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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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behandelt hatte.« Er machte eine Pause und nahm einen Schluck Wasser aus der Plastikflasche. »Sie hat mich der Metropolitan gemeldet, und die Polizisten kamen noch am selben Tag, um mich nach Newgate zu bringen. Ich hätte meinen Vater auf dem Gewissen, behaupteten sie, und meine Mutter, die ich doch hatte retten wollen, war die Anklägerin.«
    Emily, die nicht wusste, was genau sie jetzt tun sollte, berührte Tristans Arm. »Es tut mir so Leid.«
    »Ich war zwölf Jahre alt«, fuhr er fort, »als McDiarmid mich mitnahm. Er brachte mich aus Newgate fort, und so kam ich nach Prag, wo eine Pflegefamilie mich aufzog, bis ich dann vor fünf Jahren in die Stadt der Schornsteine zurückkehrte.«
    Emily betrachtete die Kugel in ihrer Hand.
    Er sah sie nicht einmal an. »Es war mehr als nur das«, sagte er leise. »Ich habe Ihnen die Hände auf die Wunde gelegt und das, was Sie töten wollte, herausgezogen.«
    »Was haben Sie damit gemacht?«
    Er stand auf und ging ein wenig in der Kirche herum, wobei seine Stiefel einen gleichförmigen Rhythmus klopften. »Da war ein dritter Polizist, der sich im Hintergrund gehalten hatte. Als ich bei Ihnen kniete und den dunklen Knoten Leid aus Ihrem Körper herauszog, da stand er plötzlich über mir und hielt mir eine Pistole ins Gesicht.«
    »Sie haben …«
    Die hellen Augen wurden hart wie Stahl. »Ja, das habe ich. Überrumpelt habe ich ihn. Er wollte mir Handschellen anlegen, doch als ich ihn für einen Moment nur berührte, da wanderte der dunkle Knoten in seinen Körper. Der Mann war tot, bevor er auch nur hätte vermuten können, was ich ihm angetan hatte.«
    Emily erschauderte. Der Polizist war ihren Tod gestorben, so sah es doch aus.
    »Und dann haben Sie mich hergebracht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Eigentlich wollte ich zum Treffpunkt.«
    »Dem Laden nahe dem Palais Lucerna.«
    »Er gehört einem gewissen Herrn Bisselbeck. Es ist ein Kramladen, der allerlei Zeug feilbietet, das für die Alchemie nützlich ist.«
    »Aber da war etwas nicht richtig gewesen.«
    »Sie sagen es. Der Laden hat bis spät in die Nacht geöffnet, normalerweise. Nicht jedoch an diesem Abend. Die Lichter brannten zwar hell, doch die Tür war verriegelt, das konnte man erkennen. Herr Bisselbeck war nirgends zu sehen, und es lungerten ein paar in graue Mäntel gekleidete Gestalten in den Ecken herum. Ich spürte, dass da jemand war.«
    »Polizisten?«
    »Möglich«, antwortete er, »doch wer immer es auch war, ich wollte ihm oder ihnen nicht in die Arme laufen.« Er drehte sich zu ihr, und sein Gesicht war ihrem auf einmal ganz nah. »Hören Sie, Emily, der Spuk, der uns angegriffen hat, kann nur einen Auftrag ausgeführt haben. Ihr Mentor und der Besitzer der Herberge, Herr Charousek, haben einander gekannt. Wer auch immer diesen Spuk dorthin geschickt hat, der weiß vielleicht auch, dass Bisselbecks Laden uns hin und wieder als Kunden begrüßt hat.«
    »Sie glauben also, das alles war eine Falle?«
    »Davon bin ich überzeugt.« Er senkte den Blick, als er bemerkte, wie sie ihn ansah. »Prag ist anders als viele Städte«, sagte er. »Prag hat keine uralte Metropole im Untergrund, wie die Stadt der Schornsteine. Die uralte Metropole hier ist die Stadt selbst. Und anders als in London ist die Polizei hier mächtig. Sie ist die Hand, die Prag kontrolliert. Wenn jemand uns schaden will, dann hetzt er uns die Polizei auf den Hals. Wenn jemand uns daran hindern will, die Lade des Bundes und den Tempel des Salomon zu finden, dann macht er uns zu Verdächtigen. Die Polizei fahndet bestimmt schon nach uns. Und wenn sie uns zu fassen kriegen, dann …«
    »Was?«
    »Die Bürokratie ist ein Monstrum, Emily, und es gibt Menschen, die wurden von ihr mit Haut und Haar verschlungen.«
    Das alles klang nicht unbedingt ermutigend. »Können wir uns überhaupt noch in der Stadt aufhalten, wenn sie uns suchen?«
    »Das werden wir müssen.«
    »Glauben Sie, dass Wittgenstein gefasst wurde?«
    »Der?« Tristan Marlowe musste schmunzeln. »Master Wittgenstein, das kann ich Ihnen sagen, ist wirklich äußerst geschickt darin, sich in den Schatten zu bewegen. Nein, er wird nach uns suchen. Denn wir sind nicht beim Treffpunkt aufgetaucht. Dass die Polizei seit jener Nacht Bisselbecks Laden überwacht, wird ihm kaum entgangen sein.«
    »Aber wie wird er uns finden?«
    Tristan Marlowe ergriff plötzlich ihre Hand. Dann drückte er sie ganz behutsam auf die Kissen zurück. »Sie müssen noch eine Nacht ausruhen«, befahl er

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