Die unwillige Braut (German Edition)
bittersten und schmerzvollsten Tagen hatte sie gewollt, dass diese Frau sie hasste. Und die Nacht war noch nicht angebrochen.
Der heftige Regen war vorüber, aber jetzt heulte der Sturmwind um die dicken Mauern ihrer Kemenate, während sie behaglich unter der Pelzdecke lag, unter Wolle und feinem Leinen. Noch immer war sie nicht sicher, wie sie auf Judes Eindringen in ihren persönlichen Bereich reagieren würde, oder auf seine scherzhaften Äußerungen, er hoffte, sie nicht zu enttäuschen. Wenn überhaupt, dann würde es andersherum sein: Sie hatte nicht die Absicht, in irgendeiner Weise zu reagieren, wenn er seine Befriedigung suchte.
Irgendjemand, vermutlich Hilda und Els, hatte die Kemenate geschmückt mit Bündeln von goldenem Adlerfarn und magischen Mistelzweigen, hatte eine Schale mit Lavendel und getrockneten Rosenblättern auf ihre Truhe gestellt, um die Luft zu parfümieren. Die weißen Bettvorhänge bewegten sich im Luftzug, und sie schmiegte sich fester an ihre Federmatratze, dachte an Erics brüderliche Umarmung in einer Ecke der Halle, die weitaus länger gedauert hatte als üblich. Alle hatten sich sehr liebevoll verhalten, voller Verständnis für die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage. "Ich werde ihn noch eine Weile in ein Gespräch verwickeln", hatte Eric ihr zugeflüstert. "Wir kommen gut miteinander aus, denke ich. Er mag mich."
Sie hatte gelächelt. "Jeder mag dich", erwiderte sie. "Und ich bin so froh, dass du mit uns nach London kommst. Hast du herausgefunden, was mit Pater Leofric geschehen ist?"
"Ja. Erzbischof Thomas hat ihn freigelassen. Von seinem Geständnis haben sie kein Wort geglaubt. Was ist mit Warin geschehen?"
"Morgen werde ich es dir erzählen, Lieber."
Jude hatte kaum mit ihr gesprochen, ihr nur seinen pelzverbrämten Umhang umgelegt und sie gefragt, ob alles in Ordnung wäre. Als sie absaßen, hatte er sie an sich gezogen und in der Dunkelheit geküsst, ehe jemand eine Fackel brachte, aber niemand hatte bei ihrer Ankunft gejubelt, und dass sie ins Bett ging, war kaum zur Kenntnis genommen worden. Nur Bruder Alaric und ihre beiden Frauen hatten sie begleitet. Es war so gewesen, wie sie es sich gewünscht hatte. Ohne Kommentar.
Sie wusste, dass sie schon eine Weile geschlafen hatte, ehe das Bett sich bewegte. Decken wurden angehoben, an ihrem Rücken spürte sie, wie eine Liebkosung, einen kühlen Luftzug. Sie erstarrte und dachte voller Furcht an die kommenden Stunden, eine Furcht, die keine Vorbereitung ihr hätte nehmen können. Warm fühlte sie ihn an ihrem Rücken, er passte sich ihrer Haltung an, legte einen Arm um ihre Taille und zog sie behutsam zu sich, wie ein bequemes Kleidungsstück an einem ungemütlichen Tag. Mit ihrer warmen Haut spürte sie jeden Muskel, jedes Haar an seinen Beinen, jeden Atemzug, als er in ihr Haar gähnte wie ein müder Welpe. Sanft ruhte seine Hand auf ihrem Bauch, und dann, als wäre er schon eingeschlafen, schob er sie höher, umfasste ihre Brust, bis die Hand zurücksank.
Nie zuvor hatte sie bisher im Arm eines Mannes geschlafen, nicht einmal mit Warin hatte sie die Nacht verbracht, nur ein oder zwei gestohlene Stunden am Nachmittag. Mit den Fingern erforschte sie die leicht behaarte Haut seiner Unterarme und Handgelenke, während sie sich daran erinnerte, wie oft er sie in den letzten Tagen beschützt hatte. Seit dem Tod ihres Vaters hatte sie nicht mehr die Autorität eines Mannes gespürt, und jetzt fragte sie sich, ob es ihr leicht fallen würde, sich ihm in jeder Beziehung zu unterwerfen, oder ob er es ihr überlassen würde, das zu tun, was sie wollte. Es war bekannt, dass normannische Männer ihre Frauen schlagen durften, bei den Angelsachsen gab es keine solche Tradition. Aber dieser Normanne hatte nicht zugelassen, dass sie vor ihm niederkniete.
Mehrmals in der Nacht fuhr sie erschrocken auf, nur um sich in seinen Armen wieder zu finden, als hätte er gewusst, dass so etwas passieren würde. Die Gedanken an Warins Schicksal und Kettis Verzweiflung quälten sie, verfolgten sie bis in ihre Träume hinein, nicht als süße Rachegedanken, sondern als Schuldgefühle und Strafen. Jedes Mal, wenn sie erwachte, zog er sie an sich, von Angesicht zu Angesicht oder wie immer es sich ergab, und kein einziges Mal wehrte sie sich dagegen. Einmal berührte er mit der Hand ihre Schenkel und streichelte sie wie ein Reiter ein unruhiges Pferd, seine Stimme erstickte ihre Gedanken und unausgesprochenen Worte, ehe sie sie
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