Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
Vom Netzwerk:
brach sie ab. Sie atmete schwer.
    »Verschwunden?«, fragte Jonas.
    »Er war ein seltsamer Mensch.« Tabbi sah ihn an und sah doch an ihm vorbei. »So still. Für sich. Ich sehe ihn noch draußen spazieren gehen. Sein eines Bein war kürzer als das andere, weißt du. Er ging so komisch deswegen. Wie eine Waage, die sich nicht auspendeln wollte.«
    »Er ist einfach verschwunden ?«, fragte Jonas noch einmal.
    Tabbi schluckte. »Hör auf«, sagte sie gequält. »Hör bitte auf! Und schau mich nicht so an mit deinen komischen Augen. – Das ist alles, was ich weiß.«

Das 9. Kapitel
bringt jede Menge Scherben
    An diesem Nachmittag reiste der Wieflinger nach Callamaar. Jonas’ gute Mütze hatte sich in ein Schiff verwandelt, der Wieflinger hatte unsichtbare Segel gesetzt und war in See gestochen. Er war in einen Sturm geraten, der mit Jonas’ Stimme heulte, er hatte, von der Gischt durchnässt, wie ein Wilder Wasser geschöpft, und doch war das Schiff gesunken. Aber der Wieflinger war ein guter Schwimmer. Nach Stunden im Wasser, die wie Minuten vergingen, schleppte er sich mit letzter Kraft an ein Ufer. Er war auf der Suche nach einem Mann namens Arnon Blau, der zuletzt in Callamaar gesehen worden und dann verschwunden war. Der Wieflinger lag da und atmete schwer. Seine Hände krallten sich in den feuchten Ufersand. Langsam verlor er das Bewusstsein.
    Tabbi weckte ihn. Sie rüttelte an seiner Schulter.
    »Was?«
    »Aufwachen!«
    Jonas rieb sich die Augen. Er war auf seinem Bett eingeschlafen, sogar die Joppe hatte er noch an. In der Hand hielt er den Räuber. Der Kiesel war ganz warm. Vor ihm auf dem Bett lagen der König, der Soldat und der geheimnisvolle dritte Mann. Sie lagen dort wie auf einer Insel.
    Tabbi verbarg etwas in ihrer Schürze. »Also«, sagte sie. »Wo du so neugierig bist!« Sie schüttelte die Schürze aus und etwas plumpste auf Jonas’ Bettdecke.
    Augenblicklich war er hellwach.
    »Wo hast du das her?«
    Er griff nach einer der beiden Figuren. Ein kleiner, abgerissen wirkender Junge auf dem üblichen grünen Podest. Noch ein Sonneberger Spielzeug.
    »Aus Claras alter Studierstube.« Tabbi stemmte die Hände in die Hüften.
    Jonas nahm sich die zweite Figur. Sie war prachtvoll. Ein kräftiger Mann in einem langen blauen Kaftan, mit einem weißen Turban auf dem Kopf und einem dichten, schwarzen Schnurrbart im Gesicht. Am langen Zügel führte er ein weißes Pferd mit rotem Sattel und Zaumzeug. Jonas dachte an Brands Erzählung, an den Reiter in der stürmischen Nacht. Brand hatte nie ein eigenes Pferd gehabt.
    »Das nennt man einen türkischen Reiter, glaube ich«, sagte Tabbi.
    Jonas strich mit dem Zeigefinger über den glatten Hals des Schimmels. »Und der Puppenspieler?«, fragte er. »Die Figur von Claras Bild?«
    Tabbi schüttelte den Kopf. »Das sind die Einzigen und ich habe bestimmt nichts übersehen. Ich habe das ganze Zimmer auf den Kopf gestellt. Weißt du, wo diese beiden waren?« Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause. »Unter dem Fußboden. Unter einer Bohle. Sie waren versteckt, Jonas. Clara hat sie versteckt!«
    »Oder Ruben«, sagte Jonas. Er hatte begriffen, dass Ruben Claras Wünsche erfüllte – über ihren Tod hinaus. Er drehte und wendete den türkischen Reiter. Ob er einen Namen hatte? Ob Clara ihm einen gegeben hatte?
    »Wenn du Ruben etwas von den Figuren erzählst«, sagte Tabbi, »sind wir geschiedene Leute.«
    »Ich sag ihm nichts«, sagte Jonas, obwohl er wusste, dass ihm das schwerfallen würde. Ruben war sein Freund. Daran hatte er keinen Zweifel. »Warum waren die Figuren versteckt, Tabbi? Wer sollte sie nicht finden?«
    »Na, wer wohl?« Mit einem Seufzer setzte sich Tabbi aufs Bett. »Alma natürlich. Aber es ist bloß Spielzeug, Junge. Altes Spielzeug. Es bedeutet nichts. Für uns, meine ich.«
    Jonas war sich da nicht so sicher, aber das sagte er nicht. Er legte den türkischen Reiter zur Seite und schaute sich noch einmal den Jungen an. Der grinste so keck unter seinem Mützenschirm hervor. Dann griff er nach Elsas Pappköfferchen und legte alle fünf Figuren vorsichtig hinein. Schließlich legte er auch den Wieflinger dazu. Jetzt waren sie zu sechst.
    »Ich habe versucht, deine Spuren im Schnee zu verwischen«, sagte Tabbi und stützte den Kopf in die Hände. »Ich habe geschaufelt und geschaufelt, aber ich glaube, es war zu spät. Irmingast und Alma waren schon zurück. Ich weiß nicht, ob sie etwas bemerkt haben.« Sie sah ihm dabei zu, wie er das

Weitere Kostenlose Bücher