Die unwillige Braut (German Edition)
wie das Pferd sich in Bewegung setzte, umklammerte sie mit einer Hand den Sattelknauf, bis der Ritter nach hinten griff und ihre Hand an seinen Gürtel führte. "Haltet Euch hier fest", sagte er über die Schulter zu ihr. "Und bleibt dicht bei mir."
"Warum sollte ich dicht bei Euch bleiben?" fragte sie leise.
"Weil es sich dann leichter reitet", erwiderte er, als hätte sie das wissen müssen.
Judhael de Brionne hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, wie diese Frau am besten zu gewinnen wäre, obwohl es beinahe so aussah, als ob jene, die auf seinen Erfolg gesetzt hatten, ihre Wetten verlieren würden. Der Umstand, den Ranulf Flambard gestern erwähnt hatte, war wesentlich schneller eingetreten, als einer von ihnen es vermutet hatte, und jetzt war sie beinahe außer Reichweite, noch ehe das Spiel begonnen hatte. Und ja, sie hatte Recht gehabt in ihrem Urteil: Es war ein Spiel, den Engländern wegzunehmen, was verfügbar war, sowohl ein Spiel als auch ein Geschäft, von dem er bereits profitiert hatte. Je schwieriger es war, desto befriedigender war es auch, denn die englischen Gesetze behandelten jeden kleinsten Punkt sowohl im Hinblick auf Eigentum als auch auf Frauen. Doch nachdem William der Erste gestorben war, hatte es sich herausgestellt, dass sein Sohn nicht mehr so sehr darauf achtete, die englischen Gesetze einzuhalten. Das Fiasko dieses Nachmittags war nur ein Beispiel dafür, wie glücklich es ihn machte, jedes Gesetz zu beugen, das mehr Gold in seine Schatzkammern brachte, ob es nun fair war oder nicht. Genau wie sein Vater zögerte auch William Rufus nicht, sein Wort zurückzuziehen, wenn jemand ihm ein besseres Angebot unterbreitete. Ralph de Lessay musste vertrieben werden.
An seinem Rücken fühlte Jude Rhoeses Schulter, und er spürte ihren kleinen Daumen an seinem Gürtel. Wie immer war das Verhalten des Königs unberechenbar gewesen, als er einer spontanen Eingebung folgend de Lessay aus der Menge herauspickte, eine weitere großzügige und freigebige Geste dieses Tages. Als wäre diese Frau nicht schon gedemütigt genug gewesen. Er hatte gefühlt, wie sie vor Entsetzen taumelte. Sie besaß einen weichen Körper, und auch wenn sie der Welt einen unabhängigen Geist zeigte, indem sie gegen jeden Mann Feuer spuckte, der in ihre Nähe kam, hatte er den Schmerz in ihren Augen gesehen und den Schock über die Forderungen des Königs. Ob Mann oder Frau, das spielte für William Rufus keine Rolle. Er benutzte beide auf die gleiche Weise.
Ranulf Flambard war begierig darauf gewesen zu hören, wie Jude vorgehen würde, um den Körper, wenn schon nicht das Herz von Yorks unbezwingbarer Schönheit zu erobern. Ranulf hatte ihm einige Ratschläge gegeben, die er selbst für hilfreich hielt, von denen allerdings keiner besonders originell war und nicht ein einziger den Umstand berücksichtigte, dass sie offensichtlich immun war gegen diese Art von Annäherungsversuchen. Davon verstand Jude mehr, jede Frau, die – aus welchen Gründen auch immer – eine solche Last trug, erforderte eine andere Vorgehensweise. Ein Schwächling war nichts für sie, und ganz gewiss auch kein betagter, hartgesottener Kämpfer, wie de Lessay einer war, der die Zügel hielt, als wollte er ein Schiff vertäuen.
Doch die Dinge waren mit unziemlicher Hast vorangetrieben worden, und was wie ein Spiel begonnen hatte, das höchstens ein oder zwei Wochen dauern sollte – wie das bei Spielen immer zu sein pflegte –, das war plötzlich zu einer ernsten Angelegenheit geworden. Nicht nur, weil sie auf Befehl des Königs verheiratet werden sollte, dergleichen geschah ständig. Auch nicht, weil sie reich war oder sich diese frettchengesichtige Stiefmutter zur Feindin gemacht hatte. Nein, da war noch etwas anderes, etwas, das Jude beunruhigte, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, damals, als sie ihre Einnahmen gezählt hatte. Sie war verletzlich, außerordentlich schön, temperamentvoll und ein wenig ängstlich. Und sie war nicht halb so kühl, wie sie gern scheinen wollte. Sie hatte ihn angesehen, wie Männer gewöhnlich Frauen ansehen, und obwohl es unbewusst geschehen war, besaß er genügend Erfahrung, um es zu bemerken. Bisher hatte er mit Heiratsgedanken nur gespielt, seinen Vater ausgelacht, wenn der ihn drängte, sich eine Frau zu suchen, und sich daran erfreut, im Ruf zu stehen, ein großer Frauenverführer zu sein, sowohl der verheirateten als auch der ledigen. Während der acht Jahre, die er jetzt in England
Weitere Kostenlose Bücher