Die unwillige Braut (German Edition)
äußern konnte, er hielt sie wie ein Kind, bis sie wieder einschlief. Einmal beugte er sich über sie, küsste sie und weckte so ein leichtes Feuer in ihren Schenkeln, mehr aber auch nicht, dann schlief sie wieder ein, blieb unbefriedigt und mit dem vagen Verlangen nach mehr zurück.
Und als das Krähen des Hahns das erste Mal über den Hof scholl und der Wind das Läuten der Kirchenglocken herantrug, war er fort. Nur eine warme Stelle zwischen den Laken erinnerte sie an den Trost, den er ihr nach diesem katastrophalen Festtag geschenkt hatte.
5. Kapitel
Um keine Schlüsse ziehen zu müssen über ihre keusche Nacht in den Armen ihres frisch angetrauten Gemahls, beschäftigte sich Rhoese an ihrem letzten Tag in York mit Vorbereitungen. Dabei wünschte sie sich, der Beerdigung von Ralph de Lessay fernbleiben zu können, wenn man es ihr nur erlaubt hätte. Während sie in der kleinen Kirche von St. Martin an Judes Seite stand, erinnerte sie sich noch einmal an die seltsamen Geschehnisse, die die letzten vier Tage überschattet hatten. Das führte ihre Gedanken automatisch zu ihrem Vater und dem Begräbnis, das niemals stattgefunden hatte. Jetzt mehr denn je hätte sie seinen Rat und Beistand gebraucht, seine Zuverlässigkeit in allen Dingen. Bruder Alaric war ihr eine Stütze, aber er war kein richtiger Ersatz für Lord Gamal, der darauf bestanden hätte, dass ihr Ehebett gesegnet sein musste, ob sie es so wünschte oder nicht.
Auf der anderen Seite fuhr der Normanne fort, sie zu überraschen, denn kaum waren sie für das morgendliche Mahl nach Toft Green zurückgekehrt, da erklärte er den Angehörigen ihres Haushalts, wie ihr persönliches Schicksal im Einzelnen sein würde, ohne dies mit Rhoese abgesprochen zu haben. Das kränkte sie, obwohl Eric ihr sagte, dass Jude der neue Herr war und er Zeit gehabt hätte zu überlegen, was für jeden das Beste sein würde. Doch daran wollte sie nicht erinnert werden. "Oh, in Gottes Namen, Eric, geh und zieh dich an. So kannst du nicht den ganzen Tag herumlaufen. Neal!" rief sie. "Was ist mit den Kleidern meines Bruders passiert?"
Sofort erschien Neal mit einem Arm voll Kleidung. Er grinste, so dass sich seine Zähne weiß von der Haut abhoben, die ebenso wie die von Eric gebräunt war von dem tagelangen Aufenthalt draußen in der Sonne. Neal war seinem Herrn unbedingt ergeben. Jederzeit hätte er unter den Frauen der Gegend seine Wahl treffen können, aber er hielt sich um Erics willen Tag und Nacht in dessen Nähe auf. Nicht einmal für eine Liebesstunde hätte er das aufgegeben. Stark, von raschem Verstand und großer Geduld, erinnerte er mit seinen grauen Augen und der goldbraunen Haut an die Island-Ponys und besaß auch deren gutmütiges Temperament.
Die schwerknochige Hilda, zuverlässig und von mittlerem Alter, weinte beinahe vor Erleichterung, als sie erfuhr, dass sie mit Els und Bruder Alaric die Herrin in ihr neues Heim begleiten durfte. Sie umarmte Rhoese kräftig und hielt es als ihre Amme nicht für unpassend zu fragen, ob in der vergangenen Nacht alles gut gegangen war. "Du weißt, was ich meine", flüsterte sie.
Rhoese wusste über die Zweideutigkeit ihrer Antwort, die Hilda gewiss missverstehen würde. "Ja, danke, Liebes. Es war so, wie ich es mir erhofft hatte." Und genau diese Antwort hatte Hilda sich gewünscht.
"Ach, meine Liebe, ich bin ja so froh." Hilda strahlte, den Tränen nahe, und Rhoese wusste genau, was sie fühlte, nachdem die Fehlgeburt sie so betrübt hatte. "Er war doch nicht unsanft, oder?" Und ehe Rhoese etwas erwidern konnte, fuhr sie schon fort: "Denk dir, er hat Bran und seine Frau und Master Steward und seine Frau hier eingewiesen und nicht Ketti und Warin. Die werden deine Kemenate bekommen, und das geschieht ihnen ganz recht. So ein harter Mann ist er, dein Gemahl – Mylady."
Nach dem Sturm war es ein trockener, kühler Oktobermorgen, mit dem scharfen frischen Duft des Herbstes in der Luft, der Rhoese erschauern ließ. Dasselbe eiskalte Frösteln hatte sie zuvor in der Kirche empfunden, als der Körper von de Lessay in der Krypta versenkt wurde, so als wäre er im Kampf für sein Vaterland gefallen und nicht in einer Rauferei, bei der es um Rache wegen enttäuschter Erwartungen ging. Sie hatte Judes kühle Billigung gespürt, doch kein Zeichen von Dankbarkeit gezeigt, nur Kummer über die Vergeudung eines Lebens und Erstaunen darüber, dass es in ihrem Namen geschehen war.
Der Rest des Tages war nicht besser geworden.
Weitere Kostenlose Bücher