Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
ihr förmlich. »Morgen früh werden wir ins Jüdische Viertel gehen und das tun, weswegen wir hergekommen sind. Wir werden herausfinden, wo sich der Tempel des Salomon befindet.«
    Emily schaute in die hellblauen Augen, und für einen kurzen Moment dachte sie, dass Tristan sie küssen würde. Was er natürlich nicht tat. Warum hätte er es auch tun sollen?
    Stattdessen blieb er einfach dort sitzen, wo er saß. »Wittgenstein wird, so wie ich ihn kenne, McDiarmid aufsuchen. Und McDiarmid verfügt über Kontakte in der Stadt. Keine Angst, Emily, wir werden Ihren Mentor wiedersehen. Und er uns.« Dann zog er den Mantel, mit dem er Emily zugedeckt hatte, ein wenig höher. »Und jetzt schlafen Sie.« Es klang wie ein Befehl.
    Emily spürte, wie die Müdigkeit Besitz von ihr ergriff, und hoffte, dass ihre Kräfte am nächsten Morgen zu ihr zurückgekehrt sein würden. Dann rollte sie sich zusammen wie eine Katze und schloss die Augen. In der guten Gewissheit, dass Tristan Marlowe über sie wachte, schlief sie endlich ein. Und die Träume, die sie träumte, waren Träume von Schnee und Sonnenschein, die verwirrender nicht hätten sein können in jener Nacht.

Kapitel 7
Magister McDiarmid
    Schneeflocken fielen auf Prag herab, und die Moldau war mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Stände und Buden waren überall auf dem Fluss aufgeschlagen worden, und die Menschen strömten in Scharen dorthin, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen oder einfach nur, um zum Takt der vielen Blaskapellen auf den freien Plätzen Schlittschuh zu laufen. Kinderlachen erfüllte die Luft und vermischte sich mit der Musik zu einem klirrenden Glockenspiel. Von meinem Standort hier oben in den Arbeitsräumen hatte ich einen vorzüglichen Überblick über das Gewimmel auf dem über Nacht entstandenen Weihnachtsmarkt. Keine zwanzig Meter unter mir erstreckte sich die Karlsbrücke über den zugefrorenen Fluss, und die Heiligen und Märtyrer blickten stumm auf das winterliche Treiben. Drüben am anderen Ufer sah man die Häuser und Gassen der Kleinseite und von Hradschin, und weiter dahinter ragte das Schloss bis fast in die Wolken hinein, die heute dicht und fett über der Stadt hingen, dass selbst die Spitzen des Veitsdoms nicht mehr zu erkennen waren.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen«, erklang hinter mir die Stimme, die mir so vertraut war seit Kindestagen.
    Hierher zu kommen war ein Gebot der Logik gewesen. Nachdem ich einige Stunden lang durch die Kälte geirrt war und erfolglos nach Emily und Marlowe Ausschau gehalten hatte, war ich an den Ort zurückgekehrt, an dem ich die Kunst der Alchemie erlernt hatte und letzten Endes zu dem geworden war, der ich heute war.
    »Die Stadt«, antwortete ich meinem einstigen Lehrer, »sieht aus wie damals.«
    »An manchen Orten, Mortimer, hält selbst die Zeit den Atem an.« Magister McDiarmid trat neben mich und folgte meinem Blick. Er trug einen altmodischen Gehrock, der bis zum Hals zugeknöpft war. Das schüttere greise Haar fiel ihm in Wellen bis kurz über die Schultern. »Das Schloss«, fuhr er fort, »sieht noch immer sehr majestätisch aus, doch nur aus der Ferne.« Ich blickte in die dunklen Augen, die mich neugierig musterten. Die Nase gab dem alten Gesicht, wie Emily es so gern ausdrückte, den Ausdruck einer hungrigen Krähe. »Was, Mortimer, führt dich nach Prag?«
    Jetzt erst verbeugte ich mich leicht vor ihm, neigte den Kopf. »Das ist eine lange Geschichte«, sagte ich und fügte höflich hinzu: »Meister.« Ich hob den Blick und berichtete ihm von den Dingen, die geschehen waren. »Wir müssen die Lade finden«, schloss ich meinen Bericht, »denn dies ist die letzte Hoffnung, die der Stadt der Schornsteine noch bleibt.«
    »Manchmal denke ich, dass sich die Zeiten gar nicht ändern. Nicht hier und auch nicht anderswo in der Welt.« McDiarmid schaute nachdenklich nach draußen auf all die steinernen Heiligen der Karlsbrücke hinab. Die düsteren Skulpturen säumten stumm die Brücke, die schon immer das Zentrum der Stadt war, weil sie Altstadt und Kleinseite miteinander verbindet und weil sie der Weg ist, den man einschlagen muss, wenn man zum Schloss zu gelangen versucht. »Ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann.« Die alten Augen wirkten traurig. »Ich kann Kontakt zur Polizei aufnehmen.«
    »Die Polizei steckt mit den anderen unter einer Decke.«
    »Bist du dir da so sicher?«
    Ich berichtete ihm von der Herberge und von unserem Treffpunkt nahe dem Palais Lucerna.
    »Bisselbeck wurde

Weitere Kostenlose Bücher