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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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begab sich auf die unteren Decks und suchte nach dem Nebel, von dem er nun wusste, was er war.
    »Was geschah dann?«, wollte Aurora wissen.
    »Varuna trat dem Nebel mutig entgegen.«
    Die für uns entscheidende Frage war: »Was hat er getan?«
    »Er hat sich selbst geopfert.«
    Skeptisch schwieg ich.
    Erst einmal.
    »Als der Nebel, der lebte, sich ihm näherte«, fuhr Marlowe fort, »da sprang Varuna flink auf ihn zu und atmete ihn ein. Denn dazu hatte ihn Teschub befähigt.«
    »Ihm ist nichts geschehen?«
    »Darüber steht nichts in dem Buch.« Tristan Marlowe ließ das Monokel aus dem Auge fallen. »Varunas Blicke jedenfalls werden hier«, er klopfte auf das Buch, »als bleich und leer wie der Nebel am Morgen in der Wüste beschrieben.«
    »Das passt zu dem, was wir wissen.«
    Emily fragte: »Was haben sie mit dem Nebel gemacht?«
    »Auf einer Insel, die das Schiff heimlich angesteuert hat, ist Varuna von Bord gegangen.«
    »Und mit ihm der Nebel?«
    Tristan Marlowe nickte.
    »Und?«
    »An dieser Stelle endet die Geschichte.«
    »Wissen Sie, um welche Insel es sich dabei gehandelt haben könnte?«
    Er verneinte. »Aber ich kann versuchen, es herauszufinden.«
    »Das wäre gut«, antwortete ich, »denn die Zeit drängt.«
    Emily beobachtete den jungen Bibliothekar und fragte sich, was sie von ihm zu halten hatte.
    »Miss Fitzrovia hier kann Ihnen bei der Suche zur Hand gehen«, schlug ich vor. »Sie ist geübt darin, sich in den windigen Gängen der Bibliothek herumzutreiben.« In der Hinsicht, dachte ich, ist sie ganz nach ihrem Vater geraten.
    »Und was tun wir beide?« Emily blickte unauffällig in Richtung des Bibliothekars.
    »Wir werden in die uralte Metropole hinabsteigen und ergründen, was es mit dem Botenjungen auf sich hatte.«
    »Lady Mina?«
    Ich werde euch begleiten, piepste die Rättin.
    So erwachte die Stadt der Schornsteine zum Leben.
    Ein neuer Tag war angebrochen, und es war ungewiss, was er uns bringen würde.
    »Wer ist der Kerl?«
    »Marlowe?«
    Emily zog ein Gesicht.
    Wir standen inmitten des allmorgendlichen Gedränges in einem Zug der District Line. Schaukelnd raste der Zug durch die pechschwarzen Röhren, die man vor Jahren in die Erde gegraben hatte. Die anderen Passanten schenkten uns kaum Beachtung, lasen in Zeitungen oder Taschenbüchern, lauschten leise rauschender Musik aus ihren iPods oder sahen einander einfach nur mürrisch an. Lady Mina, die auf meiner Schulter saß, warf den anderen Fahrgästen misstrauische Blicke zu, wie es nun einmal der Ratten Art ist.
    »Es war Magister McDiarmid, der dafür Sorge getragen hat, dass Marlowe die Aufgaben Maurice Micklewhites übernimmt. Er ist eben ein guter Bibliothekar.«
    »Er ist ungehobelt.«
    »Ist er das?«
    »Er ist noch sehr jung für diesen Posten, finden Sie nicht?!«
    »In der Tat, das ist er.«
    »Trotzdem betraut man ihn mit dieser Aufgabe?«
    »McDiarmid hält große Stücke auf ihn.«
    »Ich aber nicht.« Sie mochte den alten Mann nicht, der die Augen einer Krähe und das Lächeln eines Schakals hatte.
    »Urteilen Sie nicht vorschnell, Miss Laing.«
    Wir hielten in Ravenscourt Park, und neue Menschentrauben strömten in den Zug, müde und mürrisch und rücksichtslos drängelnd.
    »Woher kommt er?«
    »Marlowe?«
    »Ja.«
    »Sie stellen viele Fragen für jemanden, der …« Ich hielt inne.
    »Der?«
    »Für jemanden, der Marlowe nicht mag.«
    Wütend funkelte Emily mich an. »Ich dachte eigentlich, dass er derjenige ist, der mich nicht mag. Herrje, er hat mich behandelt wie ein dummes Kind.«
    Ich sah sie nur an.
    Wütend erwiderte Emily den Blick. »Sagen Sie es nicht.«
    »Was?«
    »Oh, fragen Sie nicht.«
    Die District Line ratterte stoisch ihrer Wege.
    Lady Mina verfolgte den Wortwechsel schweigend und mit einem wissenden Leuchten in den schwarzen Knopfäuglein.
    Emily war McDiarmid aus Islington nur wenige Male begegnet und hatte ihn genauso gut leiden können wie den neuen Bibliothekar des Britischen Museums. Den alten Mann hatte eine Aura düsterer Vorahnung umgeben, und als er dann vor zwei Jahren vom Angesicht Londons verschwunden war, hatte er nur mehr einige kryptische Nachrichten hinterlassen. Dass ausgerechnet er derjenige gewesen war, der sich für Tristan Marlowe eingesetzt hatte, sprach nicht für Marlowe.
    »Glauben Sie, dass Dr. Dariusz uns die Wahrheit gesagt hat?«
    »Wer weiß das schon?« Der Doktor war ein windiger Hund und mit allen Wassern gewaschen, so viel stand fest. Und die Informationen, die er

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