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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Faschinger
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Krautrouladen, du weißt schon. Geröstete Leber. Oder diese wunderbare Jause, mit der deine Großmutter uns bewirtet hat.« Ihr Blick wurde weich. »Einfache, wohlschmeckende Mahlzeiten …«
    Meine Gekränktheit wich, wie ich fand, berechtigter Entrüstung. »Ich habe dir das Beste vorgesetzt, was die italienische Küche zu bieten hat! Zum Beispiel den Cacciucco alla livornese, diesen herrlichen Fischeintopf, erinnerst du dich? Das erste Mal, als du hier warst.«
    »Ja«, sagte Emma, »ich erinnere mich sehr gut. Eine gelbliche Brühe, in der zerkochte Fischstücke schwammen. Und diese Blumen, die ich essen musste! Mit einer braungrauen – graugrünen – grünbraunen Paste gefüllt.«
    »Wie bitte? Das waren Zucchiniblüten, Fiori di zucchini ripieni, eine Delikatesse. Das Pesto war von mir selbst zubereitet. Mit viel Liebe.«
    »Und wenn schon«, sagte Emma ungerührt. »Und danach, die Hauptspeise! Schlangenartige weiße Streifen in einer orangeroten Masse. Es roch sehr merkwürdig. Kutteln?«
    »Du meinst die Trippa alla fiorentina – eine Spezialität aus der Toskana!«
    Ich konnte es kaum glauben.
    »So, so«, sagte Emma. »Jedenfalls bin ich froh, dass du jetzt die Wahrheit weißt. Und diese Weine mit den unsäglich langen italienischen Namen, die du mir zu den Speisen einschenkst! Dieser zum Beispiel. Wie heißt er?«
    Sie hob ihr Glas.
    »Ein ausgezeichneter Rotwein. Colli Piacentini Gutturino.«
    »Siehst du, was ich meine? Großspurig. Mir ist ein ganz gewöhnlicher Zweigelt aus dem Burgenland lieber. Oder ein Grüner Veltliner beim Heurigen.«
    Den Panettone, den ich zum Dessert auftischte, lehnte sie auch ab, er war ihr zu trocken.
    »Eine Kardinalschnitte wäre jetzt schön …«, seufzte sie und schob den Teller zurück. »Was ich noch sagen wollte – es macht mir nichts aus, dass du mit diesem Arzt etwas angefangen hast. Das war vorauszusehen. Mich hat nur geärgert, dass du mich belogen hast.«
    »Das hast du mich ja auch, wie ich gerade höre.«
    »Dann sind wir quitt.« Sie machte eine kleine Pause und schien zu überlegen. »Ich war nie interessiert an Frauen«, sagte sie dann. »Du bist die erste. Und wahrscheinlich die letzte. Ein Augenblick der Schwäche. Du hast mich verführt, Sissi. Betrunken gemacht und verführt. Nach Strich und Faden. Während wir uns diesen Hitchcock-Film ansahen. Ich war unfähig, mich zu wehren.«
    » Frenzy «, sagte ich.
    »Genau. Ein Augenblick der Schwäche, wie gesagt. Aber ich hoffe, wir bleiben Freunde.«

II
    PROCIDA

5
    Den Anstoß zu der Reise gab ein Traum.
    Die Affäre mit Stefan ging weiter – oder soll ich sagen, das Dreiecksverhältnis zwischen Stefan, Regina und mir? Denn Regina blieb als Dritte anwesend. Ich fuhr an den Wochenenden in den Sausal, Stefan kam nie nach Wien. Die Person Regina war untrennbar mit dem alten Winzerhaus verbunden, dem Ort, wo sie die letzten zwei Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Sie hielt uns dort fest. Hätten wir das Haus, das Dorf verlassen, wären wir aus dem Schatten getreten, den sie auf uns warf, dann hätte sich unsere Beziehung wahrscheinlich in nichts aufgelöst. Es war die Erinnerung an sie, ständig neu angeregt durch Gegenstände im Haus, durch Gespräche, die diese Verbindung ermöglichte und aufrechterhielt, ihr Spannung verlieh. Der immer wieder aufkommende Schmerz, den ihr Verschwinden, aber auch meine Eifersucht auf sie hervorrief, das Gefühl, so gar nicht an ihre geistigen, emotionalen und sexuellen Dimensionen heranzureichen, eine untergeordnete Rolle in diesem Terzett zu spielen – dieser Eindruck des Ungenügens vertiefte meine Empfindungen. Eine solche Art der Intensität war neu für mich.
    »Masochismus«, hätte Emma gesagt, wenn sie davon gewusst hätte. »Typisch Frau. Du bist eine Masochistin, ganz klar.«
    In diesem Urteil wäre sie noch durch die Tatsache bestärkt worden, dass Stefan mich weiterhin mit wenig schmeichelhaften Bezeichnungen bedachte, während wir miteinander schliefen. Falls seine wie im Traum hingemurmelten, zweideutigen Benennungen sich tatsächlich auf mich bezogen. Da ich unsere Sexualität mehr und mehr zu genießen begann und sie auch weiterhin genießen wollte, sah ich davon ab, ihn darauf anzusprechen. Vielleicht hatte Emma ja recht, und die abwertenden Bemerkungen erregten mich wirklich. Bis zu einem gewissen Grad.
    Überhaupt redeten wir nicht sehr viel miteinander. Es war nicht nötig. Unsere Gespräche drehten sich meist um Medizin und um Regina. Sie wurde

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