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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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aus, genoss jede Silbe. »London geht, wie ich gehört habe, vor die Hunde. Eure Heimatstadt wird nicht länger das sein, was Ihr kennt. Seht Euch nur um. Die Zukunft könnte genau so aussehen.« Er schnalzte mit der Zunge, die zweigeteilt war wie jene der Limbuskinder. »Die Höllenwesen gehorchen dem, der den Mut besitzt, sie zu befehligen. Und Euer Freund mit den Münzen im Gesicht …«
    »Was ist mit ihm passiert?«
    »Er ist fort.«
    »Wohin?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich bin nur ein Engel.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ihr seid recht frech, kleines Fräulein. Ich denke, Ihr werdet leiden, bevor Ihr sterbt.«
    Aurora nahm all ihren Mut zusammen. »Ich bin schon einmal tot gewesen.«
    Des Engels schwarze Augen musterten sie neugierig. »Ach ja, seid Ihr das.« Er wendete sich Neil zu. »Und Ihr? Seid auch Ihr schon einmal tot gewesen in Eurem Leben?« Sein Blick kehrte zu Aurora zurück: »Wie würde es Euch gefallen zuzuschauen, wenn Euer Liebster leidet, bevor er stirbt?«
    Aurora schwieg.
    »Warum habt Ihr uns nicht schon vorhin getötet?«
    »Die Limbuskinder sind manchmal ein wenig … träge.«
    »Ihr habt einen Fehler gemacht.«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Diejenigen, die im Limbus leben, sind dem Wort der Engel untertan. Euer Freund hatte zwar den Willen, Euch zu helfen, doch musste er sich am Ende unserem Befehl fügen.« Angewidert schüttelte der Mala’ak ha-Mawet den Kopf. »Dass Ihr ihm seinen Namen verraten konntet, war … bedauerlich. Und … ein Zufall, womöglich. Niemand, der hier lebt, kennt seinen Namen, müsst Ihr wissen. Sie kennen alle nur die Schuld, die sie auf sich geladen haben, doch wer nicht weiß, wer er ist oder woher er kommt, der kann auch nicht auf Vergebung hoffen für das, was er angerichtet hat. So ist das.«
    »Man nimmt ihnen ihre Namen und damit die Möglichkeit einer Erlösung?«
    »Was habt Ihr erwartet? Dies ist die Hölle.«
    »Und?«
    »Ich hatte ihm befohlen, Euch hierher zu bringen, sobald er Euch geholfen hat zu entfliehen.«
    »Ihr hättet die Taubenwesen hinab in den Untergrund schicken können.«
    Er lachte. »So viel der Mühe? Wozu? Ihr seid doch hier.«
    »Und Paul ist frei.«
    Das Engelsgesicht wurde zu einer Grimasse. »Ja, bedauerlich. Doch sollte es uns nicht den Abend verderben.« Er fletschte die Zähne und zischte wie eine Schlange. Für einen Augenblick schien er versonnen den roten Schein vor der Tür zu betrachten. Dann sagte er: »Lord Gabriel ist soeben Euren treuen Freunden begegnet.« Er schüttelte bedauernd das Haupt. »Keiner von ihnen wird den kommenden Tag erleben. Wie schade, wie schade.« Er lächelte, sodass die Zahnreihen gelb aufblitzten. »Und Euch wird das gleiche Schicksal ereilen.« Die Stimme wurde kehlig und laut. »Keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.« Mit diesen Worten sprang er auf Neil zu, und das Nächste, was Aurora hörte, war ein lauter Schrei, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Was werdet Ihr jetzt mit uns tun?«, fragte ich, obgleich sich die Frage wohl erübrigte.
    McDiarmid, der jetzt der Engel Gabriel war, weil er die Maske, die er all die Jahre über getragen hatte, von seinem Gesicht gerissen hatte, sagte: »Ich habe dich für klüger gehalten, Mortimer. Doch am Ende bist du nur ein Mensch. Wenn auch ein Trickster.« Er faltete die Hände, fast andächtig. »Es war dumm, den Weg nach Prag zu nehmen. Die Vergangenheit, Mortimer, sollte man ruhen lassen.« Er sah Emily an. »Alles trägt sich genau so zu, wie ich es geplant habe. Eliza Holland ist in ihrem Limbus gestorben, und Miss Fitzrovia und ihr Freund werden auch bald tot sein. In genau diesem Augenblick nimmt sich einer meiner Gefährten ihres Schicksals an. Es ist hoffnungslos, mir Widerstand zu leisten, Mortimer. Wie so oft, habe ich auch dieses Mal das Spiel gewonnen.«
    Eine Ratte trat aus dem Schatten hinter dem Schrein hervor und kletterte am Gewand des Engels hinauf.
    Blieb auf seiner Schulter sitzen.
    Lächelte.
    »Begrüße einen alten Bekannten, Mortimer.«
    Emily starrte das Tier an, das sie zum letzten Mal tief unten in einem der Abgründe Londons gesehen hatte. Sechs Jahre lag dies schon zurück. Das Fell war noch grauer, als es damals bereits gewesen war. Die spitze Schnauze wirkte verschlagen, und das Mädchen fragte sich, warum ihr dies nicht bereits damals aufgefallen war.
    Seid gegrüßt, sagte Lord Brewster.
    Musterte die Anwesenden mit seinen schwarzen Kulleraugen.
    Und der Kreis

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