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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Wissenschaftler zu Zeiten Königin Elizabeths gewesen. Wissenschaftler, Astrologe, Mystiker, Okkultist. Ein Alchemist. Einige bahnbrechende Werke hatte er verfasst. Zur okkulten Philosophie der damaligen Zeit.
    »Du meinst, die Handschrift John Miltons ist identisch mit derjenigen von John Dee?«
    »Ich habe beide überprüft«, antwortete der Elf. »Es gibt keinen Zweifel.«
    »Das ist nahezu unmöglich«, murmelte ich verwirrt. »John Dee hat Jahrzehnte vor Milton gelebt.« Wie konnte es sein, dass zwei Personen in unterschiedlichen Zeiten exakt die gleiche Handschrift vorweisen konnten?
    Maurice nippte an seinem Tee. »Als ich herausgefunden hatte, dass die Handschriften der beiden übereinstimmen, stellte ich mir natürlich die gleiche Frage. Und recherchierte weiter.« Wieder das schelmische Grinsen. »Ich studierte zuerst die Biographien der beiden Gelehrten, und dabei stieß ich auf eine weitere Merkwürdigkeit. John Milton wurde anno 1608 in London geboren. Rate, wann John Dee diese Welt verlassen hat!«
    Mürrisch gab ich ihm die Antwort, die er wohl erwartete: »1608?«
    »Du sagst es«, antwortete Maurice.
    Klatschte in die Hände.
    Ich versuchte, meine Erregung ob dieser Tatsache zu verbergen und sagte halbherzig: »Ein Zufall?«
    Diese Worte aus deinem Mund?
    Nun denn.
    Es gibt keine Zufälle.
    Und das bedeutete was?
    »Milton und Dee waren einander sehr ähnlich«, dozierte Maurice Micklewhite genüsslich. »Beginnen wir mit den offensichtlichen Dingen. Beider Vorname war John. Beide lebten überwiegend in London. Beide befassten sich mit den okkulten Wissenschaften. Beide suchten nach dem Wesen der Dinge, dem Sinn des Seins, nach dem göttlichen Funken sozusagen. Beide hatten engste Vertraute. John Dee arbeitete mit einem gewissen Edward Kelly zusammen. John Milton mit besagtem Edward King, der in der Irischen See ertrank und den Anlass zum Schreiben des Gedichtes
Lycidas
gab.«
    »Beider Vertraute wiesen den gleichen Vornamen auf, Edward.«
    »Du sagst es.«
    »Was aber immer noch kein Beweis dafür ist, dass Milton heute noch lebt.«
    Mylady Hampstead enthielt sich der Teilnahme an dem Gespräch und lauschte nur.
    »Führen wir diesen rein hypothetischen Gedanken doch wagemutig fort«, schlug Maurice Micklewhite vor. »Sowohl Milton als auch Dee lebten in unruhigen Zeiten. John Dee erlebte den Zerfall des Königreiches, nachdem König Henry VIII. das Zeitliche gesegnet hatte. Dessen späterer Nachfolgerin Elizabeth diente er als Vertrauter und Berater in Dingen wissenschaftlicher und philosophischer Natur. Kurzum: Er nahm nicht geringen Einfluss auf die politische Situation im Land. Er war die leise flüsternde Stimme am Ohr der Königin.«
    Was von nicht unerheblicher Bedeutung war, da Königin Elizabeth immerhin die einzige Herrscherin Englands gewesen ist, die gleichzeitig auch als Regentin der uralten Metropole die Fäden gezogen hatte.
    »Nun zu John Milton.«
    »Auch er lebte in einer wankelmütigen Zeit. Charles I. war geköpft worden. Milton, in dessen Augen alle Menschen in Freiheit geboren und das Ebenbild Gottes waren, hatte sich in einem Pamphlet unmissverständlich gegen die Monarchie ausgesprochen und die Hinrichtung des Königs begrüßt. Daraufhin übertrug ihm die neue Regierung sogar ein öffentliches Amt und ernannte ihn zum Secretary for Foreign Tongues. Milton hatte also eine wichtige Stellung erlangt, und einige Historiker glauben, dass er selbst in dieser Zeit einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Regentin der uralten Metropole ausgeübt hat.«
    »Zudem schrieb er
Das verlorene Paradies
«, ergänzte ich, auf das dicke Buch in Leder deutend.
    »Worauf ich noch zurückkommen werde«, versprach Maurice Micklewhite.
    Ich erkannte es am Funklen in den stahlblauen Augen des Elfen. »Du hast etwas entdeckt. In dem Buch.«
    Er schlug eine mit einem Lesezeichen markierte Stelle auf. »Lies selbst.«
    Ich nahm das schwere Buch in die Hand. Feiner Staub, der seit mehreren hundert Jahren zwischen den Seiten verborgen war, wirbelte auf. Das dicke Papier knarzte förmlich beim Umblättern.
    Das verlorene Paradies.
    John Milton erzählt darin die Geschichte eines gefallenen, aufrührerischen Engels, der gegen die göttlichen Regeln aufbegehrt und dem Paradies einen Besuch abstattet. Gottes Schöpfung verliert seine Unschuld durch den eigenen Ungehorsam und die Intrigen Satans, der die Menschen in Gestalt einer Schlange verführt. Im Grunde aber variiert Milton die wesentlichen

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