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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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»Überrascht. So, so.« Irmingast rieb sich die langen, schmalen Hände. »In Wirklichkeit haben Sie nichts von alldem hier für möglich gehalten!«, sagte er dann scharf. »Sie haben Claras verräterisches Testament als Unfug abgetan! In Ihrer blinden Selbstzufriedenheit hat nicht einmal der vierte Passus Sie aufmerken lassen! Erinnern Sie sich überhaupt noch? Jonas ist es lebenslang verboten, das Spielzimmer zu betreten . Und Sie? Sie haben dieses Spielzimmer nicht einmal aufgesucht! Ha!«
    Peregrin Aber verengte die Augen zu Schlitzen. Worauf wollte dieser Widerling hinaus? Wollte er ihm etwa Versagen vorwerfen? Ein Versagen als Vormund ?
    »Ich gebe zu …« Irmingast hatte begonnen, vor der Tür auf und ab zu wandern. »Ich gebe zu, dass mein Plan, hätten Sie anders gehandelt, gefährdet gewesen wäre.« Er blieb stehen, schüttelte selbstvergessen den Kopf und marschierte wieder los, die Hand am Kinn. »Wenn Sie begriffen hätten, Doktor, was dort im Spielzimmer vor sich ging – was dort seit Jahren vor sich ging! Wenn Sie auch nur geahnt hätten, dass dort etwas vor sich ging … Jawohl, mein Plan wäre ernstlich in Gefahr gewesen.« Irmingast blieb abrupt stehen und stierte den Advokaten an. »Von dem Jungen wusste ich, Doktor. Ich wusste, dass es ihn gab. Aber ich wusste nicht, dass man ihn außer Landes gebracht hatte! Ich habe ihn hier gesucht! Hier! Hinter dem Schrank!« Er schüttelte wieder den Kopf.
    Peregrin Aber sah ihm fassungslos zu. Er verstand kaum ein Wort, wollte sich das aber keinesfalls anmerken lassen. Fraglos sprach Irmingast von Jonas Nichts. Aber was sollte das bitteschön heißen – außer Landes gebracht ?
    »Nur deshalb habe ich gezögert, Doktor«, zischte Irmingast. »Ich war mir nicht sicher . Ich hatte einen Verdacht, das schon. Da waren seine Augen zum Beispiel. Diese sonderbaren Augen …« Irmingast wies mit einem dünnen Zeigefinger auf seine Brillengläser. »Wo war ich stehengeblieben?«, fragte er dann. Offensichtlich hatte er beim Gedanken an den jungen Jonas den Faden verloren.
    »Sie haben gezögert, sagten Sie.« Er würde ihn reden lassen, dachte der Advokat. Sollte er, Peregrin Aber, dieses Schloss jemals bei lebendigem Leib verlassen, würde er diesen Hochstapler nämlich vor Gericht zerren und dann würde jeder Anhaltspunkt wertvoll sein. Für einen glücklichen Moment sah sich Peregrin Aber schon an seinem Kanzleischreibtisch sitzen, den Schreiber Werk nach allem Nötigen schicken und eine feurige Klage verfassen.
    »Gezögert, ja«, murmelte Irmingast. »Und so meinen Plan gefährdet. Hätten Sie … Sie!« Irmingasts Zeigefinger bohrte sich in die Luft und zeigte auf Peregrin Aber. »Hätten Sie mir durch Ihre Untätigkeit nicht Aufschub gewährt, hätte alles noch schiefgehen können! Nach so vielen Jahren!« Er ließ den Arm sinken, mitgenommen, wie es schien, von der bloßen Erinnerung an die überstandene Gefahr. »Aber dann wusste ich Bescheid!«, bellte Irmingast. »Als der Junge die Figuren zu suchen begann, war mir alles klar.« In Irmingasts spitzem Gesicht glomm ein boshaftes Lächeln. »Nicht, dass der Junge wusste, was er da tat. Aber …« Der Zeigefinger schraubte sich jetzt in die Höhe, Irmingasts Stimme wurde schrill. »ICH wusste es! Ich wusste, wer er war!« Er schien sich zu beruhigen. »Also«, sagte er, »habe ich den Leuchter präpariert.«
    »Vergebens«, bemerkte Peregrin Aber trocken.
    »Pech!«, zischte Irmingast.
    »Und dann haben Sie Schurke auf den Jungen geschossen!«
    »Und ihn leider Gottes verfehlt.« Irmingast wanderte wieder. Sekundenlang war nur das Knirschen der Porzellanscherben zu hören, auf die er trat.
    Schließlich kam Irmingast näher und blieb bloße zwei Armlängen von Peregrin Aber entfernt stehen. »Es gibt zwei Gründe, warum Sie noch am Leben sind, Doktor.«
    Peregrin Abers Stirn legte sich in Sorgenfalten, glättete sich aber gleich wieder. Er würde kein Zeichen von Schwäche zeigen! Keines!
    »Der erste Grund«, sagte Irmingast, »ist natürlich der Junge. Sogar diesen tumben Tor von Diener, Ruben, habe ich am Leben gelassen. Und warum?« Irmingast zischte wieder. »Weil dieser Jonas Nichts ein lächerlich gutes Herz hat! Er folgt diesem Diener wie ein Hündchen! Er glaubt ernsthaft, er könnte ihn befreien.« Irmingast lachte auf. »Zweimal ist er mir knapp entwischt. Aber diesmal werde ich ihn kriegen. Und Sie, Doktor, sind wie Ruben mein Unterpfand. Sie sind Lockvögel!«
    Während Irmingast sprach,

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