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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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regen Briefkontakt mit Miss Monflathers, Eurer Lehrerin, gepflegt hat.«
    Emily schaute auf. »Miss Monfalthers kennt Professor Maspero?«
    »McDiarmid war ebenso überrascht. Seine Spitzel trugen ihm diese Kunde zu.«
    »Das ist seltsam.«
    »Überaus seltsam, will ich meinen. Maspero ist seit der Zeit in Ägypten ein angesehener Altertumsforscher. Maurice Micklewhite ist ein Akademiker, und die Archäologie war die Leidenschaft, die beide verband. Aber waren sie Freunde?« Er gab sich die Antwort selbst. »Wohl eher nicht.«
    Emily bezog sich erneut auf eine ihrer Visionen. »Master Micklewhite ist auch von einem Fegefeuer verschlungen worden. Ich habe es mit Auroras Augen gesehen.«
    »Fegefeuer«, meinte Mièville, »können nur von der Hölle aus gelenkt werden. Das ist es jedenfalls, was man sich erzählt.«
    »Aber man ist sich nicht sicher.«
    »Nein, Miss Laing. Es gibt kaum Erfahrungen mit Fegefeuern. In den vergangenen Jahrhunderten wurden sie immer seltener erblickt. Wenn doch, dann nur in entlegenen Gegenden, niemals jedoch in Städten. Und diejenigen, die Fegefeuern begegnet sind, hatten kaum mehr die Gelegenheit, darüber zu berichten.«
    Das war in der Tat ein Problem.
    »Doch zurück zu Miss Monflathers.«
    Lady Mina, die auf Emilys Schulter geklettert war, sah das vor ihr schwebende Irrlicht an. Die beiden schienen gut miteinander auszukommen.
    »Miss Monflathers und Gaston Maspero kennen einander, so viel ist sicher.« Mièville grübelte und suchte nach einem Hinweis, wie sich diese Bekanntschaft mit den Begebenheiten, die sich während des vergangenen Tages zugetragen hatten, verbinden ließ.
    Adam murmelte: »Wenn also Maspero Emily und ihrem Mentor eine Falle gestellt hätte, dann könnte es sein, dass diese Miss Monflathers die Drahtzieherin ist oder zumindest davon gewusst hat.«
    Emily und Mièville starrten den Jungen an.
    »Die Dinge sind wahrlich sehr undurchsichtig«, sagte der Tunnelstreicher vorsichtig. »Was in der Stadt der Schornsteine geschieht, glaubt McDiarmid, steht in irgendeinem Zusammenhang mit den seltsamen Riten, die in den Katakomben hier unten zelebriert werden.« Der Tunnelstreicher sah sich wachsam um. »Es gibt eine Bruderschaft, die Frères Baudelaire, die aus einem Grund, der sich mir bisher noch nicht erschlossen hat, arglose Liebende an Orte wie diesen hier bringt, um sie dann dort getrennt voneinander zu begraben. Und zwar bei lebendigem Leibe.«
    Emily dachte an die Vision, die sie gerade eben über sich hatte ergehen lassen müssen, und erschauderte.
    Adam stand schweigend neben ihr.
    »Maspero, das habe ich herausgefunden«, setzte Mièville seine Erklärung fort, »hat höchstpersönlich an einigen Ritualen der Baudelaire-Bruderschaft teilgenommen.«
    »Sie meinen, er hat Menschen lebendig beerdigt?«
    »Genau das wollte ich mit meinen Worten zum Ausdruck bringen.«
    »Aber Maspero ist …«
    »Was?«
    Emily dachte an Eliza Hollands Erzählung. An die Begegnung mit Maspero im Museum von Kairo. Eliza hatte ihn als freundlichen Gelehrten beschrieben.
    »Vertrauenswürdig?« Mièville schüttelte den Kopf. »Wenn er eines nicht ist, dann das. Er ist in Machenschaften verstrickt, die bis tief in die
ténébreuse
reichen.«
    »Weiß McDiarmid davon?«
    Soweit Emily informiert war, hatte ihr Mentor mit dem Magister aus Islington gesprochen, bevor sie den Orient-Express bestiegen hatten. Und wenn McDiarmid darüber im Bilde gewesen wäre, was Maspero so trieb, dann …
    »Nein«, sagte Mièville. »Das ist der Grund, weshalb ich nicht zum Gare Saint-Lazare hatte kommen können.«
    Dinsdale hatte das Gespräch mit Lady Mina beendet und schwebte hoch oben an der Höhlendecke und schaute sich aufmerksam um.
    »Wisst Ihr, ich lebe seit nahezu zwei Monaten in der
ténébreuse
. Friedhöfe wie diesen hier gibt es an vielen Stellen. Überall wachsen die seltsamen Pflanzen, und immer sind es Verliebte, die entführt und beerdigt werden. Als der Orient-Express in Saint-Lazare einfuhr, da befand ich mich in einer Zisterne unterhalb des Palais de Chaillot, wo Maspero persönlich der Beisetzung von zwölf Paaren beiwohnte.«
    »Das würde erklären, weshalb er uns nicht, wie versprochen, persönlich in Empfang genommen, sondern Ahmed Gurgar geschickt hat.«
    Mièville berührte eine der welk wirkenden Blumen, die zwischen den Grabsteinen wucherten, mit der Stiefelspitze. Sofort zogen sich die Blütenblätter zusammen. »Sie sehen aus wie Grünzeug, aber ich bezweifle, dass es

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