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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Stelle machten sie kehrt.
    Schritten die Treppe hinauf.
    Verschwanden in den Schatten, die weiter oben nach ihnen züngelten.
    »Nun?« Miss Monflathers wirkte ungeduldig.
    Der mürrische Butler erschien.
    »Lassen Sie uns von hier verschwinden«, schlug ich vor.
    Emily sah zu der langen Galerie der Ahnen hinüber.
    »Ja, gehen wir.«
    So folgten wir dem überheblichen Butler und Miss Monflathers nach draußen, wo Schneeflocken in der Nacht tanzten.
    Der Butler schloss die Tür.
    Miss Monflathers blieb.
    »Was war das eben denn für ein Schauspiel?« Ich knöpfte mir den Mantel zu.
    Lady Mina, die bis jetzt geschwiegen hatte, piepste: Sie ist eine böse Frau.
    »Sie ist dir nicht unähnlich, Mortimer.«
    »Was soll das? Welches Spiel treiben Sie mit uns?«
    »Ah, Miss Laing, noch immer so aufsässig wie eh und je?«
    Emily zog es vor, nicht darauf zu antworten.
    »Was führen Sie im Schilde?«
    »Mortimer, Mortimer«, säuselte sie tadelnd, »du hast dich nicht verändert.« Sie wandte sich kurz dem Mädchen zu. »Schon immer hat er herauszufinden versucht, was mit den Trickstern geschieht, wenn sie die Schule verlassen.« Sie musste laut lachen. »Eine Ironie des Schicksals.«
    Es roch nach Meer und Fäulnis.
    Mit einem Mal.
    »Der Fuchs, Mortimer, ist ein listiges Tier.«
    Nebel quoll hinter ihr aus den Mauerritzen. Formierte sich.
    »Doch wenn sich der Fuchs auf die Straße wagt …«
    Emily wollte etwas sagen, doch kam ihr die Frau zuvor.
    Miss Monflathers lächelte teuflisch. »… dann ist er schneller tot als der Hase, dem er gefolgt ist.«
    Mit einer Bewegung von solcher Kraft und Geschwindigkeit, wie wir sie dem Nebel niemals zugetraut hätten, sprang uns die eisige Feuchtigkeit aus alter Zeit an.
    Sie malte allertiefste Nachtschwärze in mein Bewusstsein, und ich sank leblos zu Boden.
    Emily erkannte Männer in Roben, die aus den Schatten getreten waren und sie umringten.
    »Ihr habt eure Aufgabe erfüllt«, hörte Emily die grauhaarige Frau noch sagen.
    Dann taumelte auch das Mädchen der Dunkelheit entgegen.
    In der eine Glaskugel schwebte.
    Mit Schnee darin.

Kapitel 12
Lügengespinste
    Er war in ihr Leben gestolpert, wie er es auch damals schon getan hatte. Little Neil Trent war so plötzlich wieder ins Leben gepurzelt, dass es Aurora schier den Atem raubte. Er stand vor ihr, und sie lauschte seiner Stimme, die Worte formte, die reinste Musik waren für ihre Ohren. Wie oft hatte sie davon geträumt, diese Stimme wieder hören zu können? Wie viele Tränen hatte sie vergossen, weil sie ihn tot geglaubt hatte? Doch dies, sagte sie sich nun, und das Kind in ihr schlug Purzelbäume dabei, war nun vorüber. Er war hier bei ihr, und nur das zählte, denn wenn man in Augenblicken lebte, dann war es sinnlos, die Gedanken an die Zukunft zu verschwenden. Und wenn man in der Vergangenheit getrauert hatte, dann konnte das, was einem noch bevorstand, doch nur in wunderbarem Licht erstrahlen.
    »Sie werden mich bald gefunden haben«, sagte Neil. So unruhig hatte Aurora ihn vorher noch nie erlebt. »Die Nebel finden mich immer. Sie streifen durch die Straßen und halten Ausschau. Das tun sie, seit ich nach London gekommen bin.« Nur in White City, dort hatten sie ihn nicht aufzuspüren vermocht.
    Aurora dachte an Highgate, an das Begräbnis ihres Vaters und an den Jungen, der mit seiner blauen Seemannsjacke versteckt hinter den Bäumen gestanden hatte und beim zweiten Hinschauen bereits wieder verschwunden gewesen war. An das warme Gefühl der Zuversicht, das sie damals durchströmt hatte. An das unruhige Herzklopfen, das zum Leben erwacht war, sobald sie seiner gewahr geworden war.
    »Ich musste einfach zum Friedhof kommen, auch wenn es leichtsinnig und dumm war«, höre sie Neil sagen. Er saß auf dem Stuhl neben ihr, und sein Gesicht war dem ihren so nah, dass sie fast schon seinen Atem auf ihrer Haut zu spüren vermochte. »Ich habe dich so vermisst, und als ich damals nach London zurückkehrte, da konnte ich es kaum fassen, wie viel Zeit doch vergangen war.« Er musste laut lachen, weil das Glück, sein Mädchen wieder bei sich zu wissen, alles andere so unwichtig erscheinen ließ. Dann wurde er wieder ernst, und Aurora fiel auf, wie besonnen er doch wirkte nach all den Jahren, in denen er fort gewesen war. »Du sahst so einsam aus, als du in Highgate standest. Glaub mir bitte, ich wollte mit dir sprechen. Ich wollte dich wissen lassen, dass es mir gut geht. Doch dann kamen die Nebel und hetzten mich in die

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