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Die Unzertrennlichen

Die Unzertrennlichen

Titel: Die Unzertrennlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Faschinger
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schmackhaft.«
    Ich ließ diese Bemerkung durchgehen.
    »Was ist mit deinem Sohn?«
    »Ich wollte dir sagen, dass ich beabsichtige, mit seinem Vater zusammenzuleben. Ich habe Philipp allein großgezogen, ohne ihn. Alfred und ich waren nie ein Paar, ich dachte immer, er bevorzugt Männer. Offenbar hat sich das geändert.« Sie lehnte sich im Sessel zurück. »Wir werden in die Leopoldstadt ziehen. Er hat dort eine Abzeichenfabrik geerbt. Unser Sohn wird wahrscheinlich bei uns wohnen. Nur damit du weißt. Wir werden eine Familie sein.«
    »So, wie es sich gehört?«, fragte ich.
    »So, wie es sich gehört«, sagte Emma und lachte.
    Am Wochenende darauf fuhr ich zu Stefan. Er war eine Spur enttäuscht, weil ich ihm kein Geschenk aus Helsinki mitgebracht hatte.
    »Weißt du, so ein handgestrickter bunter Wollpullover hätte mir schon gefallen«, sagte er. »Mit einem Rentiermuster. Oder mit Elchen.«
    Davon abgesehen, behandelte er mich zuvorkommender und liebevoller denn je.
    »Ich hatte Sehnsucht nach dir«, sagte er und strich mir übers Haar. »Du hast dich kein einziges Mal gemeldet, wir haben nur einmal miteinander gesprochen. Als ich dich anrief.«
    »Ach, du weißt ja, wie das ist auf Kongressen. Während des Tages hat man keine Minute Zeit, und abends ist man hundemüde.«
    Es war frostig und feucht, wir wanderten lange Hand in Hand im Nebel durch die Weinberge, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Die Reben hatten bereits ihr Laub verloren. Stefan besichtigte seine Stöcke. »Mir fehlt die Arbeit im Weingarten«, sagte er, »aber im Augenblick gibt es nichts zu tun. Zum Schneiden der Reben ist es noch zu früh.«
    Er wandte sich zu mir um.
    »Wirst du mir dabei helfen, Prinzessin?«, fragte er ernst, drehte mich zu sich und legte mir die Hände mit festem Druck auf die Schultern. Er schaute mich direkt und liebevoll an, anders als vor meiner Reise, als er oft zerstreut und wenig interessiert an mir vorbeigeblickt hatte, in eine Vergangenheit, zu der ich im Grunde keinen Zugang, an der ich keinen Anteil hatte. »Wirst du mich im nächsten Jahr auch noch besuchen?«
    Ich antwortete nicht. Wir standen auf der Hügelkuppe, die Sonne war am Untergehen, der östliche Teil des Himmels in diffuses rötliches Licht getaucht. Wie Blut, das sich in Wasser verliert, fiel mir ein, und ich erschrak über diesen Vergleich. Ich schaute zu Stefan auf und dachte an all das, was ich in Procida über ihn und Regina erfahren hatte. Dieser Mann mit dem zarten Gesicht, dem empfindsamen Ausdruck sollte ein Lügner, ein Betrüger, ein Gewalttäter sein? Es war absurd. Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte, schob die Gedanken an die Woche auf der Insel, meine Zweifel, meine Ahnungen kurzerhand beiseite und schmiegte mich an seine Schulter. Stefans Gegenwart war mir angenehm. Ich atmete den Geruch seines Lodenmantels ein. Seinen Geruch. Das Verlangen nach seinem Körper schoss in mir hoch, heftig und plötzlich.
    »Gehen wir zurück«, flüsterte ich.
    Auf dem Weg zum Winzerhaus hielt Stefan meine Taille umfasst. Im Gehen küsste er mich auf die Schläfe.
    »Ich glaube, in dieser Woche habe ich begriffen, wie viel du mir bedeutest«, sagte er. »An Regina denke ich kaum noch.« Er zögerte, dann sprach er langsam weiter. »Vielleicht habe ich sie idealisiert – wahrscheinlich neigt man dazu, wenn ein geliebter Mensch plötzlich nicht mehr da ist.« Wieder hielt er inne. »Unsere Ehe war nicht immer harmonisch, Sissi«, sagte er dann. »Ich habe übertrieben. Wir hatten auch Probleme.«
    »Das ist normal«, sagte ich, vorsichtig, hellhörig.
    »Regina konnte – manchmal konnte sie –«
    Ich schwieg, wartete darauf, dass er den Satz fortsetzte. Aber er setzte ihn nicht fort, gab nur ein kurzes Ächzen von sich. Ein merkwürdiges Geräusch, eine Art Klagelaut, wie ein unterdrücktes Schluchzen.
    Täuschte ich mich, oder wurde Stefan auch als Liebhaber aufmerksamer, ging mehr auf die Wünsche und Bedürfnisse ein, die ich andeutete? Ich hatte den Eindruck, als öffne er sich, als habe er stärkeres Zutrauen zu mir gefasst. Wenn er nachts leise sprach, wie im Schlaf, wie im Traum, so waren es keine beleidigenden Worte mehr, sondern zärtliche Äußerungen, kleine Kosenamen. Ich war überrascht und erfreut. Vielleicht trug ich ja mein Teil dazu bei, da ich mir nach der Lektüre von Reginas Journalen, die mir die Augen geöffnet und deutlich gemacht hatte, wie mitleidlos er von ihr hintergangen, gedemütigt und verspottet worden

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