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Die unwillige Braut (German Edition)

Die unwillige Braut (German Edition)

Titel: Die unwillige Braut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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aller Kraft stemmte sie die Schulter gegen das Hinterteil des Tieres, damit es sich nicht mit seinen vier Beinen über Judes zusammengekrümmten Körper stellte. Aber irgendwo musste es mit seinen Hufen hintreten, und Judes Rücken war im Weg, als es sich umdrehte, um sich seinen Artgenossen anzuschließen.
    Außer sich vor Zorn schlug sie mit den Fäusten auf den Rücken des Tieres ein, prallte mit dem Handgelenk schmerzhaft gegen den kantigen Hüftknochen und packte es dann an einer Fessel, ehe es wieder auf Jude eintrampeln konnte. Als er fühlte, dass er ein Bein nicht bewegen konnte, trat der Ochse nach ihr aus, so dass sie nach hinten gestoßen wurde und auf Jude landete, gerade als ein weiteres schwarzes Tier zu ihnen stieß, das auf der Flucht war vor den wedelnden Armen. Ohne nachzudenken warf sie sich über Judes Kopf und presste ihn zu Boden.
    "Bleib unten!" schrie sie ihm zu. "Runter!"
    Von allen Seiten kamen Beine, Hufe und brüllende Mäuler auf sie zu, trampelten nur wenige Zoll von Rhoeses Füßen und Beinen entfernt vorbei, aber ihr Gesicht lag in Judes Haar, und so sah sie nur wenig von der Flucht der Ochsen. Gleich darauf spürte sie Hände an ihren Schultern, wurde sie weggetragen, fort von Kindern, die in der Ferne weinten, klagenden Müttern, zornigen Männerstimmen und dem Jaulen aufgeregter Hunde.
    Sonderbarerweise bereiteten nicht die eigenen Verletzungen ihr die größten Sorgen, auch nicht die von irgendjemandem sonst, sondern die Frage, warum sie hier war und diesen Mann beschützte, einen Normannen, an den sie im wörtlichen Sinne verkauft worden war, dem sie so wenig bedeutete, dass er sich nicht um ihre Gefühle scherte, als hätte sie gar keine, dem wehzutun auf die eine oder andere Weise sie sich geschworen hatte.
    Jude drehte den Kopf, und sie sah, dass von einer Wunde an der Stirn Blut in sein Auge rann. Auf seiner Wange formte sich ein Bluterguss, und seine Kleidung hing in Fetzen. "Sprich mit mir", verlangte sie angstvoll.
    Er öffnete das andere Auge. "Ich kann sogar noch mehr als das", flüsterte er. "Bist du verletzt?"
    Sie erhob sich von ihm. "Nicht da, wo man es sehen kann", erwiderte sie ruhig.
     
    An jenem Tag wurde das Essen in der großen normannischen Halle später serviert als gewöhnlich und in ungewohnt angespannter Atmosphäre. Alicia de Traille hatte ihr Möglichstes getan, die Abwesenheit von Gilbert und Henrietta nicht zu kommentieren, aber es war ihr nicht möglich, ihr Essen zu genießen mit dem Wissen, dass die beiden keines bekamen. Sie sah, dass der Appetit des Kaplans nicht davon beeinträchtigt wurde, dass er Henrietta zuvor ausgepeitscht hatte, aber den armen Gilbert hatte man nach der Prügelstrafe in den kalten Turm verbannt, und die Nächte waren nicht eben warm. Die Armen, dachte sie. Was hatte sie nur dazu gebracht, so etwas zu tun? Unwillkürlich blickte sie hinüber zu Lady Rhoese of York, die aussah, als hätte sie selbst mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
    Sobald es möglich war, rief Rhoese Hilda und Els von ihren Plätzen weiter unten an der Tafel zu sich, und gemeinsam zogen sie sich in ihre Schlafkammer zurück mit der Entschuldigung, Ruhe zu brauchen. Jude hatte nach ihren Verletzungen gefragt, obwohl er schon wusste, dass sie nicht ernst waren, doch davon hätte sie, selbst wenn das der Fall gewesen wäre, ihm ohnehin nichts gesagt.
    Jude selbst war nicht sehr schwer verwundet und hatte Rhoese geholfen, einige der verletzten Kinder wegzutragen, ehe er die Wunden an seiner Stirn und seinem Rücken behandeln ließ. Aber er sah, wie sehr der Zwischenfall sie erschüttert hatte, und weit entfernt davon, mit seiner Vorstellung an jenem Nachmittag zufrieden zu sein, lastete der Mangel an Rücksichtnahme, den er ihr gegenüber an den Tag gelegt hatte, wie eine dunkle Wolke auf seinen Erfolgen. Die Art, wie er sie vor dem Ringkampf behandelt hatte, war selbstsüchtig und unsensibel gewesen, ein missratener Plan, den er sich selbst ausgedacht hatte mit der Ausrede, einen Burschen abzuschrecken, der gerade so alt war, dass er beinahe sein Sohn hätte sein können. Rhoese hatte bei ihm Schutz gesucht, und er hatte die ohnehin delikate Situation ausgenutzt in einer Art und Weise, die weder ihre Antipathie berücksichtigte noch ihr zaghaftes Entgegenkommen. Sie hatte jedes Recht, zornig zu sein, und jetzt würde er bei ihr noch viel weniger Fortschritte machen können.
    Unglücklich sah er ihr nach, wie sie in einer Woge aus Grün, Gold und

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