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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Kartoffeln, die im Keller keimen«, sagte sie dann.
    »Und warum haben sie sich zerstritten, wenn sie doch immer zusammen gespielt haben? Und warum hat Clara nicht Alma das Haus vererbt, sondern mir? Was habe ich denn mit all diesen Dingen zu tun?« Jonas Stimme war jetzt dünner, als ihm lieb war.
    Tabbi antwortete lange nicht. »Ruben würde mir den Hals umdrehen, wenn er uns jetzt hören könnte«, sagte sie schließlich.
    »Ruben hat mir einen Zettel geschrieben!«, platzte Jonas heraus. »Darauf steht, dass er mich beschützt!«
    »Eben«, sagte Tabbi tonlos. »Du sollst das alles überhaupt nicht wissen. Ruben will nicht, dass du es weißt. Clara wollte es nicht.«
    Jonas biss die Zähne zusammen. Er wollte Tabbi unbedingt zum Reden bringen, aber jetzt, wo sie Ruben erwähnt hatte, war er nicht mehr sicher, ob es gelingen würde.
    »Als Ruben mich zu Brand gebracht hat«, fing er wieder an, »als ich ein Baby war, ist er da von hier gekommen? Bin ich in Wunderlich geboren?« Er dachte an den ersten Zettel, den Ruben ihm zugesteckt hatte. Niemandem sollte er verraten, dass er zwölf war. Aber auch das war ihm gerade egal. Wenigstens der Köchin würde er die Wahrheit sagen. Ihr vertraute er. »Ich bin zwölf Jahre alt, Tabbi. Hat Ruben mich vor zwölf Jahren von hier weggebracht?«
    »Das musst du Ruben fragen. Ich war nicht dabei.«
    »Wo nicht dabei? Was war denn vor zwölf Jahren?«
    Tabbi stieß sich vom Spülstein ab. »Möchtest du Milch?«
    »Tabbi! Was war vor zwölf Jahren?«
    Aber sie beachtete ihn nicht. Stattdessen ging sie zum Herd, öffnete die Klappe und schürte das Feuer. Erst als Jonas schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, fing sie an zu reden. »Ich weiß nicht, ob es vor genau zwölf Jahren war, aber um diese Zeit hat sich alles verändert. Clara und Alma stritten nur noch, sie fauchten sich immer an und redeten dann gar nicht mehr miteinander. Obwohl sie beide noch ins Spielzimmer gingen und tagelang dort blieben. Ich weiß nicht, was sie da gemacht haben. Sie gingen alleine rein und alleine raus, aber drinnen waren sie zusammen. Dann wurde Clara krank. Sie musste das Bett hüten. Sie war gelähmt, Jonas. Sie konnte keinen Schritt mehr tun. Sogar in diesem Rollstuhl konnte sie nur eine Weile sitzen.«
    »Und dann?« Innerlich zitterte er. Jedes Wort saugte er auf.
    »In der Nacht, als Clara der Schlag traf, haben wir alle gedacht, dass sie stirbt. Ruben ist den Doktor holen gefahren, mit der Kutsche, aber Clara wollte nicht, dass er fährt. Er muss ins Spielzimmer, hat sie immer gerufen, und als Ruben mit dem Doktor kam, am nächsten Morgen, hat er noch vor dem Doktor ins Zimmer müssen, zur Baroness, und sie hat ihn fortgeschickt. Er war bestimmt eine Woche lang weg. Oder länger. Ich weiß nicht, wo er war.« Tabbi hockte jetzt vor dem Herd. Sie erzählte atemlos.
    »Und Irmingast?«, fragte Jonas. »Wo war Irmingast?« Er hatte nicht vergessen, dass auch die Spuren des Pfarrers zum Turm führten.
    »Irmingast.« Tabbi richtete sich wieder auf. »Er ist auch so um diese Zeit gekommen. Ja – noch bevor Clara krank wurde. An seiner Kutsche ist ein Rad gebrochen, damals, hier in der Nähe, und als es wieder heil war, hat Alma ihn gebeten zu bleiben. Oder er hat sich selbst eingeladen – was weiß denn ich!« Tabbi schnaufte. »Und jetzt reicht es, Junge. Das ist alles vorbei. Vorbei und vergessen!«
    Nichts ist vorbei, dachte Jonas, gar nichts, und er beschloss, seine letzte Karte auszuspielen. »Wer ist Arnon Blau?«, fragte er und sah, wie Tabbi erschrak.
    »Woher kennst du diesen Namen?« Sie flüsterte wieder.
    »Er steht im Heft. Vorn auf der ersten Seite. Und da steht auch ein Datum, Tabbi. Arnon Blau war vor zwölf Jahren auch hier, stimmt’s? Du hast mir nicht die ganze Geschichte erzählt!«
    »Ruben wird mich vierteilen«, sagte Tabbi tonlos. »Das kann nicht gut gehen.«
    »Sag es mir! Bitte!«
    Plötzlich sprach Tabbi ganz schnell, so als wollte sie es nur noch hinter sich bringen. »Der Herr Blau war nur kurze Zeit hier. Er hat hier gearbeitet. Er war Claras Sekretär. Frag mich nicht, was er gemacht hat. Er hat Papiere sortiert. Der liebe Gott weiß, wo diese Papiere alle herkamen! Und dann ist er eines Tages einfach verschwunden. Ohne seine Sachen, ohne alles. Sogar seine Kleider waren noch in seinem Zimmer. Und er war einfach weg. Clara war damals sehr aufgeregt. Wer weiß, ob sie nicht deshalb so krank wurde. Aber Arnon Blau blieb verschwunden. Bis heute.« Abrupt

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