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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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verhaftet?«
    »Möglich.«
    Er kratzte sich am Kinn.
    Seufzte.
    »Ich kenne einige Beamte im Rathaus«, sagte er. »Die müssten für mich in Erfahrung bringen können, was mit deiner Schutzbefohlenen und ihrem Begleiter geschehen ist.« Er faltete die Hände. »Davon abgesehen frage ich mich, ob nicht Tristan Marlowe in dunkle Machenschaften verstrickt sein oder werden könnte.«
    Erstaunt starrte ich ihn an. »Ich dachte, dass Tristan Marlowe Euer Vertrauen genießt.«
    Müde starrte McDiarmid in das Wintertreiben hinaus. »Vertrauen.« Er ließ das Wort auf der Zunge zergehen und verzog dabei das Gesicht, als läge ihm ein schlechter Geschmack im Mund. »Denke an das, was du bei mir gelernt hast, Mortimer. War es in der Geschichte nicht immer so, dass die Helden irgendwann sterben mussten? Und waren es etwa die Waffen ihrer Gegner, die sie am Ende zu Fall brachten?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, Mortimer. Es war das Vertrauen, das ihnen zum Verhängnis wurde. Das Vertrauen in diejenigen, die sich dann als des Vertrauens nicht würdig erwiesen haben.« Er hielt die Hände noch immer in Brusthöhe gefaltet und strahlte eine unerbittliche Ruhe aus. Das hatte er schon immer getan. »Tristan Marlowe hat von Kindestagen an mit seiner Gabe gehadert.«
    »Das habe ich auch.«
    »Viel mehr noch, als du es jemals getan hast, Mortimer.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Du, Mortimer, hast gelernt zu akzeptieren, wer du bist. Was du bist. Du bist ein Trickster. Du weißt das. Du kennst die Konsequenzen.« Er machte eine Pause, bevor er weitersprach. »Tristan Marlowe jedoch wäre so gern ein anderer Mensch. Es ist dieser Wunsch, der ihn schwach macht. Der ihn zum Verräter werden lassen könnte.«
    »Aber Ihr seid doch derjenige gewesen, der Marlowe als Nachfolger Maurice Micklewhites vorgeschlagen hat.«
    »Tristan Marlowe war ein schwieriger Schüler. Er war verschlossen und hatte seine Vorstellungen von der Welt. Ja, er hat sich als vertrauenswürdig erwiesen, in der Vergangenheit. Doch was, wenn jemand an ihn heranträte, der es ihm tatsächlich ermöglichen könnte, ein anderer zu werden?«
    »Ihr habt einen begründeten Verdacht?«
    »Lord Mushroom ist ein Verführer.« Wissend fügte er hinzu: »Lucifer ist ein Verführer.«
    »Der Lichtlord ist gefangen.«
    »Aber was geschieht, wenn er befreit wird?«
    »Er wird uns helfen.«
    »Sagt wer?«
    Er seufzte wieder, und mir wurde bewusst, wie sehr doch das Alter an seinen Kräften zehrte. »Eliza und Lilith ist nicht zu trauen. Eliza Holland ist eine ebenso geschickte Verführerin wie der Lichtlord selbst. Erinnere dich an meine Worte von damals. Ich habe ihr nie über den Weg getraut. Die Lichtlady und eine ehemalige Wiedergängerin, und nun gehören sie zusammen, sind eins.« Seine Lippen formten die Worte und beschworen Befürchtungen herauf. »Die Menora, jener Abkömmling des Lebensbaumes«, fuhr McDiarmid fort, »ist die Hüterin der Lade. So jedenfalls steht es geschrieben. Wenn Eliza den Lichtlord findet, dann können die beiden die Menora auf die gleiche Weise nutzen, wie sie Pairidaezas Stock genutzt haben.« Er sah mich an. »Und das würde bedeuten, dass wir alle nur benutzt werden, damit der Lichtlord seine Macht zurückerlangt.«
    Lilith und Lucifer hatten den Saft des Lebensbaumes getrunken und so das ewige Leben erlangt. Tausende von entführten Kindern hatten das Gewächs aus dem Paradies mit ihrer Unschuld getränkt.
    McDiarmid mutmaßte also, dass Eliza Holland nunmehr das gleiche Ziel verfolgte.
    Dass Emily einen ähnlichen Gedankengang verfolgt hatte, behielt ich erst einmal für mich. Dass Marlowe derjenige gewesen war, der Emily auf diesen Zusammenhang hingewiesen hatte, ebenso. Stattdessen fragte ich ganz unschuldig: »Was hat Marlowe damit zu tun?«
    »Eliza könnte ihm Versprechungen gemacht haben.«
    »Versprechungen welcher Art?«
    »Frag nicht mich, Mortimer.«
    Unten auf der Moldau drehte sich ein Karussell, und Kinder lachten auf den hölzernen Pferden und Autos aus Plastik. Ich musste an früher denken. An den verschlossenen Jungen, der nach Prag gekommen war, um ein anderer Mensch zu werden. Schon damals hatte der Raum, in dem wir uns befanden, so ausgesehen, wie er es heute noch tat.
    Geheimnisvoll.
    Angefüllt mit allerlei alchemistischen Gegenständen: Beuteln mit Pulvern und Kräutern, Gefäßen in allen nur erdenklichen Formen, überaus altmodisch anmutenden Destillierapparaten, gekrümmten Kerzen und uralten Globen, die eine

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