Die unwillige Braut (German Edition)
ich in meiner Nähe haben will …"
Er wartete nicht ab, um auch noch den Rest zu hören, denn nichts davon war wichtig für ihn, und es gab zu wenig Zeit für Erklärungen. Er packte ihre Handgelenke, hielt sie hinter ihrem Rücken fest und drängte sie gegen die Wand, und obwohl sie die Absicht gehabt hatte, sich zu wehren, ihm die Augen auszukratzen, zu treten und zu schreien, versetzte sein Kuss sie in vollkommene Reglosigkeit, sog ihr die Kraft aus sämtlichen Gliedern. Mit all ihren Sinnen konzentrierte sie sich auf die Süße dieses Augenblicks, vergaß zu kämpfen oder über Widerstand nachzudenken oder darüber, wie sinnlos das alles war. Etwas ganz hinten in ihrem Kopf flackerte wie eine Flamme in einem Luftzug, leuchtete kurz auf, wie um einen Edelstein zum Glänzen zu bringen, etwas Kostbares und Seltenes, das bei ihr war und trotzdem unendlich fernblieb. Dann war es verschwunden, und sie spürte seine Lippen, wie er ihr nahe war und trotzdem noch Raum ließ für Worte. "Ihr irrt Euch, Frau", flüsterte er. "Ihr seid für mich keinesfalls unerreichbar. Oder? Und ich werde Euch noch viel näher kommen, glaubt mir das."
Sie öffnete die Augen, und das Leben kehrte in ihren Körper zurück, ohne dass sie sich darum bemühen musste. Sie wehrte sich, drehte und wand sich. Dann, als er keine Anstalten machte, sie loszulassen, war sie gezwungen abzuwarten und seinen Blick zu beobachten. Sie wusste, dass er keineswegs mit ihr fertig war und dass sie warten musste, bis das der Fall sein würde. Und obwohl seine Überheblichkeit sie wütend machte und beunruhigte, spürte sie noch immer seinen Geschmack auf ihrer Zunge, der sie betörte und erregte und sie in seinem Bann hielt. Wieder fühlte sie, dass er sie beherrschte, als sie die Augen schloss, und alles, was sie bisher über den Kuss eines Mannes zu wissen glaubte, wurde weggewischt mit der nächsten Berührung seiner Lippen, als würde sie von einem erlesenen Wein kosten, nachdem sie bisher nur abgestandenes Wasser getrunken hatte.
Doch so viel Süße konnte sie so kurz nach den grässlichen Ereignissen dieses Nachmittags nicht ertragen, und ihr Herz sehnte sich nach etwas Ruhe nach so vielen Aufregungen. Mit einem Aufschrei wandte sie sich ab. "Lasst mich in Ruhe – nein, bitte – geht weg! Lasst mich. Lasst mich!"
Sofort ließ er sie los, umfasste ihre Ellenbogen, wie er es zuvor getan hatte, als der Boden unter ihren Füßen geschwankt hatte. Er wartete auf die unvermeidlichen Fragen und die Zurückweisung, fühlte, wie sie vor Zorn zitterte.
"Wer glaubt Ihr zu sein?" fuhr sie ihn an. "Beleidigt Ihr normannische Frauen auch auf diese Weise, Sir?"
"Judhael de Brionne", sagte er und rückte den Schleier aus Leinen auf ihrem Kopf zurecht. "Ich bin ein Vasall des Count Alan of Richmond, und ich kam in seiner Begleitung im Gefolge des Königs. Und meiner Meinung nach hilft es Euch keinesfalls weiter, wenn Ihr wisst, was ich mit normannischen Frauen zu tun pflege, Mylady. Wichtiger ist es für Euch zu erkennen, dass manche Normannen geschickter sind als andere. Im Augenblick mögt Ihr de Lessay gehören, aber das muss sich ändern."
"Ich kann kaum glauben, dass ich dieses Gespräch führe", sagte sie und versuchte, ihn mit dem Blick aus ihren großen, schimmernden Augen einzuschüchtern. "Ihr sagt mir, dass ich nicht nur diesen … diesen Grobian heiraten, sondern Euch auch noch als Geliebten nehmen soll? Ist es das?"
Er stemmte eine Hand gegen die Wand hinter ihr und beugte sich so nahe zu ihr herüber, dass sie fürchtete, er könnte in ihren Augen lesen, was sie so gern vor ihm verborgen hätte. "Nein, Mylady, das ist es nicht. So deutlich, wie ich es vermag, sage ich Euch, dass Ihr mir gehört. Versteht Ihr? Mir!"
"Ah, also geht es um meinen Besitz. Ihr habt ihn gesehen. Ihr wollt ihn haben, und jetzt seht Ihr einen Weg, wie Ihr ihn bekommen könntet. Nun, das würde Euch nicht zu viele Mühen bereiten, oder? Ihr müsst dem König nur mehr bieten, was er nicht ablehnen wird – natürlich nicht –, und dann könnt Ihr meine Besitztümer denen zurechnen, die Ihr von Count Alan bekommen habt. Gut gemacht. Aber wenn Ihr glaubt, von mir irgendwelche Unterstützung zu bekommen, Ritter, dann täuscht Ihr Euch. Von mir bekommt Ihr gar nichts."
Beinahe berührte seine Nase die ihre, so nahe war er an ihrem Gesicht und dem Blick in ihr Herz. "Eure Unterstützung brauche ich nicht, Rhoese of York. Ich glaubte, das hätte ich bereits gezeigt. Und außerdem
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