Die Unvorhersehbarkeit der Liebe
gekocht werden! … Es stimmt wirklich, die Zeichen des Schicksals trügen nicht, es ist sinnlos, dagegen aufzubegehren! Als ich hierhergekommen bin, wußte ich, daß ich viele Jahre in diesem Haus bleiben würde, auch wenn Ihr es nicht glaubt.«
»Ich glaube dir, Stella, aber wie kommt es, daß du dir dessen jetzt sicher bist?«
»Ich merke es an Jacopos Lächeln und Prandos Streichen … phantasievolle Streiche! Wißt Ihr, daß er gestern mit einem Sack voll getrockneter bunter Blätter den Fußboden dieses Zimmers ausgelegt hat? Und als ich hereingekommen bin, hat er gesagt: ›Siehst du die Überraschung? Ich habe dir wie der heiligen Rosalia einen Teppich ausgerollt!‹«
»Prando ist anstrengend, nicht wahr?«
»Überhaupt nicht! Der einzige Wermutstropfen ist, daß sie größer werden, und wenn sie einmal erwachsen sind, dann nehmen Freunde und dieser Ehrenkodex sie einem weg. Hätte ich doch bloß eine Tochter bekommen, Fürstin!«
»Hat dir Elena gesagt, daß wir schon bald ein Mädchen hier bei uns haben werden?«
»Nein, aber ich habe mir schon gedacht, daß Bambolina zu uns kommen würde, jetzt, wo sich die Seelen der Toten Eurer Nichte bemächtigt haben.«
»Sie bringen sie morgen früh.«
»Das arme Kind, für das die Mutter keinen Blick mehr hat! Wie machen wir es mit der Milch?«
»Keine Sorge, Stella. Carlo hat Milchpulver aus der Schweiz schicken lassen.«
»Wie soll das gehen?«
»Es geht, Stella. Wie es scheint, ist diese Milch bekömmlicher. Nicht nur erbricht sie sie nicht wie die Eselsmilch, sondern sie hat innerhalb von acht Tagen deutlich zugenommen.«
»Diese neumodischen Dinge machen mir Angst …«
»Nun, Stella, hast du immer noch vor, mir einen Kaffe zu kochen?«
»Heilige Mutter Gottes, sofort!«
»Erzähl mir, was geschehen ist. Bedrängt dich dein Vater wieder? Will er dich bei sich haben?«
»Nein, Fürstin. Er ist zwar zu mir gekommen, aber nur, um mir zu sagen, daß er sich mit meinen Brüdern auf den Weg macht, um einen Toten zu rächen. Und damit beginnt wieder das alte Lied wie damals, als ich klein war. Sie gehen weg und kommen verwundet oder gar nicht zurück. Aber ich will nicht darüber reden. Ich will nicht wie meine Mutter weinen und nur auf ihren Tod warten.«
»Hast du Angst um Melo, Stella?«
»Ich habe keine Angst mehr! Seinen Tod habe ich jahrelang beweint und erwartet, während ich Zeugin seines irren Lebens war. Und nur Frieden bei den Kindern suche ich noch, falls Ihr mich hierbehalten wollt.«
Das Buch blieb zugeschlagen auf dem Nachttisch liegen. Carlo schaute es in den wenigen Minuten der Ruhe lächelnd an.
»Morgen lesen wir ein paar Zeilen, nicht wahr, Modesta?«
»Natürlich, Carlo, morgen.«
Morgen … morgen … vierzehn Tage dauerte die Agonieaus Schweigen, Husten und unvermittelten Dämmerzuständen, die sofort wieder von Krämpfen und zwischen den weißen Zähnen rinnendem roten Blut unterbrochen wurden. Vierzehn Tage des Kampfes, ohne je zu verzweifeln oder vor der Dunkelheit zu kapitulieren, die sich Stunde um Stunde in seinen Augen ausbreitete. Carlo starb den schweren Tod eines Atheisten wie der Held, den er so sehr geliebt hatte.
Schon flüsterte man um mich herum: »Heldentod«, aber wer stirbt, hat unrecht, hat einen Fehler begangen. Ich wende die Augen von diesem Irrtum ab, um Pietros Weg zu folgen, der von fern berichtet:
»Ciccio Musumeci vor dem Ausgang des Mirone-Kinos kaltgemacht.«
»Turi Musumeci mit einer Kugel zwischen den Augen im Hain der Villa Pacini aufgefunden.«
»Vincenzo Tudia liegt noch wegen seiner Beinverletzung im Bett, aber man erwartet ihn schon, wenn er zum ersten Mal das Haus verläßt, meine Mody.«
Ich warte geduldig, den Blick auf Carlos heiteres Gesicht gerichtet. Jemand flüstert:
»Er sieht verjüngt aus!«
Im Tod wurde er wieder jung, seine schwarze Mähne vergrößerte den feuchten See der Augenringe und verlieh seinem abgezehrten Gesicht einen Ausdruck kindlichen Erstaunens.
»Er sieht aus wie ein kleiner Junge!« rief Elena überrascht.
Ich wende den Blick von diesem kleinen Jungen ab, um Pietros Worte zu vernehmen, der endlich verkündet:
»Vincenzo Tudia, hinter seinem Haus beim ersten Spaziergang mit eingegipstem Bein und Stock zusammengebrochen.«
Bei jedem Namen schaut Jose mich lächelnd an.
»Danke, Modesta. Morgen nach der Beerdigung reise ich ab. Ich war nur wegen Carlo gekommen, um ihn zum Handeln zu bewegen oder dazu, ins Ausland zu fliehen. Jetzt kehre ich in den
Weitere Kostenlose Bücher