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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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war nicht müde geworden zu betonen, dass jeder, der diese Talente besaß, sie auch einsetzen musste. »Das, was einem Menschen gegeben ist, muss dieser Mensch auch einsetzen. Zum Wohle der Allgemeinheit ist das Wohl des Einzelnen zurückzustellen. Immer!«
    Adam hatte nicht das Geringste von diesen Parolen gehalten. »Du musst das wirklich nicht tun, Emmy.«
    »Hören Sie auf den Jungen«, hatte Peggotty ihr geraten.
    Und ich hatte mich all diesen Ratschlägen angeschlossen. »Sie können all dem entsagen, Miss Laing.«
    Und war noch einen Schritt weiter gegangen.
    Ich hatte meine Schutzbefohlene von der Whitehall Schule abgemeldet und mir damit den Zorn der Schulleiterin Miss Monflathers zugezogen. Die graue Eminenz der Lehranstalt war so wenig begeistert von meinem Ansinnen gewesen, dass ich schon einen Tag darauf die Konsequenzen zu spüren bekam.
    »Sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist.«
    Vermutlich hatte mich die Neuigkeit schwerer getroffen, als ich zuzugeben bereit gewesen war. »Es ist wahr.«
    Müde war ich in den Sessel neben dem Kamin gesunken.
    Kaum ein Jahr war es nun her, dass ich nach Marylebone zurückgekehrt war und Emily, Lady Mina und Peggotty davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass mir der Lehrauftrag am Whitehall College, das der Whitehall Schule für höhere Töchter und Söhne angeschlossen ist und ebenfalls unter der strengen Leitung von Miss Monflathers steht, entzogen worden war.
    »Aber«, hatte Emily wütend gestottert, »mit welcher Begründung?«
    Seit nunmehr zehn Jahren hatte ich dort Alchemie unterrichtet.
    »Möchten Sie die offizielle Begründung hören?«
    »Nun sagen Sie schon.«
    Auch Peggotty und Lady Mina waren entsetzt gewesen.
    »Irgendjemand hat wohl in der Vergangenheit gekramt und sich mit den Gründen für mein frühes Ausscheiden aus Salem House beschäftigt.«
    »Aber das ist mehr als hundert Jahre her.«
    »Sie sagen es.«
    »Und?«
    Mylady Hampstead, die sich vor all den Jahren meiner angenommen hatte, war damals ebenfalls heftigst kritisiert worden.
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Ist es das?«
    »Ich meine natürlich, es ist Unsinn, Sie deswegen jetzt, nach all den Jahren, zu entlassen.«
    »Miss Monflathers wollte Sie nicht hergeben, Emily. Das ist der wahre Grund.«
    »Hat sie Ihnen das gesagt?«
    »Als ich ihr gegenüber die Absicht, Sie von der Schule zu nehmen, erwähnte, da hatte sie bereits angedeutet, dass meine Handlungsweise bei gewissen Personen nicht unbedingt auf Verständnis stoßen würde.«
    »Bei gewissen Personen?«
    »Miss Monflathers«, hatte ich mit ruhiger Stimme geantwortet, »ist als Dekan und Schulleiterin natürlich die einzige Person, die Entscheidungsgewalt besitzt.« Nun denn. »Offiziell hat man mir Kontakte zu den Ratten nachgesagt, die, in Anbetracht der Rolle, welche die Nager in den Aufständen gespielt haben, nicht mehr vertretbar seien. Außerdem hätte ich schon damals als ihr Schüler Schwierigkeiten gehabt, Anweisungen Folge zu leisten. Hinzu käme die Wankelmütigkeit, die typisch sei für Wechselbälger.« Es gäbe immer Trickster, die aufsässig seien, aber nur bei ganz wenigen, so die Schulleiterin, seien Disziplinierungsversuche von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
    Wie in meinem Fall.
    Emily, so behauptete sie, sei formbarer. Ihren Widerstand würde man, wie sie es ausdrückte, »brechen« und »in die rechten Bahnen lenken« können. Da war sie sich sicher.
    Ich hatte das anders gesehen.
    Wie auch immer.
    Man hatte mich unehrenhaft entlassen. Einfach so. Eine große Holzkiste mit meinen Utensilien und Büchern war noch am gleichen Tag nach Marylebone geliefert worden.
    »Was werden Sie jetzt tun?«
    »Fragen Sie nicht«, hatte ich ihr geantwortet.
    Ich bin Alchemist.
    Zu tun gibt es immer etwas.
    Emily hatte sich oft gefragt, was früher einmal vorgefallen war, dass ich eine derart ablehnende Haltung der Whitehall Schule gegenüber eingenommen hatte. Niemals hatten wir richtig darüber gesprochen, und ich hegte auch nicht die Absicht, dies heute zu tun.
    Hier unten nun, in dem muffigen Abwasserkanal, schienen die Dinge von damals so weit entfernt zu sein, dass sie gar nicht mehr nach einem würden greifen können, und die Gesichter, die mich manchmal noch in meinen Träumen heimsuchten, mochten nur Geister sein, die man mit einer Handbewegung würde verscheuchen können.
    »Es gab Geschichten, die sich die Schüler damals erzählten«, teilte ich Emily mit.
    »Worüber?«
    »Darüber, was mit den Trickstern, die ihre

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