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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Familie in Erfahrung zu bringen.
    Ein riesiger Raum war es, ein von Schatten bevölkerter Salon, der einstmals prächtig gewesen sein musste. Das Kaminfeuer war erloschen, und es war eisig kalt. Fetzen lebloser Nebel trieben an der Decke entlang und zersetzten sich mehr und mehr. Die Kerzen ließen flackernd Schatten durch den Raum tanzen. Spinnweben zierten die versteckten Winkel und tiefen Ecken. Neben dem Kamin stand ein großer Tisch, den eine Schicht feinen Staubs bedeckte. Die meisten der Möbelstücke waren mit weißen Laken verhangen.
    Dies war das Geisterhaus, das Emily kannte.
    Vor dem sie sich in ihren Träumen gefürchtet hatte. Und in dem ihre Mutter einst gelebt hatte.
    Wir traten näher.
    Folgten Miss Anderson.
    In einem gewaltigen Sessel neben dem Kamin saß die alte Frau, die Emilys Großmutter war. Mylady Eleonore Manderley winkte uns zu sich, und als wir näher traten, mussten wir feststellen, dass es weiße, blinde Augen waren, die kalt in Richtung der Geräusche blickten, die unsere Schritte verursachten. In den toten Augen schwammen noch Fetzen besiegter Nebel. Ein dunkler Ausschlag hatte die Haut der Frau befallen.
    »Ich werde sterben.« Sie sprach es ohne Reue aus. »Die Nebel sind in mir, und ich weiß nicht, wie lange ich sie noch bändigen kann. Sie werden schwächer, weil ich ihnen überlegen bin.« Sie hustete. »Aber auch ich werde schwächer. Die Lady Pasteurella Pestis ist mit den Nebeln in mein Haus gekommen.« Sie lachte, und es klang, als habe sie den Verstand verloren. »Ich habe sie nicht eingeladen, und doch ist sie gekommen. Ist gekommen und hat mich geküsst.« Die krummen alten Finger berührten ihre Wange. »Dorthin hat sie mich geküsst, mit ihren stinkenden Lippen.« Sie seufzte. »Ja, es wird bald alles enden. Und all die Mühe war umsonst, Wittgenstein.« Sie senkte den Kopf und kratzte sich an dem Ausschlag in ihrem Gesicht. »Denn ich habe einen Befehl ausgesprochen, der alles zu einem Ende bringen wird. Ja, ich habe die Dürre nach Blackheath geschickt. Das ist der letzte Befehl, den ich ausgesprochen habe.«
    Entsetzt sah Emily die alte Frau an.
    »Die großen Häuser werden untergehen, Wittgenstein. Ja, so wird es sein. Es wird kein Oberhaupt von Manderley Manor mehr geben. Myriel ist tot, das spüre ich.« Sie schnappte nach Luft. Kleine Nebel dampften suchend über ihren Augäpfeln. »Auch ich werde bald sterben. Die Nebel fressen mich von innen auf. Es ist kalt, meine Gäste, so kalt. Die Lady Pasteurella Pestis und der kalte Nebel sind gute Freunde, wie es scheint.« Sie kratzte sich erneut mit langen Fingernägeln im Gesicht. »Mushroom Manor wird brennen, lichterloh. Die Dürre wird alles dort mit sich nehmen.« Ein zufriedenes Lächeln umspielte die schmalen Lippen. »Dann wird es keine großen Häuser mehr geben in der uralten Metropole. Vielleicht wird es dann endlich Frieden geben.« Sie wirkte müde, und jedes der Worte schien sie über alle Maßen anzustrengen.
    »Ihr macht einen Fehler, Mylady.«
    Ich trat vor.
    Berichtete eilig von dem, was wir in Erfahrung gebracht hatten.
    »Es ist mir egal, Wittgenstein, was Sie mir sagen. Es ist mir gleichgültig, wer hinter alldem steckt. Zu lange dauert der Kampf schon an. Ich will ihn beenden. Deshalb habe ich die Dürre geschickt. Jetzt wird er enden. Ein für alle Mal.«
    Sie ist verrückt geworden, dachte Emily. Leise tastend suchte sie einen Weg in den Verstand der alten Frau, und was sie sah, ließ sie vor Entsetzen die Hände vor den Mund schlagen.
    »Schnüffelst du in meinem Kopf herum, freches Kind?«, herrschte sie Emily mit einem Mal an.
    Emily dachte nicht einmal daran, dies zu leugnen. »Fragen Sie nicht!«
    Mylady Manderley lachte umso lauter. »Du willst wissen, was in meinem Kopf passiert? Dummes Gör, dann sieh hin! Sieh hin, und schau nicht weg, wenn es anfängt wehzutun.« Sie lachte krächzend und schnappte dabei fortwährend nach Luft.
    Emily sah Bilder.
    Splitter.
    Längst vergessen.
    Mia Manderley, die eine junge Frau ist und kaum älter als Emily heute. Die ihre Mutter anschreit, sie werde fortziehen aus diesem Totenhaus, Manderley Manor. Die Richard Swiveller liebt. Mylady Manderley, die einen Pakt mit der Ratte namens Lord Brewster eingeht. Mia, wie sie bitterlich weint, weil Richard verschwunden ist. Die ihrer Mutter gesteht, dass sie bald ein Kind erwartet. Die Hochzeit mit Martin Mushroom in Westminster Abbey. Lord Brewster, der Mylady Manderley mitteilt, dass Richard Swiveller

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