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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Blicken beäugt, die über die Ränder einer dicken Brille hinweg verschossen wurden. »Die meisten von euch werden diese Schule gebildeter verlassen, als sie sie betreten haben. Solltet ihr euren Verpflichtungen jedoch nicht nachkommen, werdet ihr bestraft. Solltet ihr meinen Anweisungen zuwiderhandeln, werdet ihr bestraft. Stellt ihr eine der Bestrafungen in Frage«, hier machte sie eine kurze Pause und warf einen Blick in die Runde, »werdet ihr bestraft.«
    Wie gesagt, sie besaß Humor.
    Wie diese Strafe aussehen würde, wusste damals noch keines der Kinder von Salem House; ältere Schüler natürlich ausgenommen.
    Klar wurde jedoch, dass Strafe eine Form der Motivation sein konnte, an die sich alle Schüler schnell würden gewöhnen müssen. Miss Monflathers verlangte Aufmerksamkeit, Fleiß und Ordentlichkeit. Kam man ihren Anweisungen nach, blieb die Strafe aus. Die Belohnung, auch das erfuhren wir schnell, bestand in erster Linie im Ausbleiben der Strafe. Somit wurden die geforderten Tugenden, sofern man sie an den Tag legte, immer belohnt. Dumme Fragen, deren es einige gab, bedachte sie nur mit einem mürrisch dahingeworfenen: »Frag nicht!«
    Trotzdem war sie eine umgängliche Frau.
    Weil berechenbar.
    Und nicht zuletzt eine gute Lehrerin.
    Eine Eigenschaft, von der auch Emily Laing und Aurora Fitzrovia profitieren würden. Nicht ohne Grund hatten wir sie in Miss Monflathers Schule angemeldet. Nach allem, was mir Emily im Laufe der Zeit mitgeteilt hatte, hatte sich meine alte Lehrerin in dieser Hinsicht kaum verändert. Noch immer ließ sie die Kinder dicke Bücher mit ausgestreckten Armen balancieren, damit sie den Respekt vor dem geschriebenen Wort nicht verlernten. »Gute Gedanken haben ihr Gewicht«, pflegte sie zu sagen, und jeder, der einmal eine gebundene Ausgabe der fetten King James Bibel oder des monströsen
Ulysses
hatte halten müssen, weiß, wie sehr die Arme bereits nach wenigen Minuten schmerzen können. Mädchen, denen sie aufgetragen hatte, Shakespeares Sonette auswendig zu lernen, schnitt sie bei jeder falsch zitierten Zeile ein Stück ihres Zopfes ab. »Eitelkeit und Intellekt«, so Miss Monflathers, »vertragen sich nicht.« Und wenn die Tränen bereits über die Wangen der Mädchen kullerten, hatte sie meist angemerkt: »Ihr alle müsst entscheiden, was wichtiger für euch ist. Eitelkeit oder Intellekt. Bedenkt jedoch, dass, selbst wenn ihr euch für die Eitelkeit entscheidet, ein gewisses Maß an Intellekt und Bildung vonnöten ist, wollt ihr euer Ziel erreichen.« Mit diesen Worten war dann ein weiterer Haarschopf zu Boden gefallen.
    Emily jedenfalls hatte keinerlei Probleme mit der strengen Lehrerin.
    »Sie kann sehr witzig sein«, hatte ich sie einmal zu Aurora sagen hören.
    Miss Fitzrovia, auch das wusste ich, teilte den Humor der Pädagogin jedoch nur bedingt.
    Nun denn.
    »Wir werden in die Hölle hinabsteigen«, hatte uns Miss Monflathers in dem kleinen Café offenbart, »auch wenn dieser Weg nicht der ungefährlichste ist.« An mich gewandt stellte sie fest: »Der Bericht über die Ereignisse von vor einem Jahr war sehr hilfreich. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass jemand den Limbus würde öffnen können. Außerdem waren die Vorstellungen, die wir von den Limbuskindern hatten, doch sehr weit von den Kreaturen entfernt, die zu treffen du damals das Glück hattest, wenn ich das so bemerken darf. Zudem überrascht uns die Existenz von Pairidaezas Stock hier in London durchaus.«
    Mit »uns« meinte sie wohl die Black-Friars-Bruderschaft, zu der sie noch immer enge Kontakte unterhielt, wie man munkelte.
    »Wie machen sich die beiden Mädchen in der Schule?«, wollte Maurice Micklewhite wissen.
    »Frag nicht!«
    Maurice Micklewhite trug seinen obligatorischen weißen Mantel und wirkte in dem Stehcafé wie ein Fremdkörper. Die blonden Locken standen ihm ungestüm vom Kopf ab.
    Miss Monflathers war kein Freund zwangloser Gespräche.
    »Haben Sie etwas von Lord Brewster gehört?«, fragte ich sie.
    Der Engel Rahel schlürfte einen Kaffee. Schwarz mit Zucker.
    »Nein«, beantwortete sie meine Frage. »Seine Lordschaft ist seit mehr als elf Monaten Londoner Zeit untergetaucht.«
    Auch Miss Monflathers waren die Ratten vertraute Gesellen.
    »Es tut mir Leid«, hatte sie mir leise ihr Beileid ausgedrückt, bevor Maurice Micklewhite und Rahel das Café betraten. »Deine Mutter war eine bemerkenswerte Ratte.«
    Ich hatte ihr gedankt.
    Kurz angebunden.
    Miss Monflathers und

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