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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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irgendwann gekommen war, Claras lange Krankheit und ihr Tod. Schau in die Ferne . Noch die Grabinschrift, die sie sich gewünscht hatte, erzählte von ihrem immerwährenden Spiel.
    »Bald«, sagte Arnon Blau, »ergriff das Spiel völlig von den Mädchen Besitz. Sie schufen eine ganze Welt. Sie gründeten Callamaar, die Hauptstadt ihres Spiels. Und Clara füllte Hunderte von kleinen Heftchen, in denen sie niederschrieb, was geschehen war. Für Leopold wurde ein Palast gebaut, Alma war ganz versessen darauf. Und Core bekam ein Theater.«
    Jonas dachte an Lubbe und wie er den Faun vor einer leeren Bühne angetroffen hatte. In Claras Gedankentheater hatte Lubbe sein Gedankentheater errichtet. Jonas lächelte versonnen.
    »Weißt du, woher der Name kommt? Callamaar?«, fragte Arnon Blau.
    Jonas machte sich nicht die Mühe zu antworten. Er lehnte einfach an der Wand, die Augen so fest geschlossen, wie es nur ging.
    »Sie haben den Namen aus den Buchstaben ihrer Namen zusammengesetzt«, sagte Arnon Blau. »Clara und Alma. Callamaar.«
    Beinahe hätte Jonas gelächelt. Callamaar .
    »Als es die Stadt erst gab«, fuhr Arnon Blau fort, »hat sich Clara nicht mehr mit den ursprünglichen Sieben begnügt. Sie hat Faune erfunden, Alben und Wichte. Hunderte von Wesen hat sie sich ausgedacht! Und alle hat sie mit so viel Leben gefüllt, dass sie selbst gar nicht mehr notwendig war, damit diese Wesen einander kennenlernten, Pläne schmiedeten oder auf Wanderschaft gingen.«
    »Hat Clara auch Ole erfunden?«, fragte Jonas.
    »Wen?«
    »Ole Mond«, sagte Jonas. Er lehnte immer noch an der Wand. »Ole ist zwölf. Wie ich. Er ist Sulemans Neffe.« Er machte die Augen auf und sah Arnon Blau ins Gesicht. »Und er ist mein Freund.« Er meinte das so. Ole hatte keine Wahl gehabt im Lager. Er hatte Jonas nicht verraten. Sein ganzes Leben hatte Ole geglaubt, Cores Prophezeiung erfüllen zu müssen. Und dann war er Jonas begegnet. Und womöglich hatte er viel früher als Jonas selbst begriffen, wem Cores Prophezeiung wirklich galt.
    Arnon Blau nickte nachdenklich. »Ich bin schon so lange im Spinnenpalast gefangen«, sagte er. »Ich kenne mich da draußen nicht mehr aus.« Er lächelte zaghaft. »Suleman hat einen Neffen?«
    »Ja.« Ole Mond nicht zu kennen kam Jonas wie ein Ding der Unmöglichkeit vor.
    »Wenn er einen Neffen hat«, sagte Arnon Blau, »und der Neffe zwölf ist, dann …« Er grinste auf einmal und rieb sich verwundert die Stirn. »Weißt du, Jonas … Wie soll ich das erklären?« Er rieb heftiger. »Stell dir ein Buch vor, ja?«
    Jonas nickte eifrig. Es war schön, an Ole zu denken. Ole brauchte gar nicht da zu sein, um Arnon Blau ein Grinsen zu entlocken. Das passte zu ihm.
    »Und dieses Buch«, sagte Arnon Blau, »erzählt eine Geschichte. Dem, der es liest, erzählt es eine Geschichte. Was aber passiert mit der Geschichte, wenn keiner sie liest? Geschieht trotzdem, wovon sie erzählt? Geht sie weiter? Braucht sie den Leser? Oder braucht sie ihn nicht?«
    Jonas überlegte. »Sie braucht ihn nicht«, sagte er. Bestimmt war es so. So musste es sein.
    »Ich glaube auch«, sagte Arnon Blau. »Die Geschichte geht weiter, ganz für sich. Und so ist es wohl auch mit Claras Spiel. Es geht weiter. Es braucht Clara nicht, es braucht mich und meinesgleichen nicht. Ole Mond wird geboren, dein Freund. Das ist gut.«
    »Ja«, sagte Jonas aus tiefster Überzeugung. Wenn Arnon Blau zu Ende wäre mit seiner Geschichte, wenn sie, irgendwie, einen Weg aus dem Spinnenpalast fänden, dann würde er Ole suchen. Genau das würde er tun!
    »Allerdings«, sagte Arnon Blau. »Das Spiel verwahrlost – ohne Clara.« Er hielt inne.
    Jonas hatte sich wieder gegen die Wand gelehnt.
    »Du hast von Ai und Cai gehört, nehme ich an. Den Schutzgeistern.«
    »Sie sind nicht mehr da«, sagte Jonas mit geschlossenen Augen. Hinter seinen Lidern tauchte Krempel auf. Es ist Cai, die uns verlassen hat , hatte er gesagt. Der Wicht stand wieder oberhalb der Quelle. Sie beide, Jonas und Krempel, sahen in die Senke hinab, wo der Bach entsprang, der Jonas hergeführt hatte. Alles andere folgt nur daraus , sagte Krempel.
    »Ja, sie ist nicht mehr da. Beide sind nicht mehr da«, murmelte Arnon Blau. »Aber weißt du auch, wer Ai und Cai waren?«
    Jonas dachte an sein Spiel, an die langen Nachmittage auf dem Hof und an den Räuberwald aus Tannenzapfen. Wer hatte den Wieflinger denn aus der Pfütze gerettet? Wer hatte ihm denn das Floß gebaut?
    »Ai und Cai«, sagte

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