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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Ähnlichkeit mit den Rattlingen besaßen, so agierten sie doch wie wilde Tiere.
    »Überlasst sie uns«, sagte Mr. Fox und trat heldenhaft vor.
    Mr. Wolf nickte. »Wir schaffen das schon.«
    Die beiden zogen die Mäntel zur Seite und hielten plötzlich lange Messer in den Händen.
    Emily konnte nicht von sich behaupten, dass sie die beiden in ihr Herz geschlossen hatte. Doch das, was sie vorhatten, war Selbstmord. Sie waren zu zweit, und keiner von uns konnte mit Bestimmtheit sagen, wie viele der Ratten noch weiter hinten in der undurchdringlichen Dunkelheit des Tunnels hausten. Es wäre Wahnsinn, allein gegen diese Meute kämpfen zu wollen.
    »Wir sind zu Ihrem Schutz abgestellt worden,« sagte Mr. Fox.
    »Und wir nehmen unsere Aufgaben ernst.«
    Dann brach die Hölle los.
    Adam Stewart betätigte den Knopf für die Gittertüren und stellte sich gleichzeitig vor Emily, um sie zu schützen. Mr. Fox und Mr. Wolf sprangen wie wild in das Meer der Rattenleiber hinein und hieben mit den Messern auf die Nager ein. Sie schlitzten Hälse und stachen in fette Leiber, traten nach den Tieren und zermalmten Rattenköpfe unter ihren Stiefelabsätzen.
    Die Gittertüren schlossen sich langsam.
    Viel zu langsam.
    Einigen der Ratten gelang es, bis zum Aufzug vorzudringen.
    Sie zischten und fauchten, und eine von ihnen verbiss sich in Emilys Mantelsaum. Beherzt und ohne lange zu überlegen, packte Adam Stewart das Tier am Schwanz und schleuderte es aus dem Fahrstuhl hinaus. Emily schrie auf, als weitere Tiere in den Fahrstuhl drängten. Sie trat mit den Stiefelspitzen nach den Ratten. Eine große fette Ratte sprang an ihr hoch und bekam ihren langen Schal zu packen.
    Emily schrie.
    Adam, der neben ihr stand und einen weiteren Nager wie einen Pelzball aus dem Fahrstuhl trat, packte die Ratte, die den Schal des Mädchens emporzuklettern versuchte. Das wütende Tier biss den jungen Mann in die Hand. Adam fluchte und schleuderte den Nager mit dem Kopf gegen die Fahrstuhlwand.
    Es sind zu viele, dachte Emily.
    Dann war mit einem Mal Mr. Fox zur Stelle. Auf allen vieren tobte er wie ein Bullterrier zwischen den Ratten. Voller Ekel sah Emily, wie er die pelzigen Leiber mit den Zähnen packte und ihnen das Genick brach. Mit bloßen Händen und Zähnen tötete er die Nager, und als die Ratten im Fahrstuhl alle tot waren, da sprang er gerade noch so in den Tunnel hinaus, bevor sich die Gittertüren ganz geschlossen hatten. Hatten wir eben noch geglaubt, dass es sich bei Mr. Fox und Mr. Wolf um menschliche Wesen hätte handeln können, so waren wir nun eines Besseren belehrt worden.
    Das Letzte, was wir sahen, waren die wie tobsüchtig tötenden Jäger, die unter den Nagern ein Blutbad anrichteten.
    Dann setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung.
    Tristan Marlowe legte die Schriftrollen beiseite und betrachtete das kleine Büchlein, das er in der vergangenen Nacht auf seinem Hausboot gefunden hatte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie es dorthin gekommen war. Doch musste es jemand unter dem Kajütenfenster abgelegt haben, als er mit Mr. Holcroft aus Blackheath gesprochen hatte. Vielleicht waren Mara Manderley und Lady Mina wirklich bei ihm gewesen, ganz so, wie Emilys Mentor es vermutet hatte. Doch diesbezüglich konnte er nur Vermutungen anstellen. Als der Abgesandte Lord Mushrooms dann endlich wieder in der Nacht verschwunden war, da hatte Tristan das Büchlein gefunden und die handgeschriebenen Zeilen gelesen.
    Und jetzt las er sie erneut.
    Konnte kaum glauben, was er da in den Händen hielt. Wollte eigentlich auch nicht sehen, wie sich die Dinge im Lauf der Jahrzehnte zu wiederholen schienen. Er hielt ein Geheimnis in den Händen, zweifelsohne. Etwas, das alles zu ändern vermochte, vielleicht. Er wollte die Sätze nicht lesen, und doch verschlang er sie, weil das, was dort geschrieben stand, auch mit ihm zu tun hatte, irgendwie.
    Er seufzte und schloss das Büchlein. Alt und vergilbt war es, und zwischen den Seiten steckten lose Blätter bunten Papiers, auf die jemand Porträts gezeichnet hatte. Er erkannte einige der Gesichter. Häuser.
    Warum, fragte er sich, musste das Leben nur so kompliziert sein?
    Die Stadt der Schornsteine, das hatte Holcroft ihm mitgeteilt, würde bald in den Händen Mushroom Manors sein. Seine Lordschaft verstünde sehr gut, was in ihm vorgehe. Das solle er ihm ausrichten. Zudem solle er sich überlegen, auf welcher Seite er in Zukunft zu stehen gedenke. Denn eine Entscheidung würde er schon bald treffen

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