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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Köfferchen unters Bett schob – vorerst. Auf Dauer bräuchte er ein besseres Versteck.
    »Ich weiß nicht, was hier los ist, Jonas«, sagte Tabbi aufgeregt, »aber wir müssen jetzt zusammenhalten. Wir dürfen uns nicht mehr aus den Augen lassen. Der Herr Doktor hat mir erzählt, dass er sich Sorgen macht. Wegen des Testaments. Dass Alma dir etwas antun könnte! Ich hab das erst gar nicht glauben wollen! Aber jetzt …«
    »Aber jetzt? Was ist denn jetzt?« Jonas hatte mehr Angst vor Irmingast als vor Alma und im Moment schienen ihm beide weit weg. Er war in seinem Zimmer, Tabbi saß vor ihm auf seinem Bett, und er hatte angefangen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Er hatte fünf Sonneberger Figuren. Er wusste mehr, als Alma und der Pfarrer ahnten.
    Oder stimmte das gar nicht? Was wusste er schon wirklich? Von einem Augenblick auf den nächsten glaubte er zu schrumpfen.
    »Es ist nur so ein Gefühl.« Tabbi strich ihm über das Haar. »Aber ab jetzt isst du bei mir in der Küche. Einverstanden?«
    Jonas nickte. »Wann kommt Ruben, Tabbi?«
    »Bald.«
    In den nächsten Stunden wich Jonas Tabbi nicht von der Seite. Er half ihr, das Abendessen vorzubereiten, wischte mit ihr im Speisezimmer Staub, sah ihr beim Plätten zu und folgte ihr sogar in die dunkle Speisekammer, wo in einem hölzernen Kasten die Kartoffeln lagerten.
    Als er die verschrumpelten Knollen sah, musste er daran denken, was Tabbi gesagt hatte. Sie waren wie Kartoffeln, die im Keller keimen .
    Wo Callamaar wohl lag?
    Jonas dachte an den Wieflinger. Ob er und der König und der Soldat, der Mann mit dem seltsamen Gerät, der Junge und der türkische Reiter schon ein Lagerfeuer entzündet hatten, Fleisch aus den Satteltaschen des Schimmels brieten und sich ihr seltsames Leben erzählten? Nein. Wenigstens den König konnte er sich nicht an einem Lagerfeuer vorstellen.
    Er sah noch einmal auf den Kartoffelkasten hinab.
    Dann folgte er Tabbi wieder in die Küche und die Angst holte ihn ein. War er zu weit gegangen? Hätte er die Figuren und das Heft besser an ihrem Platz gelassen?
    Einmal, als er mit dem Lappen über den Tisch im Speisezimmer fuhr, war er sich sicher, Schritte zu hören, die sich Richtung Südflügel verloren, aber als er dann stocksteif dastand und sogar den Atem anhielt, war es doch wieder ganz still. Nur Tabbi rumorte hinter der Tür. Wild entschlossen schwang sie den Besen, verschob Teppiche und rückte sie wieder zurecht, und wenn sie bemerkte, dass Jonas ihr zusah, summte sie sogar dabei. Nicht besonders überzeugend allerdings. Eigentlich knurrte Tabbi bloß melodisch.
    Als die Dämmerung in die Fenster fiel, hatten sie sich bis in die große Halle vorgearbeitet. Tabbi kratzte mit dem Besen über den Steinfußboden und Jonas stand mit einem Kehrblech und einem Eimer bereit. Eigentlich sahen sie kaum noch etwas, aber mit der Arbeit aufhören wollten sie auch nicht. Vielleicht fürchtete sich auch Tabbi vor dem Abend. Jonas fürchtete sich jedenfalls.
    »Hörst du das?«, fragte er.
    Es war ihm wie ein Knirschen vorgekommen.
    »Was?«, fragte Tabbi.
    »Das knackt so.«
    »Ich hör nichts.«
    »Doch! Da ist es wieder! Lass doch mal das Fegen sein!«
    Tabbi hielt inne und stützte sich auf den Besenstiel. Aber jetzt war es still.
    »Ich hör wirklich nichts.«
    »Ich glaube, es kam von der Treppe.« Jonas sah die breiten Stufen hinauf, die sich nach oben hin schon im Dunkel verloren.
    Tabbi schaute ihn zweifelnd an. Dann machte sie ein entschlossenes Gesicht. »Hallo?«, rief sie die Treppe hinauf. »Hochwürden? Baroness?«
    Statt einer Antwort knirschte es noch einmal. Viel lauter als zuvor.
    Jonas zuckte zusammen.
    Was konnte das nur sein?
    Sein Blick schweifte noch einmal über die Treppe und die im Dunkeln verborgene Galerie bis zur Decke. Dort hing der Leuchter und schimmerte im letzten Licht.
    Der Leuchter …
    Es knirschte wieder und Jonas sah den Leuchter sacken. Hunderte von Kristallperlen schlugen in diesem Augenblick gegeneinander, ein hoher zitternder Ton füllte die Halle.
    »TABBI!«
    Sie stand genau unter dem Leuchter! Jetzt riss sie den Kopf hoch. Der Besenstiel schlug auf dem Boden auf. Es knirschte wieder, tausendfach schlug Glas gegen Glas, und in dem Moment, als Jonas begriff, dass der Leuchter fallen würde, stürzte er vor, sprang Tabbi an und riss sie im Fallen fort. Ineinander verkeilt stürzten sie, auf allen vieren kroch Jonas weiter.
    Der Leuchter sauste singend herab und zerbarst. Der Krach war

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