Die unwillige Braut (German Edition)
unberechenbar, und er verschloss sich jedem Argument, das von einer Frau vorgebracht werden konnte. Sein Sinn für Humor war außerordentlich grotesk, und er war derart unsensibel, dass eine Verlängerung dieser Diskussion nur peinlich sein würde. Wieder wandte sie sich zu dem Ritter um, der hinter ihr stand, in der Hoffnung auf ein wenig Verständnis von irgendeinem menschlichen Wesen, aber er blickte zum anderen Ende der Halle, wo ein Gedränge und Geschubse herrschte, begleitet von derben Ausrufen und brüllendem Gelächter. Ein Mann trat hervor, herbeigeholt durch einen Wink Seiner Majestät.
"Kommt her, Ralph", rief der König rau. "Euer Gebot ist es, das ich annehme. Sie gehört Euch, zusammen mit ihrem Anwesen. Das ist nicht eben klein. Wie der Rest von ihr ist, vermag ich nicht zu beurteilen, das müsst Ihr selbst herausfinden." Das Gelächter, das er mit seiner rohen Bemerkung verursacht hatte, trieb ihr das Blut in die Wangen, und plötzliche Angst stieg ihr in die Kehle und verursachte ihr Übelkeit. Nur vage nahm sie den Griff um ihren Oberarm wahr, jemand zog sie an seine Brust, über der ein Kettenhemd lag, und als sie sich umdrehte nach jenem, der sie da stützte, stellte sie fest, dass der Ritter sie noch immer nicht ansah, sondern den Mann, der jetzt nach vorn gestoßen wurde, bis er neben ihnen stand.
"Kommt näher", sagte der König zu Rhoese. "Lernt Euren zukünftigen Gemahl kennen. Ralph ist ein guter Kämpfer, es gibt keinen besseren. Er ist ein treuer Vasall, er verdient eine Belohnung. Hier, Ralph de Lessay, holt Euch diese Frau hier ins Bett, damit sie es Euch wärmt, Mann. So solltet ihr ein paar Erben bekommen, falls ihr wisst, wie man das macht."
Das Gelächter und der Applaus waren jetzt so laut, dass niemand auf Rhoeses Einwände achtete, doch der Ritter hielt noch immer ihren Arm gepackt, als hätte er vergessen, sie loszulassen. Außerdem hatte er nicht gelacht.
"Lasst sie los, Judhael de Brionne", befahl der König. "Ihr seid das nächste Mal dran. Diese hier ist für de Lessay. Loslassen, Mann!"
Als er langsam seinen Griff lockerte, fühlte Rhoese, wie sie durch ein Meer von Gesichtern getrieben wurde, in dem sie die strahlende Miene ihrer Stiefmutter erkennen konnte. Als Rhoese ihr den Rücken zukehrte, sah sie sich einem Mann gegenüber, der die mittleren Jahre bereits hinter sich gelassen hatte. Ein geschickter Schachzug des Königs, der auf ein weiteres lukratives Angebot für sie hoffen durfte, wenn dieser Gemahl einmal gestorben war und sie damit zu einer noch besseren Partie wurde, als sie jetzt schon war. Das war ein beliebter Trick.
Wie es schien, besaß Ralph de Lessay ebenso viel Charme wie der König und war genauso leicht erregbar, denn er packte Rhoese ohne weitere Umstände bei den Schultern, zog sie an sein schwitzendes Gesicht und gab ihr einen nassen Kuss mitten auf den Mund, so dass ihr sein Speichel über das Kinn rann. Sein Griff, der fest war nach Art der Soldaten, schmerzte sie sehr.
Sie hob die Hände, um ihn wegzustoßen, sich das Gesicht mit dem Ärmel abzuwischen, ihn sich auf Armeslänge vom Leibe zu halten. Während sie nach Atem rang, rief sie schluchzend dem König zu: "Nein, Sire! Nein! Das ist entwürdigend. So darf die Tochter eines Lehnsmanns des Königs nicht behandelt werden! Bitte, lasst mich heimgehen, ich flehe Euch an."
Das Gesicht des Königs nahm plötzlich einen ernsthaften Ausdruck an, wie bei einem Kind, dem auf einmal klar geworden war, dass es eine Dummheit gemacht hatte. "Ja", sagte er und presste die Lippen zusammen. "Das genügt. Bringt sie heim, de Brionne. Es ist an der Zeit, zur Jagd aufzubrechen." Damit machte er kehrt und ging durch die Halle davon, wohl wissend, dass die Menge sich vor ihm teilen würde wie das Rote Meer, und gleich darauf war die Halle verlassen, abgesehen von den Geistlichen, dem Erzbischof, seinen Gehilfen und jenen, die von diesem entwürdigenden Akt am meisten betroffen waren.
Obwohl zutiefst erschüttert, war Rhoese die Erste, die sprach. Sie war entschlossen, sich vor Ketti nicht so weit zu erniedrigen, sich auf einen Streit mit ihr einzulassen, den sie wohl mühelos gewinnen würde. Vom Erzbischof immerhin erhoffte sie sich irgendetwas, das dem Geschehen ein wenig Würde verlieh, etwas, das ihr erlauben würde, mit erhobenem Haupt von diesem albtraumhaften Geschehen fort zu gehen. Vielleicht seinen Segen? Ein Wort des Trostes? "Mylord?" flüsterte sie. "Muss ich … hat er …? Oh, Mylord, bin
Weitere Kostenlose Bücher