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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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Hoffnung gibt, dass er noch am Leben ist? Es muss doch eine winzige Chance geben, dass er gefangen genommen wurde. Vielleicht kennst du jemand im Luftfahrtministerium –«
    »Ja, ich kenne ein Mädchen …«
    »Oder vielleicht kennt Maurice jemanden, jemand, der … uns Gewissheit verschaffen kann.« Sie stand unvermittelt auf, schwankte etwas vom Whisky und sagte: »Ich muss gehen.«

    »Wir haben uns schon einmal gesehen«, sagte Roy Holt zu ihr.
    »Ja, ich war letztes Jahr hier«, sagte Ursula. »Ich habe im White Hart übernachtet, sie vermieten Zimmer, aber das weißt du bestimmt. Es ist ›euer‹ Pub, oder? Ich meine die Flugzeugbesatzungen.«
    »Ich erinnere mich, dass wir alle in der Bar was getrunken haben«, sagte Roy Holt.
    »Ja, es war ein sehr lustiger Abend.«
    Maurice hatte natürlich nichts unternommen, aber Crighton hatte es versucht. Es war immer dieselbe Geschichte. Teddy war mit dem brennenden Flugzeug abgestürzt, niemand war abgesprungen.
    »Du warst der Letzte, der ihn gesehen hat«, sagte Ursula.
    »Ich denke nicht darüber nach«, sagte Roy Holt. »Er war ein guter Kerl, Ted, aber es passiert dauernd. Sie kommen nicht zurück. Zum Abendessen sind sie noch da, und zum Frühstück sind sie nicht mehr da. Man trauert kurz, und dann denkt man nicht mehr daran. Kennst du die Statistiken?«
    »Ja.«
    Er zuckte die Achseln und sagte: »Vielleicht nach dem Krieg, ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was du gern von mir hören würdest.«
    »Wir wollen nur wissen«, sagte Izzie behutsam, »dass er nicht abgesprungen ist. Dass er tot ist. Ihr wurdet angegriffen, es waren extreme Bedingungen, Sie haben vielleicht nicht gesehen, wie sich das ganze elende Drama abgespielt hat.«
    »Er ist tot, glaubt mir«, sagte Roy Holt. »Die ganze Besatzung ist tot. Das Flugzeug stand von vorn bis hinten in Flammen. Da waren die meisten wahrscheinlich schon tot. Ich habe ihn gesehen, unsere Flugzeuge waren nahe beieinander, wir sind noch in Formation geflogen. Er hat sich umgedreht und zu mir geschaut.«
    »Er hat zu dir geschaut?«, sagte Ursula. Teddy in den letzten Augenblicken seines Lebens, wohlwissend, dass er sterben würde. Woran dachte er – an die Wiese und das Wäldchen und den Bach, der durch den Wald mit den Glockenblumen floss? Oder daran, dass die Flammen ihn verbrennen würden – und auch er zu einem Märtyrer für England würde?
    Izzie nahm ihre Hand. »Ruhig bleiben«, sagte sie.
    »Meine einzige Sorge war, wegzukommen. Sein Flieger war außer Kontrolle, ich wollte nicht, dass er in mich reinkracht.« Er zuckte die Achseln und sah unglaublich jung und zugleich unglaublich alt aus.
    »Ihr solltet mit eurem Leben weitermachen«, sagte er ziemlich schroff und fügte dann freundlicher hinzu: »Ich habe den Hund mitgebracht. Ihr wollt ihn wahrscheinlich zurückhaben.«
    Lucky schlief zu Ursulas Füßen, er hatte sich über die Maßen gefreut, sie wiederzusehen. Teddy hatte ihn nicht in Fox Corner gelassen, sondern ihn mit nach Norden auf den Stützpunkt genommen. »Mit einem Namen und Ruf wie seinem, was sollte ich da anderes tun?«, hatte er geschrieben und ein Foto seiner Besatzung geschickt, wie sie in alten Sesseln saßen, Lucky stolz auf Teddys Knie.
    »Aber er ist euer Maskottchen«, protestierte Ursula. »Heißt das nicht, Unglück heraufbeschwören? Wenn ihr ihn weggebt, meine ich.«
    »Seitdem Teddy nicht mehr da ist, haben wir nur Pech«, sagte Roy Holt missmutig. »Er war Teds Hund«, fuhr er freundlicher fort, »treu bis in den Tod, wie es heißt. Er verzehrt sich wie blöd, ihr solltet ihn mitnehmen. Die Jungs ertragen es nicht, wie er auf dem Flugplatz darauf wartet, dass Ted zurückkommt. Er erinnert sie nur daran, dass sie wahrscheinlich die Nächsten sein werden.«

    »Ich ertrage es nicht«, sagte sie zu Izzie, als sie losfuhren. Das hatte Miss Woolf gesagt, als Tony starb. Wie viel musste man ertragen? Der Hund saß zufrieden auf ihrem Schoß, vielleicht spürte er an ihr etwas von Ted. Der Gedanke gefiel ihr.
    »Was sollen wir sonst tun?«, fragte Izzie.
    Man konnte sich umbringen. Sie hätte es vielleicht getan, wenn der Hund nicht gewesen wäre. »Ist das lächerlich?«, fragte sie Pamela.
    »Nein, es ist nicht lächerlich«, erwiderte Pamela. »Der Hund ist alles, was von Teddy übrig ist.«
    »Manchmal habe ich das Gefühl, dass er Teddy ist. «
    »Das allerings ist lächerlich.«
    Sie saßen auf dem Rasen von Fox Corner, ungefähr zwei Wochen nach Kriegsende. (»Jetzt kommt

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