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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Mädchen geliebt.
    Und wie immer, wenn Aurora in Marylebone weilte, umsorgte sie das Mädchen und entlockte ihm mit neugierigen Fragen die Neuigkeiten der letzten Monate.
    Schneeflocken wehten draußen durch die kalte Nacht, und während die beiden redeten, schlich sich etwas aus der Nacht in die wohlige Wärme des Anwesens, schwebte wie ein Gespenst durch die Korridore des Hauses und floss, Deckung in dunklen Winkeln und Ecken suchend, versteckt und lauernd über die Dielen und Teppiche.
    Aurora Fitzrovia, die das Gefühl hatte, nach Hause gekommen zu sein, wurde mit einem Mal unruhig.
    »Was haben Sie?« Peggotty kannte diesen Gesichtsausdruck.
    »Ich weiß nicht.«
    Etwas, das spürte Aurora instinktiv, war nicht richtig.
    Ein merkwürdiger Geruch streifte die Küche.
    »Was ist das?«, fragte Peggotty mit einem Mal.
    Aurora starrte aus dem hohen Fenster. Draußen schwebten Schneeflocken auf die Stadt hernieder, doch da war noch etwas, verborgen in dem weißen Gestöber. Etwas, das lebte. Etwas, das man kaum erkennen konnte.
    »Bitte? Was haben Sie gesagt?«
    Peggotty blickte sich um. »Da ist etwas im Haus.«
    »Ja.« Jetzt war es auch Aurora aufgefallen.
    Etwas hatte sich verändert, sie konnte aber nicht sagen, was genau.
    Es war da und doch kaum fassbar.
    Peggotty, die gerade dabei gewesen war, neuen Tee aufzugießen, rieb sich die feuchten Hände an der Kittelschürze ab und schnupperte. »Es riecht nach Regen«, dachte sie laut nach. »Und nach Meer.« Irgendwie salzig, modrig, wie der Tang und der Müll, den die Themse auf die Ufersteine spülte.
    Dann sahen sie es beide.
    Nebel!
    Leise kam er unter der Tür hindurchgekrochen.
    Tastete sich vorwärts.
    Schob sich mit durchsichtigen Tentakeln in den Raum hinein.
    »Herrje!«, rief Peggotty aus.
    Die Gerüchte und Geschichten waren auch ihr nicht verborgen geblieben.
    »Nebula!«, murmelte Aurora nur und sprang augenblicklich von ihrem Platz auf. »Wir müssen hier verschwinden«, drängte sie und fragte sich, wie man einem Nebel überhaupt würde entkommen können.
    Weiße Nebelschwaden flossen durch das Schlüsselloch der Tür, quollen durch jede Ritze, die ein Durchschlüpfen ermöglichte. Wirklich unheimlich schnell bewegte sich die Erscheinung.
    Verwirrt fragte sich Aurora, was passieren würde, wenn die Tür mit einem Mal aufschwingen würde. Was sie, das sei hier angemerkt, glücklicherweise nicht tat.
    Trotzdem!
    Der Nebel bewegte sich schnell.
    Flinker, als es einer Naturerscheinung zugestanden hätte.
    »Wir müssen nach oben.«
    Aurora blickte zur anderen Tür.
    Die der einzige Ausweg war.
    »Also los!«
    Sie mussten hinein ins Treppenhaus und dann hinauf.
    »Kommen Sie, Kind!«, rief Peggotty ihr zu.
    Aurora folgte ihr.
    Der Nebel indes, hungrig und gierig, füllte die Küche immer weiter aus, floss wie nahezu unsichtbare helle Farbe über die Möbel und den Boden, strich an den Wänden und der Decke entlang und züngelte wie eine Schlange, die Farben und Geräusche gleichermaßen verschluckte, nach den beiden Flüchtenden.
    »Wenn wir nach oben laufen, dann stecken wir in der Falle«, gab Aurora zu bedenken und knallte die Tür hinter sich zu. Das, dachte sie, wird den Nebel wohl kaum aufhalten.
    Peggotty keuchte aufgeregt. »Haben Sie eine bessere Idee?«
    Hatte sie nicht.
    So liefen sie hinauf.
    Stufe um Stufe.
    Der Nebel folgte ihnen, floss flink wie ein wendiges Tier aus der Küche hinaus ins Treppenhaus, wo er sofort damit begann, die Stufen hinaufzuwabern.
    Während sie flüchtete, warf Aurora einen kurzen Blick zurück und sah die unteren Stufen bereits im Nebel verschwinden.
    Süße Stimmen wisperten.
    Lockten.
    Mit Schlaf.
    Vergessen.
    Aurora blinzelte benommen und beschleunigte dann ihre Schritte die Treppe hinauf.
    Das, dachte sie, ist kein richtiger Nebel.
    Was immer es war, es lebte.
    Konnte denken.
    Irgendwie.
    Der nächste Gedanke, der ihr in den Sinn kam, war alles andere als beruhigend.
    Der Nebel, dachte sie, ist wohl nicht ohne Grund nach Hampstead Manor gekommen.
    Nein, er ist meinetwegen gekommen.
    Ergab das einen Sinn?
    Sie wusste es nicht.
    Außerdem war jetzt nicht der Zeitpunkt, um sich Gedanken zu machen.
    Schnellen Schrittes folgte sie Peggotty die Stufen hinauf.
    Das Herz schlug Aurora bis zum Hals.
    Der Nebel folgte ihnen.
    Unaufhörlich.
    Sie rannten durch viele Zimmer, schlugen Türen hinter sich zu, doch gab es keine Hindernisse für die weißgraue Wolke.
    Schließlich erreichten sie den Dachboden, wo allerlei

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