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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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einen Augenblick.
    Die Rattlinge, die von Mr. Fox und Mr. Wolf mit Säbeln dezimiert wurden, begannen zu kreischen. Wie Berserker wüteten die Gehilfen des Lichtlords, und Neil dachte verwirrt, dass die beiden aussahen wie ein tobsüchtiger Rowan Atkinson, wenn er ein Raubtier gewesen wäre, mit gelben, geschlitzten Augen und gefletschten Zähnen, die nichts Menschliches mehr erkennen ließen. Ein letzter Ansturm der Rattlinge, die an den Jägern hinaufkrabbelten und sie schließlich zu Boden warfen, wurde den beiden zum Verhängnis. Noch im Todeskampf schlugen sie wie wild mit den Säbeln um sich, bissen einigen der Angreifer sogar die Köpfe ab.
    Es sind Raubtiere, dachte Neil und erschauderte. Jäger, die mit einem Mal selbst zur Beute geworden waren.
    Mièville sagte nur: »Das ist das Leben.«
    Punktum.
    So sind die Tunnelstreicher eben. Prägnant.
    Die Kinder mit den Spiegelscherbenaugen indes hatten, wie wir jetzt sahen, eine Kette gebildet, die das Licht, das von einem Kind zum nächsten weitergegeben wurde, bis in die hintersten Winkel des Nyx reflektierte. Dort, wo das Licht auf die Haut des Nyx traf, bildeten sich Geschwüre, platzten Äderchen und färbte sich die Wand grau. Nein, nicht grau. Sie wurde zu Stein. Denn die Magie der Steine war ein Teil dieses Lichts. Rosenquarz schluckt die Erdstrahlen, Malachit und Turmalin befreien von Giften und negativen Energien und Bernstein ist das reinste Sonnenlicht.
    Lycidas’ flammende Augen überfluteten den Nyx mit dem Licht, das das Licht der Sonne war und der Magie. Und diese Magie war die Magie der Erde, die der Nyx sich untertan gemacht hatte. Die er missbraucht hatte, indem er von Steerforth die Golemkrieger hatte erschaffen lassen.
    Das Böse, das hier unten lebte, wurde aufgesaugt von den Steinen.
    Bernstein, Rosenquarz, Turmalin und Malachit wirbelten noch immer durch die Luft.
    In ihrem Zentrum befand sich Lycidas.
    Brennend.
    Lodernd.
    Singend mit Flammenzungen.
    Dann erlosch das Licht.
    Das sanfte Glimmen in den Spiegelscherbenaugen all der Kinder war jetzt die einzige Lichtquelle in der Finsternis.
    Lycidas war zu Boden gesunken.
    In seiner Hand hielt er den reglosen Körper des Irrlichts.
    »Es ist vorbei«, sagte der Lichtlord.
    Und mit einem Mal wurde es kalt. Eisige Kälte verwandelte den dunklen Ort, an dem wir uns befanden, in nur wenigen Augenblicken in einen Eispalast. Das Licht, das noch in den Spiegelscherbenaugen nachglomm, wurde von den Eiskristallen eingefangen und festgehalten, die Wände und Boden gleichermaßen bedeckten. Überall glitzerten kleine, klirrende Sterne.
    Die Rattlinge, die Mr. Fox und Mr. Wolf am Ende doch noch zum Verhängnis geworden waren, fanden wir zu Stein erstarrt, ganz so wie die Wände, die vormals gelebt hatten, jetzt nur mehr graues Felsgestein waren. Alles hier unten war von einer Eisschicht überzogen.
    »Die Hölle«, sagte Maurice Micklewhite, »ist ein Eispalast.«
    Jemand weinte in der Stille.
    Ein Kind.
    Mara!
    »Wo ist sie?« Emily torkelte durch ihre Finsternis.
    »Sie ist hier.«
    Maurice Micklewhite hielt die Kleine in seinen Armen.
    Als das Licht die blasenähnlichen Gebilde an den Wänden hatte platzen lassen, war auch Mara, wie all die Rattlingföten, auf den eisigen Boden geglitten. Ganz dunkel von der braunen Flüssigkeit, in der sie gelegen hatte, waren ihr die Tränen übers Gesicht geronnen.
    Die Augen des Kindes waren es, die mich erschaudern ließen.
    Sie waren kalt.
    Fremdartig.
    Von hellem Gelb mit einer Pupille, die zu schmal war, um menschlich zu wirken.
    »Was ist mit ihr?« Emily kannte mich gut genug, um zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war.
    Es war gut, dass Emily ihre Schwester nicht ansehen konnte.
    »Fragen Sie nicht.«
    Wie es ihre Art war, fragte Emily doch.
    Und als die Engel zu uns kamen, da vermischte sich ihr Gesang mit den verzweifelten Schreien des Mädchens, das soeben erfahren hatte, dass seine Schwester auf immer verloren war.

Kapitel 19
Licht
    »Sie sollten längst zurückgekehrt sein«, sagt Mièville. Die Besorgnis, die sich von jedem Augenblick des Wartens nährt, ist noch immer da.
    »Sie haben es geschafft«, bemerke ich zuversichtlich.
    »Ihr spürt es?«
    Ich nicke nur.
    Zögerlich.
    Master Dickens, der hinten zwischen den Regalen steht und Bücher aus einer Kiste einsortiert, die erst kürzlich geliefert wurde, sieht zu uns herüber. Neil Trent ist jetzt bei Aurora Fitzrovia. Maurice Micklewhite ist gleich nach unserer Rückkehr in sein geliebtes

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