Die unwillige Braut (German Edition)
war, hatte er nie mehr als einen flüchtigen Gedanken daran verschwendet, sich eine Engländerin auf Dauer ins Bett zu holen. Bis jetzt.
Doch diese eine stellte nicht nur eine Herausforderung dar, es glich eher einem Kreuzzug, um den Grund für so viel Zorn herauszufinden und ihn in positive Energie umzuwandeln – in Liebe. Zu schade, dass dieser Affe versucht hatte, sie zu küssen mit seinem Mund voller Zahnstummel. Jetzt musste er, Jude, ihr zeigen, wie es sein sollte, solange ihr Widerstand noch geschwächt war, und dann musste er herausfinden, wie er de Lessay am besten von der Position verdrängte, in die ihn der König soeben erhoben hatte.
Der Ritt durch Yorks überfüllte Straßen hätte nur Minuten gedauert, wenn es mehr als eine Brücke gegeben hätte, die über den Fluss führte, denn das Münster und Toft Green lagen nur einen Katzensprung voneinander entfernt an gegenüberliegenden Ufern. Rhoese, die noch immer sehr aufgewühlt war, bekam von der Reise überhaupt nichts mit. Unter gewöhnlichen Umständen hätte sie es genossen, den Strom der Pilger und Kaufleute zu sehen, fremde Gesichter und ungewöhnliche Kleidung, Händler und ihre Wagen, aber nicht an diesem Tag und nicht von ihrem Platz aus, hinter einem Normannen. Ausgerechnet bei einem von ihnen, die von allen Fremden am meisten verhasst und gefürchtet waren. Nach zweiundzwanzig Jahren wurden sie noch immer nicht akzeptiert, auch schien es nicht so, als würden sie sich darum bemühen. Und jetzt sah es so aus, als würde sie an einen von ihnen für immer gefesselt werden, gekauft und bezahlt, betrogen von ihrer Stiefmutter, die nicht nur ihr Heim für sich begehrte, sondern auch wollte, dass sie verschwand.
Sie überquerten den Ouse auf einer hölzernen Brücke, wo die Schiffe ihres verstorbenen Vaters am Kai lagen und wo die Kostbarkeiten, die sie aus den nördlichen Häfen mitgebracht hatten, gelöscht wurden. So spät im Jahr setzten nur wenige Kaufleute die Segel, noch weniger verstanden, warum Gamal sich entschieden hatte, es zu tun. Rhoese fragte sich, ob Warin wohl da war, und ob er sich wohl umdrehen und sie sehen würde, wie sie hinter diesem schweigsamen normannischen Ritter saß. Doch er war nirgends zu entdecken, und dann waren sie auf der Micklegate , der "Hauptstraße" des alten Norse, und beinahe zu Hause. Dort musste sie ihren Leuten sagen, dass ihre schlimmsten Befürchtungen wahr geworden waren, in einer Zeitspanne, die man für ein Vaterunser brauchte.
Der Knappe saß ab und öffnete das Tor von Toft Green. Sie ritten in den Hof, der verlassen da lag. Nur eine Gänseschar stob vor den Hufen davon. "Bring das Mädchen hinein", sagte Jude zu ihm. "Sag ihnen, dass wir kommen."
Es wäre Rhoese lieber gewesen, nicht auf diesen Mann angewiesen zu sein, doch es war sehr umständlich für sie, ohne Hilfe abzusteigen, daher blieb sie allein auf dem Hengst sitzen, während der Ritter beide Pferde zum Stall führte und sie an den Ringen an der Wand festband. Dann kam er zu ihr, umfasste ihre Taille, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich vorzubeugen und wie ein Kind in seine Arme fallen zu lassen. Ohne ein Wort trug er sie in den Stall, wo es seltsam süß und vertraut nach einer Mischung aus Mist, Heu und Pferd roch. Dort stellte er sie behutsam ab, zwischen der Holzwand und seiner hochgewachsenen Gestalt.
Sie wollte sich wehren, doch diese Begegnung schien ihr so unwirklich wie die vorherige, nichts ergab mehr einen Sinn, nichts und niemand. Mit einer raschen Bewegung nahm er den Helm ab und legte ihn auf einen Getreidesack. Dann zog er die lederne Kappe vom Kopf, so dass sie sein dichtes dunkles Haar sehen konnte, das sich wie Seide um seinen Kopf schmiegte. Jetzt war er wieder derselbe Mann, mit dem sie sich gestern auseinander gesetzt hatte, und jetzt wusste sie mit Gewissheit, dass dies die Fortsetzung davon werden würde.
Sie stemmte die Hände gegen seine Brust, doch mit einer geschickten Bewegung schob er sie beiseite, fasste ihren Ärmel und wischte ihr über das Kinn, wo noch der Geruch von de Lessay lag. Er hielt ihr Gesicht fest, sah in ihre Augen und entdeckte dort Verwirrung und Zorn, schließlich Abwehr. Und er sah eine Warnung darin. "Oh nein, Normanne", flüsterte sie und stieß wieder gegen ihn. "Ich bin für Euch unerreichbar. Euresgleichen schulde ich keinen Dank für die Geschehnisse des heutigen Tages, und ich bin auch nicht bereit, mich weiter so behandeln zu lassen. Es gibt keinen Mann, den
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