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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Falsch. Vergessen Sie das niemals.«
    Als wir Barkingside Beneath erreichten, befolgte Emily diesen Ratschlag.
    Sie starrte in die leeren Augen des Toten und erinnerte sich seltsamerweise gerade in diesem Moment der langen Abende, die sie schweigend mit Aurora in der Dachkammer in Hampstead Heath verbracht hatte. In Augenblicken wie diesem hätte sie Aurora gern bei sich gehabt. Wie damals, als sie in die Hölle hinabgestiegen waren.
    »Sie ahnen, weshalb wir hinzugezogen worden sind?«
    »Ja.« Die Stimme des Mädchens war nurmehr ein entsetztes Krächzen.
    »Es muss in den frühen Morgenstunden passiert sein.«
    Emily konnte den Blick nicht von dem Mann abwenden, der dort vor ihr auf dem Rücken lag und noch im Tode die gepflegte Eleganz erahnen ließ, die ihn zeitlebens umgeben hatte.
    Die grell flackernden Neonröhren an der Decke des Tunnels spiegelten sich in den leblosen Augen des Inders. Die Angehörigen der Metropolitan waren zurückgetreten, als wir jenseits des Fairlop-Sidings den Ort des grausigen Fundes betreten hatten. Bewaffnet mit elektrischen Helebarden, standen sie stumm da.
    »Das ist Amrish Seth«, flüsterte Emily.
    Zu viele Gedanken bestürmten sie in diesem Moment.
    »Eine der Trafalgar-Tauben hat mir die Nachricht überbracht.« Gurrend hatte das Tier in dem schmutzigen blauweißen Federkleid auf dem Fenstersims meines Refugiums gehockt, in der Tauben-Art penetrant mit dem Schnabel gegen das Glas gepickt, bis ich endlich aufgesehen, das Fenster geöffnet und mir die Botschaft angehört hatte. »Es war McDiarmid aus Islington, der ausdrücklich unser beider augenblickliches Erscheinen erbeten hat.«
    »Ich kann ihn nicht leiden.« Emily lag es fern, ein Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber dem alten Magister mit dem Gesicht einer Krähe und den Augen eines Marders zu machen, den zu treffen sie nur wenige Male die Ehre gehabt hatte. »Er ist überheblich und anmaßend.«
    »Master McDiarmid ist, wie er ist«, verteidigte ich den Mann, der mich einst die Kunst der Alchemie gelehrt hatte, und kehrte wieder zu dem vor uns liegenden Leichnam zurück. »Es findet sich wenig Blut an diesem Ort, meinen Sie nicht auch?«
    Emily schwieg.
    Beobachtete.
    Denn sie wusste, dass dies von ihr erwartet wurde.
    »Er ist hierher geschleppt worden«, schlussfolgerte ich grübelnd. »Getötet wurde er woanders.« Zu bleich und blutleer war der Leichnam.
    »Sie meinen, dass der Mörder wollte, dass er gefunden wird?«
    »Ich weiß nicht, was der Mörder beabsichtigt hat.«
    »Aber warum er?«
    »Es gibt keine Zufälle«, gab ich zu bedenken, und fragte mich, ob dem Mädchen der Ernst der Lage bewusst war. »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Versuchen Sie sich zu erinnern.«
    »Als ich das letzte Mal dort gewesen bin vermutlich.«
    Ich nickte nur.
    Amrish Seth hatte im Britischen Museum gearbeitet.
    In Kalkutta war er einst als Bettelkind in der urältesten Metropole Indiens aufgewachsen, bevor er von einem Missionar nach England gebracht worden war. So jedenfalls hatte er es dem Mädchen, das fast jeden Tag seine Freundin im Lesesaal der Nationalbibliothek besucht hatte, erzählt.
    »Warum gerade er?«
    Emilys Frage schien berechtigt.
    Ergänzend murmelte ich: »Warum ausgerechnet hier?«
    Barkingside Beneath liegt in einem der äußeren Bezirke Londons. Keines der Gebiete, in denen sich Dr. Seth aufzuhalten pflegte. Zu heruntergekommen waren die einstmals kunstvoll durchs Erdreich getriebenen Abwasserkanäle, die das Gros jenes Teils der Metropole ausmachten. Ein unterirdisches Netz von aufgestauten Seen und mächtigen Zisternen, die durch riesige, Abgründe überspannende Aquädukte miteinander verbunden waren, bildete das Herz von Barkingside Beneath. Wasserspeier trieben in den Tiefen regen Handel mit der Leyton-Gilde. Kein Ort für einen Gelehrten des Altertums, auch wenn dieser auf eine ruhmreiche Vergangenheit als Feldforscher zurückzublicken vermochte.
    »Er war im Auftrag des Senats gemeinsam mit Alexander Grant in die Metropole hinabgestiegen«, erklärte ich meiner Schutzbefohlenen, »um nach Hinweisen in einer Angelegenheit zu suchen, die Ihnen gegenüber zu erwähnen ich bislang versäumt habe.«
    »Versäumt?«
    »Nun, ja. Man hat mich gebeten, Stillschweigen zu bewahren.«
    »Wer hat Sie gebeten?«
    »McDiarmid.«
    »Und?«
    »Was meinen Sie?«
    »Werden Sie mich jetzt aufklären?«
    »Später.«
    Sie sah mich entnervt an.
    Und ich betonte: »Später!«
    Damit gab

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