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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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und lächelte. Die Brille mit dem Spiegelglas hatte er ausgezogen.
    »Nein.«
    Doch wusste Aurora selbst nicht am besten, dass diese Antwort einer Lüge gleichkam? Dass sie an Dinge dachte, an die sie gar nicht denken durfte? Dass es ihr nach einer Nahrung gelüstete, nach der es sie gar nicht verlangen durfte?
    Niemals würde sie sich dies selbst eingestehen, weil das Eingeständnis, das spürte sie, sogleich die Antworten auf alle Fragen mit sich bringen würde, die sie sich während der vergangenen Jahre gestellt hatte.
    »Spüren Sie die Anwesenheit der anderen?«
    Dr. Dariusz wusste es!
    Aurora flüsterte: »Sie befinden sich auf der Jagd.«
    »Dr. Lazarus wird ihnen Einhalt gebieten.«
    Eine kalte Hand packte sie am Arm und schloss einen neuen Schlauch an die Kanüle an.
    »Süße Träume«, versprach ihr die einschmeichelnde Stimme des Arztes.
    Dann kam der Nebel.
    Und die Erinnerung, die immer mit den Träumen kam.
    Es war ein Hafen, an den sie sich erinnerte. Große Möwen kreisten kreischend in den Lüften über den Schiffen. In die Arme einer jungen Frau legte man sie. Worte wurden gewechselt. Dann brachte man sie an Bord, und die Frau, die ihre Mutter war, blieb am Kai zurück, wurde ein Teil der Menge, tauchte unter.
    Bilderfetzen stürmten auf sie ein.
    Regen.
    Schneeweiße Steilklippen in der Brandung.
    Die Frau, die sie in den Armen hielt, war traurig.
    Einsam.
    Verzweifelt.
    Daran erinnerte sich Aurora.
    Ja, damals hatte sie all das gespürt.
    Damals.
    Als sie ein kleines Kind gewesen war.
    Nur wenige Monate alt.
    Jetzt tauchten sie wieder auf.
    Die Erinnerungen …
    An ein fernes Land, wo die Wüstensonne einst ein kleines Kind gewärmt hatte, das in die Obhut einer Fremden gegeben und nach London gebracht worden war.

Kapitel 13
Begegnungen

    Für einen Moment war Emily der Welt um sie herum entrückt gewesen, weil kurze blitzlichtartige Bilder aufgeflammt waren. Palmen, die das geschäftige Treiben an einem fernen Hafen überschatteten. Schiffe, die auf einem azurblauen Meer schaukelten. Es waren Auroras Gedanken, da war Emily sich sicher, doch wusste sie die Bilder nicht zu deuten.
    »Emily!«
    Das Mädchen blinzelte und wurde erneut des Tumults gewahr, der in dem
cinéma blanc
ausgebrochen war.
    Vinshati, die in Lumpen gehüllt waren, lieferten sich erbitterte Kämpfe mit den wütenden Sphinxen, die sich, obgleich von weitaus kleinerer Statur, als ernst zu nehmende und im wahrsten Sinne des Wortes verbissene Kämpfer erwiesen. Hoch in die Lüfte sprangen sie und wurden von den filigranen Schwingen getragen, was sie zu schnellen und unberechenbaren Angreifern machte.
    »Wir müssen hier fort!« Es war Adam, der nach einem Ausweg suchte und Emily Laing bei der Hand griff, sie hinter sich herzog.
    Bastet hatte die Ankunft der Vinshati mit großer Überraschung zur Kenntnis genommen, zugleich jedoch schnell erkannt, dass sie es hier mit einer Übermacht zu tun hatte, gegen die sie nicht viel ausrichten konnte. Also hatte sie ihren Sphinxen und Kolibris befohlen, das Kino zu verteidigen.
    Ihren Gästen hatte die Katzengöttin keinerlei Aufmerksamkeit mehr gezollt.
    »Verdammter Mist«, fluchte Adam, der Emily nach vorn zur Leinwand gezogen hatte und nun mit den Händen auf den schwarzen Stoff einschlug, der ebenso wenig durchlässig war wie eine Wand aus Stein. »Wie hat die Katzenfrau das nur gemacht?«
    »Frag besser nicht«, murmelte Emily.
    Denn Bastet hatte in der Leinwand ihre Zuflucht gefunden.
    Während die Sphinxe und die Kolibris die angreifenden Vinshati umschwärmt und attackiert hatten, war Bastet einfach so in die pechschwarze Leinwand hineingegangen. Die pfotenartigen Frauenhände hatte sie ausgestreckt, und dann waren die langen Arme bis zur Schulter in die Leinwand eingetaucht, als bestünde diese aus schwarzer Farbe. Inmitten all der Schwärze mussten die Hände etwas Festes ergriffen haben, denn es hatte so ausgesehen, als zöge Bastet den restlichen Körper dort hinein. Zuletzt waren die Füße mit den langen Krallen verschwunden.
    »Gut, die mächtige Katzenfrau hat sich aus dem Staub gemacht«, war Adams Kommentar dazu gewesen. »Und wenn dies der Weg nach draußen ist, dann sollten wir es auch versuchen.«
    Lady Mina war unter den Stuhlreihen hindurch nach vorn gehuscht, flink und unauffällig, wie es nun einmal der Ratten Art ist.
    »Dinsdale!« Emily rief das Irrlicht herbei.
    Ein Vinshati, der die Uniform der Londoner Verkehrsbetriebe trug, sprang über die Sitzreihen und

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