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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Schlange, die ihre Beute freigibt.
    Ja, sie bewegte sich auf der Lade. Zog ihre Wurzeln zurück. Faltete die Tentakel zusammen, sodass sie nach kurzer Zeit wie ein einziger dicker, knorriger Ast aussah.
    Und Emily verstand.
    Denn das, was sie gesehen hatte, war unausweichlich gewesen.
    Schon einmal hatten Engel den Lichtlord mit einem Bann belegt, der nur durch der Liebe Zaubermacht gebrochen werden konnte. Durch die von Licht durchflutete Macht einer wahren und selbstlosen Liebe. Genau das war es, was Eliza Holland getan hatte. Sie hatte gewusst, was sich in der Lade befand. Wer sich darin befand. Dass die Lade nur mit einem einzigen Schlüssel zu öffnen war, hatte sie ebenfalls gewusst. Der Wind hatte es ihr zugeflüstert. Jener wildwüste Wind, der einst Lucifers Kuss gewesen war.
    Niemals würden sie zusammen sein!
    Das war der Fluch.
    Und der Preis, den sie zahlen musste, damit er wieder auf Erden zu wandeln vermochte. Keinen einzigen Augenblick lang hatte sie gezögert. Sie war auf die Menora zugegangen und hatte sich ihr hingegeben. Denn die Menora wachte über die Lade.
    Emily schluckte. »Gabriel hat es gewusst.«
    »Was sagen Sie da?«
    »Gabriel hat gewusst, wie er ihn gefangen hält.« Sie sah mich traurig an, während das gleißende Licht den Tempelraum erfüllte. »Er hat dies alles geplant, Wittgenstein.«
    Tristan Marlowe war von Elizas Körper zurückgetreten und stand jetzt neben Emily.
    Aurora Fitzrovia, die ihren Himmel gefunden hatte, bemerkte überrascht, wie Emily nach der Hand des jungen Alchemisten griff. Und Tristan Marlowe die seine nicht wegzog.
    Dann öffnete sich die Lade.
    Nein, sie öffnete sich nicht einfach so.
    Die Menora war es, die ihre Wurzeln zurückzog und die Lade öffnete. Die das Licht, das sich darin befand, in die Freiheit entließ. Strahlend und gleißend, wie niemand es zuvor erblickt hatte.
    Wir alle kniffen die Augen zusammen, und Emily erinnerte sich an den Moment tief unten im Abgrund des Nyx, als der Lichtlord sie geheilt und all die Kinder mit den Spiegelscherbenaugen nach Hause geschickt hatte. Damals, als es ebenfalls Licht geworden war.
    Und wie damals, so schloss das Mädchen auch jetzt die Augen.
    Da war ein Lied.
    Emily kannte es.
    Doch sang es nun eine Männerstimme.
    Liliths Lied.
    Als Emily die Augen wieder öffnete, da war eine Gestalt aus dem Licht geboren worden. Schön und anmutig stand sie inmitten des Tempels, der jetzt ein Ort des Lichtes war. Sie schaute mit feurigen Augen in die Runde. Flammen umgaben die Hände, den Mund.
    Die Lippen, die sangen.
    Lucifer erblickte Eliza zu seinen Füßen und erkannte sie.
    Und das erste Wort, das er sagte, war: »Lilith.«
    Dann beugte er sich über seine Gefährtin, die noch im Sterben ihre Augen öffnete und lächelte, wie Emily sie niemals zuvor hatte lächeln sehen. Lucifer war bei ihr, und nur das zählte.
    »Du wirst leben«, sagte er, und seine Stimme war von der gleichen Melodie wie das Lied, das Lilith damals für ihren Gefährten gesungen hatte. »Wir werden leben.«
    Er küsste sie.
    Benetzte ihr Gesicht mit dem reinen Licht, das in seinem Herzen wohnte.
    Und Eliza Holland, die auch Lilith war, schmeckte, wie ihr das Leben die Lippen benetzte und in ihren Körper zurückkehrte. Sie schaute in die Augen des Lichtlords, der die ganze Zeit über in der Lade des Bundes gefangen gehalten worden war, jener uralten Lade, die eines der wenigen Gefäße war, die eines Engels Hölle zu sein vermochten.
    »Lucifer.« Das war alles, was Eliza sagte.
    Hauchte.
    Sang.
    Das Licht, das sie beide umgab, begann zu verlöschen.
    Und des Engels Augen wurden mit einem Mal wieder so dunkel, wie sie es auch damals gewesen waren, als er uns im Tower von London empfangen hatte.
    »Warum hast du das getan?«, fragte Eliza.
    »Ich will die Zeit, die mir bleibt, gemeinsam mit dir verbringen«, antwortete Lucifer. »Was hätte mir die Ewigkeit genützt, wenn ich sie nur allein hätte verleben können?«
    Emily Laing verstand was geschehen war, als sie die Tränen in des Lichtlords Augen erblickte.
    Alle verstanden wir es mit einem Mal.
    Lucifer, der erst jetzt zu bemerken schien, dass er nicht allein war in dem Tempelraum, sagte nur: »Lilith wird leben. Wie ich selbst. Aber die Ewigkeit, wie wir sie kannten, wird nicht länger uns gehören.«
    Die Welt, wie wir sie kannten, veränderte sich mit einem Donnerschlag. Die Rettung, die wir uns für die Stadt der Schornsteine erhofft hatten, … gab es sie noch?
    Eliza lebte, weil

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