was du willst.«
    »Kannst du herausfinden, ob es noch ein bisschen

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