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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Wangen, zog dessen Kopf zu sich heran und sah ihn verzückt an. »Diese Augen!« Er lachte weich. »Genau so. Eins grün und eins blau.«
    Jonas riss sich los. Etwas in ihm war geplatzt. »Du Schwein!«, brüllte er, so laut, wie er noch nie gebrüllt hatte. »Du hast sie umgebracht!« Er zitterte am ganzen Körper. Speichel lief ihm über die Lippen.
    Arnon Blau, immer noch auf den Knien, sah ihn fassungslos an. »Was habe ich?«, fragte er tonlos.
    »Du hast Core ermordet!«, schrie Jonas. »An der Quelle! Krempel hat dich gesehen!«
    Arnon Blau senkte den Kopf. Das lange, angegraute Haar fiel ihm über die Schultern. Dann stützte er sich mühsam mit einer Hand ab und stand langsam auf.
    In Jonas’ Ohren rauschte es.
    »Du tust mir bitter Unrecht«, sagte Arnon Blau sehr leise. Er lächelte schmal, wie unter Schmerzen.
    »Krempel hat dich gesehen!«, brüllte Jonas wieder. »Krempel hat gesehen, wie du weggelaufen bist!« Seine Stimme verlor an Kraft.
    »So?«, sagte Arnon Blau schwach. »Weglaufen hat er mich sehen. Und? Bin ich deshalb ein Mörder?«
    »Sie war tot!« Das Brüllen tat Jonas jetzt weh. »Und außer dir war niemand da!«
    »Ja«, sagte Arnon Blau rau.
    »Warum?«, krächzte Jonas. »Warum hast du das getan?«
    Für ein paar quälend lange Sekunden war es ganz still in dem großen, leeren Raum. Ratlos standen sich Jonas und Arnon Blau gegenüber. Ein Ankläger und ein Angeklagter – für den Augenblick waren beide bloß traurig.
    »Ich habe es nicht getan«, flüsterte Arnon Blau dann. Er klang überhaupt nicht wie einer, der sich verteidigen musste.
    Aber Jonas wollte wütend sein! Er ballte die Fäuste. Es strengte ihn an.
    Doch Arnon Blau hatte sichtbar keine Angst mehr vor ihm. Ganz ruhig stand er da, so schief, wie er gewachsen war. Dann fuhr er sich über die hohe, bleiche Stirn. »Verrat mir noch eins, bevor du kurzen Prozess mit mir machst«, sagte er. »Wie haben sie dich genannt?«
    »Was?« Jonas wurde schwindlig.
    »Wie haben sie dich genannt? Welchen Namen haben sie dir gegeben?«
    Mit Mühe stammelte er seinen Namen. »Jonas.«
    Arnon Blau wiederholte ihn leise. »Du kennst die Geschichte mit dem Wal, oder? Der Wal, der den biblischen Jonas ausgespuckt hat. Hat Ruben dich so genannt? Oder war es Clara? Es war Clara. Habe ich recht?«
    Clara? Die tote alte Frau? Wie konnte sie ihm seinen Namen gegeben haben? »Ich verstehe nicht«, stammelte Jonas.
    »Nein«, sagte Arnon Blau. »Du verstehst nicht. Wie könntest du auch? Hör zu. Ich habe Core nicht ermordet.«
    Plötzlich wünschte Jonas sich fort. Die Wut war weg und hatte alle seine Kräfte aufgezehrt. Für einen Moment blitzte die Erinnerung an Elsa auf. Sie hatte ihm vom Propheten Jona erzählt. In der Küche, bei Brand, an einem verregneten Nachmittag. Er wusste es noch. Jona war ein ängstlicher Mann gewesen, so stand es in der Bibel, die Elsa kannte, ohne sie lesen zu können. Jona war weggelaufen. Dann hatte ihn der Wal geschluckt und da ausgespuckt, wo er hingehörte.
    »Hör doch!«, sagte Arnon Blau. »Ich habe Core nicht ermordet.«
    »Nein?«, flüsterte Jonas.
    »Nein. Bestimmt nicht. Aber ich war bei ihr, als sie starb. Ich war deinetwegen da.«
    Jonas starrte den bleichen Mann an wie ein Gespenst.
    »Ja, deinetwegen. Ich war da, um dich zu holen. Kennst du die Prophezeiung? Cores Prophezeiung?«
    Jonas’ Hals wollte seinen Kopf nicht mehr tragen. »In der Stunde von Cores Tod sollte ein Junge geboren werden, der …« Er konnte nicht weiterreden. Es war schwer genug, auf den Beinen zu bleiben.
    »Genau«, sagte Arnon Blau. »Bist du in Wunderlich gewesen?«
    Jonas nickte. Selbst das kostete Anstrengung.
    »In der Bibliothek?«
    Jonas nickte wieder. Sein Herz raste.
    »Hast du Claras Porträt dort gesehen?«
    »Ja.« Er kriegte den Mund kaum noch auf.
    »Core ist darauf zu sehen. Die Puppenspieler-Figur. Clara hält sie in der Hand.«
    »Ich weiß«, flüsterte Jonas.
    »Und du bist auch auf dem Bild.« Arnon Blau langte in seine Rocktasche. »Mach deine Hand auf.«
    Ganz langsam, wie betäubt streckte Jonas sie ihm hin.
    Behutsam legte Arnon Blau etwas winzig Kleines hinein.
    »Was ist das?«, flüsterte Jonas. Er sah auf seine Hand. Es war bunt. Es war eine Sonneberger Figur, oder besser – ein Teil davon. Jonas erkannte sie gleich. Es war die winzige Marionette, die zu dem Puppenspieler gehört hatte. Sie war nicht größer als ein Fingerglied. Jemand schien sie abgebrochen zu haben.
    Jonas beugte sich über

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