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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Ausbildung beendet haben, geschieht.«
    Emily wirkte neugierig wie immer, wenn ich das Thema ansprach. »Und?«
    »Niemand konnte mit Sicherheit sagen, was mit ihnen geschah.«
    »Heißt das, sie verschwanden einfach?«
    »Ja, das hieß es wohl.«
    »Aber wohin?«
    »Niemand wusste, wohin. Eines Tages waren sie einfach fort. Den anderen Schülern teilte man mit, dass sie die Abschlussprüfung, die immer unangekündigt angesetzt wurde, bestanden hatten und nun das taten, was ihre angeborene Bestimmung war.«
    »Und keiner hat sie jemals wiedergesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste.«
    Eben das war das Rätsel, das die Whitehall Schule und das Whitehall College umgab.
    Seit Jahrhunderten schon, wie ich herausgefunden hatte.
    »Aber es muss doch Hinweise geben.«
    »Die Trickster, so sagt man den Schülern in Whitehall noch heute, treten in den Dienst der Garde, deren Aufgabe der Schutz der uralten Metropole ist. Doch habe ich während der vergangenen Jahre niemals einen Gardisten mit dem Gesicht eines ehemaligen Schülers gesehen.«
    Lady Mina, die eine schweigsame Rättin war an diesem Tag, beobachtete uns neugierig.
    »Außerdem«, gestand ich Emily, »dürfen Trickster keine Kinder haben.«
    Das Mädchen starrte mich an.
    »Das habe ich nicht gewusst.«
    »Ich weiß.«
    Sie schnappte nach Luft. »Sie haben nie ein Wort darüber verloren.«
    Ich seufzte.
    Suchte nach einer geeigneten Formulierung. »Als Sie Adam Stewart kennen gelernt haben, da wurde mir bewusst, dass man das Leben, das Sie beide zu leben bereit waren, nicht Ihrer Planung überlassen würde.«
    »Sie meinen …«
    »Miss Monflathers hätte Ihnen den Umgang mit Adam Stewart verboten.«
    Ich erinnerte mich an das London, in dem ich aufgewachsen war. An die alte Stadt der Schornsteine, wie sie einst gewesen war. An Mylady Hampstead und Magister McDiarmid aus Islington, die mich fortgebracht hatten, nachdem sich die Geschehnisse so dramatisch entwickelt hatten.
    Wie lange war dies nun her?
    Emily beobachtete mich, sagte aber nichts.
    Sie musste an Aurora denken, die immer noch die Whitehall Schule besuchte. Sie jedoch war keine Trickster, sondern nur ein normales Mädchen, das nichts zu befürchten hatte.
    Ich sah meiner Schutzbefohlenen den Gedanken an der Nasenspitze an. »Miss Fitzrovia kann tun und lassen, was sie will. Sie ist eine gewöhnliche Schülerin und vollkommen uninteressant für die Belange Miss Monflathers’.«
    Emily fühlte sich mit einem Mal wieder so unwohl wie damals, als sie aus dem Waisenhaus geflohen war. London schien wieder jener bedrohliche, unwirkliche Ort zu sein, vor dem Emily sich in den stillen Momenten fürchtete, als sei sie noch immer die einsame Sechsjährige, die gerade ihr Auge verloren hatte.
    So gierig und kalt kam ihr die Welt vor.
    »Miss Laing?!«
    Sie sah mich an.
    »Wir sollten uns auf die vor uns liegende Aufgabe konzentrieren«, schlug ich vor.
    Lady Mina brach ihr Schweigen. Es riecht nach Tod.
    »Klingt ermutigend«, bemerkte ich.
    Emily sagte nichts.
    Wir Ratten haben eben gute Nasen.
    »Ich weiß.«
    Wir bewegten uns nun durch einen fast waagerecht verlaufenden Abwassertunnel, dessen Wasserstand nur wenig über der normalen Höhe lag. Es war eine braune, nicht besonders gut riechende Brühe, die da an uns vorbeiströmte. Einige Farne und verwelkte Blüten trieben auf der Oberfläche dahin und tanzten ihre Tänze vor den unsichtbaren Strudeln.
    »Wann sind wir in Kew Gardens Hall?«, fragte Emily.
    »Es ist nicht mehr weit.«
    Das letzte Stück des Weges bestand aus einem schmalen Steg, der zu beiden Seiten des Abwasserkanals entlanglief. Pechfackeln waren an den Wänden befestigt, und wir mussten aufpassen, dass wir nicht die Kleidung an ihnen entzündeten. Es roch bereits nach der Wildnis.
    Etwas, sagte Lady Mina, ist dort in der Dunkelheit vor uns.
    »Ich kann nichts erkennen.«
    Vorsichtig gingen wir weiter.
    Emily knöpfte sich den Mantel auf. »Es ist ganz schön heiß hier unten.«
    »Wenn Sie irgendwo in London eine tropische Wildnis suchen, dann werden Sie nur hier fündig werden.«
    Dort, schaut nur!
    Lady Mina stupste mich mit der Schnauze an.
    Etwas, das wie ein kleiner lebendiger Baumstamm aussah, schwamm den schmalen Kanal entlang und schob eine sanfte Welle vor sich her. Es bewegte sich schlängelnd und schnell.
    »Ist das ein Krokodil?«, fragte Emily ungläubig.
    »Ein Kaiman«, verbesserte ich sie.
    Das Tier kam näher.
    Die schmale Schnauze mit den

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