Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unwillige Braut (German Edition)

Die unwillige Braut (German Edition)

Titel: Die unwillige Braut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
Vom Netzwerk:
sagten nichts, als sie auf diese Weise ihr selbst auferlegtes Schweigen brach. Es war das erste Mal, dass sie mehr als zwei Worte am Stück gesprochen hatte, seit sie aufgebrochen waren, und nicht einmal die Fragen des Kaplans, mit einem Lächeln vorgebracht, hatten sie aus ihren Träumereien reißen können. Es störte ihn nicht, und er war viel zu sehr an Diskretion gewöhnt, um nach außen die Befriedigung zu zeigen, die er empfand, weil der Freund seinen Rat befolgt hatte. Es schien sich für sie beide gelohnt zu haben.
    Was Jude betraf, so konnte niemand genau sagen, was zwischen ihm und seiner englischen Gemahlin geschehen war, denn allem Anschein nach hatte sich nicht viel verändert, außer dass er sie nicht mehr aus den Augen ließ. Und ebenso wenig ließ er sie mit dem königlichen Beichtvater allein. Judes Männer meinten, es hätte vielleicht mit dem zu tun, was sich am Vortag ereignet hatte. Sie waren an diesem Morgen streng zurechtgewiesen worden, weil sie den Sohn ihres Gastgebers geneckt hatten, und man hatte ihnen mit der Peitsche gedroht, falls jemand über Lady Rhoeses Zauber ein weiteres Wort verlor, etwa darüber, dass sie mit bloßen Händen gegen einen Ochsen gekämpft und das Leben ihres Herrn gerettet hatte, ohne auch nur eine einzige sichtbare Verletzung davongetragen zu haben. Es hinderte natürlich niemanden daran, an ihre besonderen Fähigkeiten zu glauben, denn nicht einmal de Brionnes Drohungen konnten den Männern verbieten, sie anzusehen, die stolze Haltung ihres schönen Kopfes und den schweren tiefroten Zopf, der ihr bis weit über den Rücken hing. Eine außergewöhnliche Frau, flüsterten sie, eine Göttin. Den Familien der verwundeten Männer hatte sie sogar Geld gegeben. Kein Wunder, dass man ihr nachwinkte und sie anlächelte.
    Es erleichterte Rhoese, Catterick zu verlassen und weiter nach Norden zu ziehen, an der Dere Street entlang, die Sonne im Rücken, doch ihre Gedanken gehörten ihr allein. Sie waren sehr intim, sehr weiblich und völlig ungeeignet, um sie mit Bruder Alaric beim Morgengebet zu teilen. Mit Pierre, Els und Hilda war er jetzt einige Schritte hinter ihr, und selbst ein unaufmerksamer Beobachter konnte feststellen, dass auch hier nicht geplaudert wurde, denn Pierres Interesse an Els hatte schneller nachgelassen als ihres an ihm.
    Als niemand zuhören konnte, hatte Rhoese mit Jude allerdings mehr als nur zwei Worte gesprochen, denn sie hatte ihn gefragt, warum er ihr nicht von Murdacs seltsamem und unerwartetem Ableben erzählt hatte. Warum musste sie davon durch einen sechzehnjährigen Fremden erfahren? Darauf hatte Jude mit nur wenig Mitgefühl erwidert, Murdac hätte einen Schlaganfall erlitten, verursacht durch extremen Ärger, wovor der Mann allem Anschein nach mehr als einmal gewarnt worden war. Der Leibarzt des Königs war überzeugt, dass kein anderer Grund dafür infrage kam. Es gab, meinte Jude, keinen Anlass, ihr davon zu erzählen, und wenn er geahnt hätte, dass Gilbert das Gerede der Soldaten weiter trug, dann hätte er ihm mit Freuden das Genick gebrochen, ehe er ihn aus dem Ring warf.
    Darauf hatte er sie abrupt und mit so finsterer Miene stehen lassen, dass Rhoese nicht daran zweifelte: welche Leidenschaft die Nacht ihnen auch immer gebracht hatte, er schien sich am Tage nicht davon beeinflussen zu lassen. In gewisser Weise war sie darüber erleichtert. Es war schon verwirrend genug, ihn neben sich reiten zu sehen, auch ohne dass sie ihm mit falscher Freundlichkeit antworten musste.
    Schweigend ritten sie Meile um Meile dahin, und wieder zog Rhoese sich in ihre Träume zurück. Zweimal hatte Jude sie in der vergangenen Nacht besessen, jedes Mal anders, herrisch, sogar zärtlich zuweilen. Doch nur wenig war gesprochen worden, selbst danach, als sie in seinen Armen gelegen hatte, und obwohl das in gewisser Weise verständlich war, hätte sie doch gern gewusst, ob sein Herz in demselben Maße beteiligt war wie sein Körper. Unter den gegenwärtigen Umständen schien es ihr sicherer, davon auszugehen, dass dies nicht der Fall war.
    Auch am Morgen hatte er keinen Versuch unternommen, ein Gespräch mit ihr anzufangen, während die Dienstboten durch die Kammern schwärmten. Ihre Furcht aber, er könnte ihr gram sein, löste sich in nichts auf, als er, während sie sich das Haar flocht, sie ohne Vorwarnung in die Arme schloss und sie nicht eben sanft küsste. Sein Tonfall entsprach seiner Stimmung. "Wenn die Sonne die Baumkronen da hinten berührt,

Weitere Kostenlose Bücher