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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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passiert?«, fragte Teddy.
    »Ein kleiner Unfall, du hättest es vor einer Weile sehen sollen.« Sie lachte.
    »Du bist nicht in den Highlands«, sagte Teddy.
    »Sieht nicht so aus, oder?«
    »Du hast ihn also verlassen?«
    »Ja.«
    »Gut.« Wie Hugh mochte Teddy keine langen Geschichten. »Wo ist die schwindelerregende Tante?«
    »Ausgegangen, um Schwindel zu erregen. In den Embassy Club, glaube ich.« Sie tranken Izzies Champagner, um Ursulas Freiheit zu feiern.
    »Bei Mutter wirst du vermutlich in Ungnade fallen«, sagte Teddy.
    »Ach, mach dir keine Sorgen. Das bin ich schon.«

    Sie machten gemeinsam ein Omelett und Tomatensalat und aßen mit den Tellern auf den Knien, während sie im Radio Ambrose und sein Orchester hörten. Nach dem Essen zündete sich Teddy eine Zigarette an. »Du bist dieser Tage so erwachsen«, sagte Ursula und lachte. »Ich habe Muskeln«, sagte er und spannte seinen Bizeps an wie ein Kraftmensch im Zirkus. Er studierte Anglistik in Oxford und sagte, es sei eine Erleichterung, das Denken abzustellen und »das Land zu bearbeiten«. Er schrieb auch Gedichte. Über das Land, nicht über »Gefühle«. Teddys Herz war durch Nancys Tod zerbrochen, und wenn etwas einmal gesprungen sei, sagte er, könne man es nie wieder perfekt reparieren. »Klingt nach Henry James, stimmt’s?«, sagte er verzagt. (Ursula dachte an sich selbst.)
    Ein trauernder Teddy trug eine Wunde in sich, eine Narbe auf seinem Herzen, wo die kleine Nancy Shawcross herausgerissen worden war. »Es ist«, sagte er zu Ursula, »als ob du ein Zimmer betrittst und dein Leben ist zu Ende, aber du lebst weiter.«
    »Ich glaube, ich verstehe dich. Ja«, sagte Ursula.

    Ursula döste ein, den Kopf an Teddys Schulter gelehnt. Sie war noch immer unglaublich müde. (»Schlaf ist ein großartiges Heilmittel«, sagte Izzie und brachte ihr jeden Morgen das Frühstück auf einem Tablett.)
    Schließlich seufzte Teddy, streckte sich und sagte: »Wahrscheinlich sollte ich jetzt nach Fox Corner zurück. Was für eine Geschichte soll ich erzählen, habe ich dich getroffen? Oder bist du noch in Brigadoon?« Er trug ihre Teller in die Küche. »Ich räume auf, während du über die Antwort nachdenkst.«
    Als es klingelte, nahm Ursula an, dass es Izzie war. Seitdem Ursula bei ihr in der Melbury Road wohnte, achtete sie nicht darauf, ob sie einen Schlüssel dabeihatte oder nicht. »Du bist doch immer da, Liebes«, sagte sie, wenn Ursula um drei Uhr morgens aus dem Bett kriechen und sie hereinlassen musste.
    Es war nicht Izzie, es war Derek. Sie war so überrascht, dass sie kein Wort herausbrachte. Sie hatte ihn so entschieden verlassen, dass er für sie aufgehört hatte zu existieren. Er gehörte nicht nach Holland Park, sondern an einen dunklen Ort der Phantasie.
    Er drehte ihr den Arm auf den Rücken und führte sie den Flur entlang in den Salon. Er blickte auf den Beistelltisch, ein schweres Ding aus Holz mit Schnitzereien im orientalischen Stil, sah die leeren Champagnergläser, die noch auf dem Tisch standen, und Teddys Zigarettenkippen in dem großen Aschenbecher aus Onyx und zischte: »Wer ist bei dir?« Er war außer sich vor Wut. »Mit wem hast du Unzucht getrieben?«
    »Unzucht getrieben?«, sagte Ursula, überrascht von dem Ausdruck. Der so biblisch war. Teddy kam ins Zimmer, das Geschirrtuch über der Schulter. »Was ist hier los?«, sagte er, und dann: »Lassen Sie sie los.«
    »Ist er das?«, fragte Derek Ursula. »Ist das der Mann, mit dem du in London rumhurst?« Und ohne eine Antwort abzuwarten, knallte er ihren Kopf auf den Tisch, und sie glitt zu Boden. Der Schmerz in ihrem Kopf war schrecklich und wurde schlimmer, statt nachzulassen, als steckte er in einem Schraubstock, der immer enger gedreht wurde. Derek hob den schweren Onyxaschenbecher so hoch, als wäre er ein Kelch, ohne die Kippen zu beachten, die auf den Boden fielen. Ursula wusste, dass ihr Gehirn nicht richtig arbeitete, weil sie sich vor Todesangst hätte ducken müssen, aber sie dachte nur, wie sehr diese Szene dem Vorfall mit dem pochierten Ei ähnelte und wie lächerlich das Leben war. Teddy brüllte Derek an, und Derek warf den Aschenbecher nach ihm, statt Ursulas Schädel damit zu zertrümmern. Ursula sah nicht, ob der Aschenbecher Teddy getroffen hatte oder nicht, weil Derek sie an den Haaren packte, ihren Kopf hochzerrte und ihn erneut auf den Tisch knallte. Vor ihren Augen zuckte ein gleißender Blitz, doch der Schmerz begann nachzulassen.
    Sie glitt auf den

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