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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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bewegen vermochten, das sich in ihren Fluten verfing.
    »Lassen Sie mich reden, wenn wir dort sind«, bat ich sie.
    Emily nickte.
    Wir ließen den großen See zu unserer Rechten liegen, und dann waren wir schon fast am Ziel.
    Manderley Manor erhob sich düster aus der verschneiten Weite des Parks, ein monumentales Bauwerk aus einstmals roten Backsteinen, die mittlerweile eine hässliche grauschwarze Färbung angenommen hatten. Viele der großen Fenster waren zersplittert, und in manchen Zimmern loderten wilde Feuer. Bedienstete rannten aufgeregt umher und versuchten die Feuer zu löschen, die schon nach den gezackten Dächern zu greifen schienen. Es gab Söldner, die das Zeichen derer von Manderley auf ihren Uniformen trugen, Feuerwehrleute, die mit Polizisten der Metropolitan und Angehörigen der Garde sprachen. Einige leblose Körper lagen auf der Rasenfläche vor dem Haus. Polizisten hatten sie bereits mit schwarzen Plastikplanen abgedeckt.
    Entsetzt traten wir durch das riesige Tor, ein Monstrum aus gusseisernen Fabelwesen, die, alle ineinander verwoben, ein undurchdringliches Geflecht bildeten, hinter das zu schauen den meisten Menschen verwehrt blieb.
    Als wir das Herrenhaus erreichten, begrüßte uns eine bleiche Frau, die ganz in Schwarz gekleidet war. Sie hatte bereits oben auf der breiten Treppe gestanden, als wir das Portal durchschritten hatten.
    »Master Wittgenstein, wie gut, dass Sie gekommen sind.« Sie lief die Treppenstufen hinunter, so schnell es ihre Kleidung erlaubte.
    »Miss Anderson«, begrüßte ich sie und verneigte mich kurz und höflich.
    Judith Anderson, die sich seit Jahren um das Kind gekümmert hatte, wirkte streng und unnahbar. »Mara ist verschwunden.« Sie hielt sich nicht mit unnötigen Floskeln auf. »In dem Tumult ist sie einfach so verschwunden.« Emily bemerkte sofort, dass die Frau mit den hochgesteckten pechschwarzen Haaren, die ihrer kleinen Schwester Kindermädchen und gestrenge Gouvernante gewesen war, sie nicht Myriel nannte. »Die Nebel haben uns vor wenigen Stunden angegriffen, und wir konnten nichts dagegen tun.« Sie schnappte nach Luft, während wir die Treppenstufen erklommen und durch die zerschmetterte Tür ins Innere des großen Hauses traten. »Sie haben die Wachen befallen, die daraufhin ein Blutbad angerichtet haben.« Wovon wir uns überzeugen konnten. Der Boden in der Eingangshalle war übersät mit leblosen Körpern, über die man Plastikplanen gebreitet hatte.
    »Wir haben uns versteckt, Mara und ich.«
    Emily sah sich um.
    Tote Diener lagen auf den Stufen der filigranen Wendeltreppe, welche die Einganghalle beherrschte. Die mannshohen Gemälde, von denen die meisten die Ahnen aus dem Geschlecht der Manderleys zeigten, waren teilweise von den Wänden gerissen und zerstört worden. Seltsam missgestaltet wirkende Pflanzen, die sich an der Treppe emporrankten, lagen zerschnitten auf dem Boden oder baumelten wie tote Lianen von den Geländern herab. Die hohe Decke, an der runenähnliche Symbole prangten, war voller Risse im Mauerwerk.
    Es sah aus, als habe jemand versucht, Manderley Manor zu zerstören. Sowohl die Familie als auch das Gebäude.
    »Wir haben uns im Keller versteckt, und als die Nebel kamen, da sind wir getrennt worden.« In hektischen Bildern entfaltete sich das Drama, das sich hier abgespielt hatte. Einstmals treue Diener des Hauses mit Nebel in den Augen hatten einander plötzlich nach dem Leben getrachtet. Mit Stöcken, Messern, Bronzebüsten, Gabeln, ja, sogar mit den bloßen Zähnen. »Sie waren wie Bestien, auf einmal.«Überall waren die Nebel gewesen. Sie flossen durch die langen dunklen Korridore und ließen Lichter verlöschen. Schreie hallten durch das Haus. Jemand entfachte Feuer in den Räumen weiter oben, und auch die Flammen waren wie hungrige Tiere, die sich von nichts und niemandem aufhalten lassen wollten. »Mara war bei mir in der Küche gewesen, hier unten im Erdgeschoss. Ich habe ihr vorgelesen. Die alten Geschichten von Lady Mirless.« Als dann die Schreie begannen, da flohen die beiden in die Kellergewölbe, wo sie sich in der Finsternis versteckten. »Etwas hatte sich dort unten verborgen«, jammerte Miss Anderson, »etwas, das nun aus seinem Versteck gekrochen kam.«
    »Was war es denn?«
    »Eine Ratte, glaube ich.«
    Emily horchte auf.
    Miss Anderson führte uns die gewundene Treppe hinauf.
    »Lady Mina?«
    »Fragen Sie nicht mich.« Seit wir in die Gefangenschaft der Black Friars geraten waren, hatten wir nichts mehr

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