Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts
jetzt nicht zusammenstehen, dann tun sie es, verdammt noch mal, nie wieder!« Grimbert hielt aufgewühlt inne und schnappte, von seiner langen Rede erschöpft, nach Luft.
Die Rebellen schwiegen betreten. Jonas sah zu Walrider hinauf. Der Alb war bewegt. Dann warf er einen Blick auf Ole und dessen Onkel. Sulemans Stirn war von Sorgenfalten durchfurcht. Oles Gesicht schien in Flammen zu stehen.
»Du willst, dass wir – ausgerechnet wir – der Kaiserin zu Hilfe eilen?«, fragte Suleman nach einer Weile. »Ist das dein Ernst?«
Die Rebellen ließen wieder ein Raunen hören. Neben Jonas schüttelte Walrider den Kopf.
Grimbert räusperte sich. »Nicht der Kaiserin sollt ihr helfen und das wisst ihr auch! Haben euch diese Jungen da etwa nicht gesagt, wie es steht?« Er zeigte erst auf Ole, dann auf Jonas, und Jonas stieg das Blut ins Gesicht. Er spürte, wie die Blicke der Umstehenden ihn trafen.
»Ja, Ole Mond! Ja, Jonas Nichts!«, knurrte Grimbert. »Ich bin schon noch draufgekommen, wen ich damals in Kanaria vor mir hatte! Abends, auf dem Exzerzierplatz. Ich habe eine Weile gebraucht. Aber als Faramund erschien und der Prozess platzte, da wusste ich, dass ihr es wart. Und? Habe ich euch verraten? Gejagt? Nein! Und auch diesen kleinen, runden Advokaten habe ich verschont, als er nach Kanaria kam. Diesen, diesen …«
Jonas durchfuhr es plötzlich heiß und kalt. Sein Mund stand offen.
»… Peregrin Aber, so heißt er«, sagte Grimbert.
In Jonas machte sich eine wilde, unbändige Freude breit. Das Wasser stieg ihm in die Augen. Peregrin Aber war durch den Schrank gegangen! Er war ihm gefolgt! Er hatte ihn nicht vergessen!
Ole und Fiet flüsterten sich etwas zu und sahen zu ihm hinüber. Wenn es noch eines Beweises bedurft hatte, dass Jonas’ Geschichte stimmte – hier war er.
»War …«, krächzte Jonas. »War er allein?« Sein Gesicht glühte jetzt, aber diesmal war es nicht das Fieber. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.
Grimbert räusperte sich. »Da war noch eine Frau bei ihm. Sie ist entkommen.«
Jonas’ Augen schwappten über. Eine warme Träne lief ihm über die Wange. Tabbi! Die herzensgute Tabbi! Er lächelte und schüttelte den Kopf und wischte sich endlich das Gesicht.
Der General fasste jetzt wieder Suleman und Fiet ins Auge, die sich die ganze Zeit über nicht gerührt hatten. »Die Frau und Lunette sind geflohen. Ebenso alle Trabanten. Soldaten, Diener, Richter, Köche.«
Tabbi und Lunette, dachte Jonas. Und der Hermes! Kanaria war verloren, aber die Freunde waren noch da. Wo auch immer sie gerade steckten, sie waren dem Hirten entkommen. Er suchte Oles Blick, aber Ole hatte nur Augen für Suleman und Grimbert. Die beiden Männer standen sich gegenüber, als wüssten sie nicht, ob sie sich in die Arme fallen oder einander die Zähne ausschlagen sollten.
»Wer ist noch im Schloss?«, fragte Suleman.
»Leopold und die Kaiserin sind gefangen. Und dieser kleine Advokat.«
Jonas ballte die Fäuste. Peregrin Aber war in Irmingasts Hände gefallen! Und Ruben?
Grimbert fuhr fort. »Der Hirte und Faramund sind ins Schloss eingezogen. In das, was vom Schloss noch übrig ist, soll das heißen. Der Hirte hat fürchterlich gewütet. Das halbe Schloss liegt in Trümmern. Überall wimmelt es jetzt von Jüngern. Und meine Kaserne ist voller Gefangener. Eure Freunde haben sie da eingekerkert! Auch Alben, Fängge, Faune! Selbst die Gefangenen aus dem Steinbruch haben sie hergebracht!«
Neben Jonas wurde eine Stimme laut. »Ist mein Vater dabei?«, fragte Walrider mit fester Stimme. »Trut?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Grimbert. »Ich nehme es an. Ich bin auf dem Weg hierher am Steinbruch vorbeigekommen. Es war niemand mehr da.«
Suleman Mond war einen Schritt zur Seite getreten. Er hatte den Kopf gesenkt und fuhr sich wieder und wieder mit dem Handteller über den Schnurrbart. Dann begann er auf und ab zu schreiten.
Alle Blicke lasteten jetzt auf ihm, und Walriders Albenhaar leuchtete, als schlüge es Funken. Die Stimmung war umgeschlagen, Grimbert hatte die Rebellen auf seine Seite gebracht. Jonas wusste nicht, wie die Beratungen gestern und über den Tag verlaufen waren, aber er war sich sicher – jetzt wollten die Rebellen nach Kanaria ziehen.
»Ihr könnt eure Leute befreien«, sagte Grimbert, und wenn er auch zu den Rebellen sprach, so sah er doch Suleman dabei an. »Ihr befreit sie jetzt oder ihr befreit sie nie!«
Suleman Mond war stehen geblieben, ein Stück weit von allen anderen
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