Die unwillige Braut (German Edition)
Ruhe war schwer zu finden. Mit Els und Hilda war Rhoese dem so nahe, wie sie nur sein konnte. Els schmollte wegen Gilberts Bestrafung, und Hilda äußerte bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Reihe von Bemerkungen über die Tochter ihres Gastgebers, die genau zeigten, auf wessen Seite sie stand.
"Kleines Flittchen", murmelte sie. "Wenn sie Ochsen auf ihres Vaters Gäste loslässt, wird sie nie einen Ehemann finden. Dem Himmel sei Dank, dass du niemals auf solche Ideen gekommen bist."
Rhoese glaubte nicht, dass Henrietta daraus eine Gewohnheit machen wollte, aber sie konnte auch nicht denselben Zorn empfinden. Das lag nicht nur an dem erbitterten Ringkampf, sondern auch daran, dass wieder einmal andere verletzt worden waren für etwas, das sie weder gewollt noch begonnen hatte. Sie war nur sie selbst gewesen. Dennoch fühlte sie sich irgendwie verantwortlich, und je eher sie diese so eifrige und laute Familie verließen, desto lieber wäre es ihr.
Dann war da noch Jude, der sich höflich für ihr Bemühen bedankt hatte, ihn zu beschützen, aber dann hatte er ihr nicht etwa gesagt, wie tapfer und großartig sie gewesen war, sondern wie leichtsinnig. So etwas dürfte sie nie wieder machen, hatte er ihr streng befohlen. Sie hatte ihm versichert, dass sie es auch nie wieder tun würde, und sich gleichzeitig vorgestellt, dass sie ihren Freunden in York erzählen musste, wie ihr Gemahl von einer Herde Ochsen totgetrampelt worden war, die eine Fünfzehnjährige im Liebeswahn und ihr strohköpfiger Bruder losgelassen hatten. Der Gedanke, an diesem Abend eine Stunde mit Master Flambard zu verbringen, würde Bruder Alaric nicht gefallen, obwohl sie bezweifelte, dass Jude davon erfahren oder dass es ihn überhaupt interessieren würde. Aber jetzt war die Lage schlimmer geworden, und ein Rat in Bezug auf die Sache mit der geheimnisvollen Macht war wichtiger geworden als Schlaf. Sie klemmte sich das eingewickelte Buch unter den Arm. "Gib mir den wollenen Umhang", sagte sie zu Els, "und um Himmels willen, mach ein anderes Gesicht, Mädchen. Geh und nimm die Decken von den Betten."
Hilda spitzte die Lippen. "Ist das klug, Kind?"
"Vermutlich nicht", gab Rhoese zurück. "Ehrlich gesagt, es ist mir inzwischen egal."
Gerade als sie danach fassen wollte, wurde der Türriegel zurückgeschoben, die Tür schwang auf und schlug gegen ihre Hand, sodass ihr das Buch entglitt. Jude fing es auf und nahm es ihr ab. "Ah", sagte er und klopfte auf den feuchten Leineneinband. "Genau das wollte ich mir ansehen."
"Natürlich", sagte Rhoese und sog an ihren schmerzenden Fingerknöcheln. "Warum sonst sollte ein Mann nachts die Kammer seiner Gemahlin aufsuchen, wenn nicht, um sich ein Buch anzusehen?"
Mit einem Blick auf Hilda und Els ließ er die Tür offen stehen. "Meine Damen", sagte er, "ich glaube, gerade im Moment ist eine besonders gute Gruppe von Jongleuren in der Halle. Es wäre schade, wenn Ihr sie versäumt." Ohne auf ihr Widerstreben zu achten, schloss er die Tür hinter Els und Hilda und legte das Buch wieder in Rhoeses Hände zurück. "Und jetzt, Mylady, sagt mir, was Ihr hiermit tun wolltet, damit ich weiß, was mich in den nächsten Tagen erwartet."
"Wenn Ihr es unbedingt wissen wollt, Sir … ich wollte es gerade zu Master Flambard bringen. Er bat darum, es sehen zu dürfen." Sie gab ihm das Buch zurück. Dann nahm sie den Umhang ab und warf ihn auf ihr Bett.
Es sah aus, als wollte Jude lächeln, doch dann überlegte er es sich anders. "Wollte er das? Um diese späte Stunde?" Er nahm ihren Ellenbogen und zog sie von der Tür weg. "Nun, das ist kein sehr geschickter Trick, oder? Ich darf nicht vergessen, ihm ein paar neue vorzuschlagen."
Verstimmt entzog sie ihm ihren Ellenbogen. "Ich bin sicher, dass Euch das nicht schwer fallen wird. Aber es war kein Trick, Sir. Ich sagte Euch, dass ich seine Gesellschaft als angenehm empfinde, und das ist in der letzten Zeit etwas sehr Seltenes. Ich meine, mich zu erinnern, dass Ihr erst kürzlich sagtet, Ihr hättet nichts dagegen, wenn er mir seine Aufmerksamkeit widmet."
"Ich muss Euch korrigieren, Lady. Ich sagte, solange er sich auf die Stunden des Tages beschränkt. Nach dem Abendessen habe ich etwas dagegen."
"Warum solltet Ihr das?"
Er trug das Päckchen zu der Polsterbank am Feuer, wo der Schein der Flammen Licht auf seine Wangen warf. Die Wunde auf seiner Stirn glänzte von der frisch aufgetragenen Salbe. "Es würde Euch nicht gefallen", sagte er. "Nach dem Essen wird er
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