Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Lucifer ihr sein Licht geschenkt hatte. Das Licht, das ihn all die Jahre zu einem Engel gemacht hatte. Jenes Licht, das die beiden nun teilten. Sie zu Menschen machte. Menschen, die leben konnten und sterben würden, eines Tages. Die einander gefunden hatten und nie wieder loslassen wollten. Die das Leben als das begriffen, was es war. Etwas unglaublich Kostbares, das einen Anfang hatte und ein Ende. Ja, das ein wirkliches Ende hatte, eines Tages, und dadurch erst kostbar wurde.
    Einzigartig.
    Lebendig.
    So standen wir da, umringten die Lade des Bundes im Tempel des Salomon, vor der Lucifer kniete und seine Lilith in den Armen hielt. Wir standen da und wussten nicht, was wir tun wollten. Standen da wie angewurzelt. Fast schon am Ende der Reise, die wir doch so hoffnungsvoll begonnen hatten.
    Lord Gabriel war mitsamt der Ratte verschwunden, und Emily begann sich bang zu fragen, was wohl geschehen würde, wenn er von alldem erfuhr.
    Gabriel war geflohen, als die Mala’ak ha-Mawet von den Sphinxen getötet worden waren. Er hatte erkannt, dass Eliza durch ihr Opfer die Lade geöffnet hatte. Dass die Menora den Lichtlord freigeben würde. Dass der Fluch, mit dem er Lucifer belegt hatte, gebrochen worden war. Durch die Zaubermacht der Liebe, die stärker war als alles, was ein Engel zu bewirken vermochte.
    Ja, Lucifer war zurückgekehrt.
    Doch war er nicht länger ein Engel.
    Und während wir langsam verstanden, was dies für das Schicksal Londons zu bedeuten hatte, starb die Hoffnung, die unser Licht in der Finsternis gewesen war, wie man sagt, zuletzt.

Kapitel 12
London
    Die Welt ist gierig, und viel zu oft erweist sich die Hölle, die wir in uns tragen, als der einzige Ort der Zuflucht, der uns den verlorenen Himmel noch vergessen lässt. Emily Laing, die weiß, was Enttäuschung ist, steht am Fuße der Rolltreppe in der Edgware Road und erinnert sich daran, wie alles angefangen hat.
    Ein schwülwarmer Wind bläst uns in die Gesichter. Der typische Geruch hier unten.
    Kaum jemand treibt sich um diese Uhrzeit in der U-Bahn herum.
    »So fühlt es sich also an«, sagt das Mädchen.
    »Was meinen Sie?«
    »Zurückzukehren. Nach London. Nach alldem, was geschehen ist.«
    Seit einer Stunde sind wir wieder in der Stadt der Schornsteine. Schnee und Eis haben London noch immer fest im Griff, und es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten.
    »Was wird jetzt geschehen?«
    Ich sehe Emily an und denke an das Mädchen, das ich an eben dieser Stelle getroffen habe. Daran, dass alles einem Plan gedient hat. Dass Lord Brewster und Magister McDiarmid die Fäden in meinem Leben gezogen haben, all die Jahre über.
    »Fragen Sie nicht mich, Miss Laing.«
    So stehen wir da.
    Denken an Prag.
    An die Flucht aus dem Tempel des Salomon.
    Das Spiegellabyrinth.
    Die Ankunft in Moorgate Asylum.
    »Glauben Sie, dass es wirklich so schlimm ist?«
    »So schlimm, wie Dr. Dariusz es uns geschildert hat?«
    »Ja.«
    Ich seufze. »Ich befürchte, dass es schlimmer ist.«
    Nebel und Dürre lägen in den Straßen auf der Lauer. Die uralte Metropole sei von Unruhen zerrüttet. Viele Grafschaften hätten Ausgangssperren verhängt. Eine französische Lady namens Pasteurella Pestis habe die Märkte nahe Westminster heimgesucht und niemanden dort zurückgelassen, der etwas Genaueres hätte berichten können.
    »Was werden die Urieliten jetzt tun?«
    »Jetzt, da Lucifer keiner der Ihren mehr ist?«
    Emily nickt nur.
    »Sie sind unsere letzte Hoffnung«, sage ich.
    »Und Gabriel?«
    »Er wird hier sein. Irgendwo in London.«
    Zu einfach hatte sich die Flucht aus dem Tempel gestaltet. Außer den beiden Mala’ak ha-Mawet, die von den Sphinxen getötet worden waren, hatten sich keine weiteren dunklen Engel gezeigt. Ungehindert hatten wir das Schloss und den Tempel verlassen können. Wie Dorian Steerforth es uns geraten hatte, waren wir zum Spiegellabyrinth gegangen und von dort aus direkt nach Moorgate gelangt. Es gibt, in der Tat, nur sehr wenige Zufälle. Und dass Eliza Holland mit Dr. Dariusz diesen Fluchtweg vereinbart hatte, bekräftigt diese Tatsache zweifelsohne einmal mehr.
    »Was werden die beiden jetzt tun?«
    »Lucifer und Lilith?«
    Emily schweigt.
    Seitdem der Lichtlord wieder an ihrer Seite weilt, wird Eliza wieder Lilith genannt.
    So hat sie es gewollt.
    »Lassen Sie uns nach Hause gehen«, schlage ich vor, statt ihr eine Antwort zu geben.
    Emily Laing schlägt den Kragen ihres Mantels hoch.
    Sieht mich erschöpft an.
    Irgendwie traurig.
    Tristan

Weitere Kostenlose Bücher